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Feine Familie

Feine Familie

Titel: Feine Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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daß er sie sehr gern hatte. Und was den Respekt vor Rosie Coppett als Frau betraf, wo man doch auf den ersten Blick sahdaß sie etwas schwachsinnig war, so mußte der Mann, der das gesagt hatte, bestimmt etwas sehr wenig Nettes im Schilde geführt haben.
    »Ich glaube, daß Miss Emmelia das sehen sollte«, sagte sie, und bevor Rosie noch einwenden konnte, daß sie weder Willy noch sonst jemanden in Schwierigkeiten bringen wollte, hatte Annie den Scheck und die Nachricht an sich genommen und damit die Küche verlassen. Rosie blieb geistesabwesend sitzen und schnippelte die restlichen Bohnen. Sie war sehr nervös, aber gleichzeitig froh, daß sie gekommen war, denn jetzt brauchte sie sich keine Gedanken mehr zu machen, was zu tun war. Miss Petrefact würde es schon wissen.
    Zwanzig Meilen entfernt glitt Willys Leiche über ein altes Wehr, kreiselte ein paar Minuten lang im Schaum des herabstürzenden Wassers, holperte zwischen großen Steinen dahin und wurde weitergetrieben. Sie war auf dem Rückweg nach Buscott, erreichte die Stadt aber nicht auf dem Flußweg. Ein paar kleine Jungs, die an einer seichten Stelle bei der Beavery Bridge spielten, entdeckten sie und liefen schrecklich aufgeregt am Ufer entlang. Als Willy von der Strömung gegen einen umgestürzten Baumstamm gespült wurde, waren sie schon da, um ihn an seinen kleinen Füßen ans Ufer zu ziehen. Ein paar Minuten lang standen sie ängstlich schweigend da, kletterten dann die Böschung hinauf auf die Straße und hielten das erstbeste Auto an. Eine halbe Stunde später umringten mehrere Polizisten die Leiche, und die Kriminalpolizei in Briskerton war informiert, daß man im Bus die Leiche eines vermutlich ermordeten Zwerges gefunden hatte, der inoffiziell als William Coppett identifiziert worden war.

Kapitel 18
    »Sie wollen also sagen, daß Professor Yapp das Haus heute morgen verlassen hat, ohne Ihnen Bescheid zu sagen, und daß Sie diesen Brief und den Scheck vorgefunden haben, als Sie vom Einkaufen zurückkamen?«
    Rosie stand im Salon des New House und murmelte: »Ja, Mum.«
    »Und nennen Sie mich nicht Mum, Mädchen«, sagte Emmelia, »das habe ich von Annie im Laufe von zweiunddreißig Jahren mehr als genug gehört, und außerdem bin ich nicht Ihre Mum.«
    »Nein, Mum.«
    Emmelia gab es auf. Sie hatte einen anstrengenden Tag hinter sich, an dem sie, völlig gegen ihre sonstige Gewohnheit, die wichtigsten Familienmitglieder angerufen hatte, um sie davon in Kenntnis zu setzen, daß sie einen Familienrat einberufen wolle, und sie hatte sich zu viele Einwände unterschiedlichster Art anhören müssen, um sonderlich guter Laune zu sein. »Hat er gesagt, wohin er wollte?«
    Rosie schüttelte den Kopf.
    »Hat er irgendwas von der Mühle gesagt?«
    »O ja, Mum, er redete ständig davon.«
    »Und was für Sachen wollte er wissen?«
    »Wie die Bezahlung war und was sie dort machten und so was.«
    Nachdem Emmelia auf diese Weise die unerfreuliche Bestätigung für das, was sie bereits wußte, erhalten hatte, war sie mehr denn je davon überzeugt, daß der Familienrat umgehend einberufen werden mußte.
    »Und haben Sie es ihm gesagt?«
    »Nein, Mum.«
    »Warum nicht?«
    »Ich weiß nicht, Mum. Mir hat nie jemand was davon erzählt.«
    Emmelia dankte dem Himmel und ging über die wiederholte Implikation, daß sie Rosie Coppetts Mutter war, hinweg. Die Frau war so offensichtlich dumm, daß man wahrhaft von Glück sagen konnte, daß Yapp sich eine so schlecht informierte Vermieterin ausgesucht hatte. Falls das alles war, was er sich ausgesucht hatte. Der Scheck und die Nachricht mit der Unterschrift »Liebe Grüße, Walden« ließ auf eine weniger enthaltsame und Emmelias Einschätzung zufolge sicherlich perverse Beziehung schließen. Und was zum Teufel meinte er, wenn er schrieb, er würde sich bei diesem geistig unterbelichteten Wesen »nach angemessener Frist« melden? Sie stellte Rosie diese Frage, doch die konnte darauf lediglich antworten, daß der Professor ein richtiger Gentleman sei. Nachdem Emmelia Yapp selbst erlebt hatte, hegte sie diesbezüglich starke Zweifel, die sie jedoch für sich behielt. »Also, ich muß schon sagen, das hört sich alles recht sonderbar an«, sagte sie schließlich. »Aber da er Ihnen das Geld nun mal gegeben hat, sehe ich keinen Grund, warum Sie es nicht behalten sollten.«
    »Schon, Mum«, meinte Rosie, »aber was ist mit Willy?«
    »Was soll denn mit ihm sein?«
    »Daß er einfach so weggelaufen ist.«
    »Hat er das noch nie

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