Feine Familie
nicht mächtig«, unterbrach ihn Tante Emmelia. »Er ist ein Sammler und Hobbynarr. Erst waren es Vogeleier, und als er zu arthritisch wurde, um auf richtige Bäume zu klettern, stürzte er sich auf den familiären.«
»Ich wollte sagen, daß Pirkin eine Zusammenarbeit mit diesem Professor Yapp in Erwägung zieht.«
»Genau das macht mir Sorgen. Pirkin kann kaum drei Wörter aneinanderreihen, geschweige denn ein Buch schreiben.«
»Zumindest könnte er Yapp daran hindern, sehr weit zu kommen. Eine einmonatige Zusammenarbeit mit Onkel Pirkin würde die Moral des entschlossensten Historikers untergraben. Aber wo ist mir der Name Waiden Yapp bloß schon begegnet?«
»In einem Buch über künstliche Fischteiche?« schlug Tante Emmelia vor.
»Nein, es muß erst kürzlich gewesen sein. Kommt mir vor, als sei er irgend so ein Quargo.«
»Äußerst hilfreich. Ein Quargo, natürlich. Es wäre wohl allzu verwegen anzunehmen, daß du damit auf eine ausgestorbene australische Entenart anspielst«, sagte Tante Emmelia mit einer Unbestimmtheit, hinter der sich eine erstaunliche Kenntnis der aktuellen Ereignisse verbarg.
»Quasiautonome regierungsunabhängige Organisation, wie du sehr wohl weißt.«
»Dann müssen wir also davon ausgehen, daß dein Vater auch noch politische Motive hat.«
»Ziemlich sicher«, sagte Frederick. »Wenn ich mich nicht irre, hat man Professor Yapp schon wiederholt gerufen, um streikenden Arbeitern das zu geben, was sie forderten, ohne das eigene Gesicht zu verlieren.«
»Hört sich alles recht unerfreulich an«, meinte Tante Emmelia. »Und wenn dieser Wicht sich einbildet, er würde von mir irgendeine Unterstützung bekommen, wird er seine Illusionen bald begraben müssen. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um dafür zu sorgen, daß dieses Projekt ein rasches Ende findet.«
Und mit dieser Ankündigung ging sie voraus zum kalten Hammel und zum neuesten Familienklatsch. Eine Stunde später fuhr Frederick erleichtert zur Fabrik zurück. Unterwegs kam er an einem großen, kantigen Menschen in altmodischen, langen Shorts vorbei. Da sich gelegentlich Wanderer nach Buscott verirrten, nahm Frederick kaum Notiz von ihm. Er konnte ja nicht ahnen, daß das von seinem Vater geschickte tödliche Virus die Stadt bereits erreicht hatte.
Yapp ahnte von seiner Rolle ebensowenig. Sein erster Eindruck von Buscott war durch den zweiten und dritten bestätigt worden. Das Städtchen entsprach nicht nur keineswegs seinen Vorstellungen von einer düsteren, trostlosen frühindustriellen Stadt, sondern wirkte sogar ausgesprochen blühend. Das Rathaus, angeblich im Jahr 1653 erbaut, wurde gerade restauriert. Das Gebäude der Wissenschaftlichen und Philosophischen Gesellschaft erfüllte seinen ursprünglichen Zweck zumindest teilweise, indem es neben Bingo im früheren Lesesaal Abendkurse für Erwachsene beherbergte. An der Hauptstraße wetteiferten mehrere Supermärkte miteinander, die ehemalige Kaserne hatte man fast schon zu geschmackvoll zum Einkaufszentrum umfunktioniert, auf dem Viehmarkt wimmelte es nur so von Bauern, die sich angeregt über Mastviehpreise unterhielten. Ein Antiquariat bot fast ebenso viele erlesene Antiquitäten wie Bücher an, und ein Blick zwischen den schmiedeeisernen Gittern der Petrefact-Baumwoll-Manufaktur hindurch ließ darauf schließen, daß, wenn nicht Baumwolle, so doch etwas anderes beträchtliche Gewinne abwarf. Mochte Buscott noch so isoliert sein, als heruntergekommen konnte man es wirklich nicht bezeichnen.
Obwohl Yapps erste Eindrücke enttäuschend waren, mußte er sich zunächst um praktische Probleme kümmern. Zuallererst um eine Unterkunft. Um die beiden Hotels machte Yapp aus Prinzip einen Bogen. Nur Reiche oder Lebemänner logierten in Hotels, und mit beiden hatte Yapp nichts im Sinn. »Ich suche eine kleine Pension. Übernachtung mit Frühstück reicht auch«, erklärte er den Damen der Buscott Bäckerei & Konditorei, in deren kleiner Teestube er einen Kaffee bestellt hatte. Hinter der Theke entspann sich eine leise Diskussion, von der Yapp möglichst viel mitzubekommen suchte. »Da wäre Mrs. Mooker, aber wie ich höre, vermietet sie nicht mehr ...«
»Und Kathie ...«
Kathie wurde allgemein wieder verworfen. »Kocht nicht anständig, glaube ich. Das war der Grund, warum Joe sie hat sitzenlassen. Kein Wunder bei diesem Fraß. Ganz abgesehen von dem anderen.«
Die Frauen blickten verstohlen zu Yapp hinüber und schüttelten die Köpfe.
»Das einzige, was
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