Feine Familie
Nylonnachthemd an, das ich ihr vor zwei Jahren zu Weihnachten geschenkt habe, und sie war geschminkt und hatte grüne Lidschatten.«
»Lidschatten?« sagte Mr. Parmiter. »Was zum Teufel macht sie mit Lidschatten?«
»Mich betrügen«, sagte Willy, »was denn sonst? Zehn Jahre sind wir jetzt verheiratet und ...«
»Noch eine Flasche, Mr. Groce«, sagte Frederick, der die Sprache wieder auf Yapp bringen wollte. Mr. Groce füllte Willys Glas. »Also, Willy, wo haben Sie das Ganze beobachtet?«
»In der Küche.«
»In der Küche?«
»In der verdammten Küche.«
»Sie meinen sicher, von der Küche aus«, sagte Frederick. »Sie haben sie von der Küche aus gesehen.«
»Nichts da. Ich war im Garten. Die waren in der Küche. Sie haben mich nicht gesehen. Aber oben habe ich ihr dann eine anständige Tracht Prügel verpaßt.«
Frederick und Mr. Parmiter sahen ihn erstaunt an. »Jawohl. Und wenn ihr mir nicht glaubt, dann fragt doch Rosie. Sie wird’s euch bestätigen.«
»Das werde ich schön bleibenlassen«, meinte Mr. Parmiter. Frederick sagte gar nichts. In seinem verschlagenen Hirn schmiedete er Pläne. Sie kreisten um wütende, eifersüchtige Zwerge. »Und was hast du mit dem dreckigen Saukerl gemacht? Ordentlich kielgeholt?«
»Konnte ich schlecht. Hat ja für eine Woche im voraus bezahlt, und Mr. Frederick hat mir aufgetragen, ein Auge auf ihn zu haben.«
»Das hast du weiß Gott getan«, fuhr Mr. Parmiter fort. »Trotzdem bezweifle ich, daß ich es fertiggebracht hätte zuzusehen, wie meine Frau es mit einem Kerl in der Küche treibt. Ich hätte es dem Bastard gezeigt, aber anständig.«
»Kann schon sein«, sagte Willy, durch seine erfundene Geschichte und die sechste Flasche Bier melancholisch geworden. »Du bist ja groß genug.«
»Wenn du deine Alte nach Strich und Faden verdreschen kannst, sollte man meinen, daß du einem x-beinigen Professor mit Leichtigkeit gewachsen bist.«
»Mit Frauen ist das anders. Rosie hat meinen kleinen Freund gesehen, und schließlich will sie ihn nicht fünfundzwanzig Zentimeter in die Eingeweide kriegen.«
Nachdenklich nahm Mr. Parmiter einen großen Schluck Bier und dachte dabei über Mrs. Coppett sexuellen Appetit und zwergische Proportionen nach.
»Fünfundzwanzig Zentimeter?« fragte er schließlich. »Ich gebe ja zu, daß du es am besten wissen mußt, aber trotzdem ...«
»Habe ihn selbst gemessen«, sagte Willy stolz. »Mit einem Lineal. Früher war er länger, aber inzwischen ist er ein bißchen abgenutzt. Wenn du willst, zeig’ ich ihn dir. Er ist in der Küche.«
Bevor sich Mr. Parmiter von der mysteriösen Allgegenwart von Willys kleinem Freund ausreichend erholen konnte, um zu sagen, daß er das verdammte Ding nicht sehen wollte, schoß Willy in die Küche. Er kam mit einem großen, grausig aussehenden Messer zurück. Mr. Parmiter starrte es erleichtert an, Frederick mit lebhaftem Interesse.
»Ach so, ja, jetzt sehe ich, was du meinst«, sagte Mr. Parmiter. »Damit könntest du eine Menge anrichten.« Frederick nickte zustimmend. »Aber nach der heutigen Rechtsprechung muß ein Mann, der seine Frau umbringt, seine Strafe ja meist gar nicht antreten«, stellte er fest. »Das war schon immer so«, meinte Mr. Parmiter grinsend. »Früher haben sie so einen gleich gehängt. Jetzt kriegt er nicht mal ’ne Geldstrafe.«
Frederick bestellte noch eine Runde und impfte Willy während der folgenden Stunde mit Geschichten über Verbrechen aus Leidenschaft, wobei Mr. Parmiter ihn, ohne es zu merken, kräftig unterstützte. Als es auf die Sperrstunde zuging, wetzte Willy seinen kleinen Freund am Gürtelende und schäumte vor Eifersucht. Frederick war vollauf mit sich zufrieden. Mit ein bißchen Glück würde Tante Emmelias Auftrag, sich den lästigen Yapp vom Hals zu schaffen, buchstabengetreu ausgeführt werden. Nachdem er Willy nochmals eingeschärft hatte, sein Opfer nicht aus den Augen zu lassen, und ihm noch einen Zehner über den Tresen geschoben hatte, ging er guten Gewissens hinaus ins schwindende Tageslicht. Ein vorbeifahrender Wagen vervollständigte sein Glück. Ungläubig starrte Mr. Parmiter ihm nach.
»Verflucht, haben Sie gesehen, was ich gesehen habe? Und ich dachte, Willy würde übertreiben.«
»Die Welt ist schon ein trauriger Ort«, seufzte Frederick. »Trotzdem, man kann niemanden für seinen Geschmack verantwortlich machen.«
Waiden Yapp, der am Steuer des alten Vauxhall saß, hätte ihm da ganz recht gegeben. Sein Geschmack an Rosie
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