Feindgebiet
eine Raketenbatterie hoch in den Bergen zugeteilt, ein Ehrenposten, der ihn allen Imperialen Einheiten, die dumm genug waren, Etan anzugreifen, als ersten auf dem Präsentierteller anbieten würde.
Heebner, der schon einige Erfahrung darin gesammelt hatte, dass man ständig auf ihn schießen wollte, kam sehr rasch und sehr korrekt zu der Annahme, dass sein Ehrenposten einen Haken hatte.
Er war ein Ziel.
Und Ziele wurden getroffen.
Heebner wusste nicht genau, wie er mit der Situation umgehen sollte. Er wusste auch nicht, wie er seine Soldaten auf ordentliche militärische Weise führen sollte, damit er nicht abgelöst und wieder in eine Fronteinheit gesteckt wurde.
Wichtiger noch: Er hatte nicht die geringste Ahnung, wie er sich selbst zurückziehen sollte, falls seine Raketenbasis tatsächlich angegriffen wurde.
Heebner hatte erneut unglaubliches Glück.
Die meisten seiner Soldaten waren Freiwillige aus der »Bewegung Kampfbereiter Tahnjugend«, die darauf brannten, ihrem Anführer, einem Helden der Schlacht um Cavite, diesem Scout, der dem sehr heldenhaften, sehr ehrenwerten, sehr dekorierten und sehr toten Sturmregiments-Captain Santol den Weg in dieses Imperiale Fort gewiesen hatte, zu zeigen, dass sie sich seines Vertrauens als würdig erweisen würden.
Übersetzt hieß das, dass sie sich ihre eigenen Regeln machten, die sogar noch etwas strenger als die Reglementierungen der Tahn ausfielen; sie gestalteten ihre eigenen Lebensbedingungen überaus spartanisch und arbeiteten eigenständig einen Dienstplan aus. Geschützführer Heebner musste nur zur gegebenen Stunde aus seinem Quartier heraustreten, entsprechende Bemerkungen loslassen und sich dann um seine eigenen Dinge kümmern.
Günstig wirkte sich auch der Umstand aus, dass Heebner weder auf eine luxuriöse Unterkunft besonderen Wert legte, noch auf Rangdünkel oder Privilegien als Befehlshaber. Seine Kampfbereite Tahnjugend bewunderte seine spartanische Lebensweise. Er lebte ihnen wirklich vor, was es bedeutete, ein Tahn zu sein.
In Wirklichkeit war Heebner einfach nur zu dumm, um zu erkennen, welche Vorteile er aus seiner Stellung hätte ziehen können.
Da sein Kommando sozusagen wie von selbst lief, verbrachte Heebner viele Stunden damit, zwischen den Felsbrocken umherzuwandern und sich nach einem netten, sicheren Ort umzusehen, an dem er sich verstecken konnte, wenn das Unheil über ihm zusammenschlug. Mit großem Interesse entdeckte er eines Tages, dass nicht weit unterhalb seiner Raketenbatterie mehrere seit langem unbewirtschaftete Hektar Land mit Obstbäumen lagen.
Heebners winziger Verstand flackerte schwach auf. Er fragte nach, ob es wohl in der Waffenkammer der Batterie Werkzeug zum Beschneiden der Bäume gab. Sein verdutzter Assistent nahm an, dass ihnen der Held von Cavite auf seine eigenwillige Art etwas mitteilen wollte; vielleicht ging es darum, in anderen Kategorien zu denken.
Zwei Schichten später wurde Geschützführer Heebner mit Haken, Baumscheren, Hebegeräten und Körben versorgt. Dermaßen vorbildlich ausgerüstet verschwand er frohgelaunt bergabwärts. Seine Tahnjugend war fest davon überzeugt, dass sie zu gegebener Zeit verstehen würde, was er da eigentlich tat.
Noch eine Glückssträhne:
Etans kommandierender Admiral, ein gewisser Molk, interessierte sich zufälligerweise für die Kunst des Obstanbaus. Er fragte sich, aus welchem Grund eine bestimmte strategische Raketenabschussbasis Gegenstände angefordert hatte, bei denen es sich offensichtlich um landwirtschaftliches Gerät handelte und beschloss, besagter Basis einen Überraschungsbesuch abzustatten.
Die Tahnjugend, die vor Stolz fast platzte, sandte Admiral Molk zusammen mit seiner Leibwache die Felsen hinab, um mit eigenen Augen zu sehen, was ihr ehrenwerter Commander dort so trieb.
Heebner zählte mit sich lautlos bewegenden Lippen Knospen und versuchte herauszufinden, welcher Zweig an welcher Stelle beschnitten werden sollte, als er plötzlich das Knirschen herannahender Stiefelabsätze hörte.
Auch Molk war ein Tahn mit einer gehörigen Portion Glück.
Denn ungefähr in diesem Moment donnerten sechs Imperiale Flotten auf Etan herab.
Wie unverwüstliche Generäle werden auch unverwüstliche Forts mit der Zeit nachlässig, da sie ohnehin nur Lebensmüde und Verrückte angreifen würden. Und so ruhten sie sich auf ihren immer fetter werdenden Hintern aus. Genau das taten die todesmutigen Angreifer nicht.
Der befehlshabende Admiral der Imperialen Flotten
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