Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feine Familie

Feine Familie

Titel: Feine Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
hinein und wählte wenig später mit großer Sorgfalt die erforderlichen Artikel aus. Als sie ins New House zurückkehrte, enthielt die Einkaufstasche mehrere Dildos, zwei Handschellen aus der Sado-Abteilung, eine Peitsche, einen brustwarzenfreien BH und ein geschlitztes, mit Sämischleder gefüttertes Plastikhöschen. Emmelia ging in ihr Zimmer hinauf, schloß die Sachen in eine Kommodenschublade und legte sich mit einem seltsamen Lächeln auf den Lippen ins Bett. Zum erstenmal seit langen Jahren war sie aufgeregt und hatte Schuldgefühle. Es war wie damals, als sie als Kind in Fawcett House die Speisekammer geplündert hatte. Wie sie dieses Fawcett gehaßt hatte! Und welch ungeheuren Spaß es doch machte, sich jenseits der Grenzen der Respektabilität zu bewegen! Ausgerechnet sie, der Wächter über den guten Ruf der Familie, hatte sich vorgenommen, einen Ausgleich für deren falsche und sündhafte Scheinheiligkeit zu schaffen und damit das Gleichgewicht wiederherzustellen. Mit dem Gefühl, endlich, endlich ihrem wahren Petrefactschen Wesen gerecht zu werden, und mit einem Refrain über Kinder, die für die Sünden ihrer Väter büßen müssen, auf den Lippen schlief sie ein. Während der folgenden Woche schlug sich Frederick mit der heiklen Aufgabe herum, Zwerge aufzustöbern, ohne seine Identität preiszugeben. Er rief bei allen Arbeitsvermittlungsstellen im ganzen Bezirk an, mußte jedoch feststellen, daß erstaunlicherweise keinerlei Mangel an Arbeitsangeboten für Zwerge herrschte. Nicht einmal seine Behauptung, ein Agent der Disney-Filmgesellschaft zu sein, der für ein naturalistisches Remake von Schneewittchen sieben Zwerge suchte, die als Bergarbeiter auftreten sollten, weckte großes Interesse. Und als er sich später als BBC-Produzent ausgab, der anläßlich des Mordes an Willy Coppett an einer Dokumentation über die Gefahren, die die Spezies Zwerg bedrohte, arbeitete, bekam er überhaupt keine Reaktion. Am Ende sah er sich gezwungen, Emmelia von seinem Mißerfolg zu berichten.
    »Zwerge sind offenbar Mangelware«, sagte er. »Ich habe es in Krankenhäusern und bei Zirkusunternehmen und weiß der Teufel wo noch versucht. Jetzt bleibt mir wohl nur noch das Erziehungsministerium. Die werden doch sicher eine Liste aller schulpflichtigen Zwerge haben.«
    Aber davon wollte Emmelia nichts wissen. »Junge Erwachsene, das schon, aber ich habe nicht die Absicht, mich an ... Ich will nichts mit Zwergen zu tun haben, die das Mündigkeitsalter noch nicht erreicht haben.«
    »Mündigkeitsalter?« sagte Frederick, der mit diesem Ausdruck im Zusammenhang mit Zwergen auf Anhieb perverse sexuelle Assoziationen verband. »Du hast doch sicher nicht vor ... also ... äh ...«
    »Was ich vorhabe, ist meine ganz persönliche Angelegenheit. Die deine besteht schlicht und einfach darin, mir geeignete Kandidaten zu beschaffen.«
    »Wenn du meinst«, sagte Frederick. Aber das sexuelle Motiv löste schließlich seine Probleme. Noch am selben Nachmittag gab er in der Bushampton Gazette unter der Rubrik Bekanntschaften ein Inserat auf, über das ein einsamer, gutsituierter Gentleman mittleren Alters und restringierter Größe die Bekanntschaft einer ähnlich disponierten Dame zu machen hoffte, die seine Hobbies, nämlich Lego, Modelleisenbahn und Bonsai-Bäumchen, nach Möglichkeit teilen sollte. Diesmal hatte er Glück. Zwei Tage später bekam er acht Antworten, mit denen er sich ins New House begab. Emmelia betrachtete sie skeptisch. »Ich hätte dir sagen sollen, daß es männliche Zwerge sein müssen«, sagte sie und bestärkte Frederick damit in seinem Verdacht, daß seine Tante irgend etwas plante, was mit Zwergensex zu tun haben mußte.
    »Es war schon schwer genug, diese hier ausfindig zu machen«, protestierte er. »Und wenn du glaubst, daß ich mich in unserem Bezirk per Inserat als schwuler Zwerg anbiete, dann kann ich dir versichern, daß du dich täuschst. Um ehrlich zu sein, ich finde es schon unangenehm genug, mich als heterosexueller auszugeben; aber abartig noch dazu, das geht zu weit.«
    Emmelia fegte seine Einwände beiseite. »Ich will doch hoffen, daß du die Anzeige nicht selbst aufgegeben hast«, sagte sie.
    »Natürlich nicht«, entgegnete Frederick. »Da hätte ich ja auf allen vieren hinkriechen müssen. Oder sie hätten sich gewundert, wieso ein Mann mit einsachtzig einen Hilferuf losschickt, in dem er behauptet, ein Garnichts zu sein. Ich habe angerufen und eine Postfachnummer angegeben.«
    »Gut. Also,

Weitere Kostenlose Bücher