Feine Milde
ideell und finanziell zu unterstützen. In letzter Zeit allerdings beobachte ich, wie unsere MEILE immer mehr mißbraucht wird von Menschen, denen es einzig und allein um ihre persönlichen Vorteile geht, um Profite finanzieller Art und um die Aufbesserung ihres Ansehens in der Öffentlichkeit. Da gibt es nun den großspurigen Plan, eine UNICEF-Schule zu gründen. Den Bürgern wird dieses Projekt als große soziale Tat verkauft, soll die Schule doch in besonderem Maße ausländische Kinder aufnehmen. Worum handelt es sich aber in Wirklichkeit? Um eine Privatschule, in der die Eltern jeden Monat ein horrendes Schulgeld zahlen müssen, das Otto Normalelter nicht aufbringen kann, geschweige denn die sozial Schwächeren, zu denen leider oft auch unsere ausländischen Freunde gehören. Eine Schule also für die Sprößlinge des Geldadels! Wenn es denn sein muß, liebe Frau Salzmann-Unkrig, lieber Heino Müller, bitte, nur zu, aber nicht im Namen der MEILE. Die MEILE hat immer Basisarbeit geleistet, und so soll es bleiben. Wir haben stets mit den Händen und dem Herzen gearbeitet und nicht mit dem Maul und dem Portemonnaie. Zwei Fragen brennen mir auf der Seele: Wohin fließen eigentlich die Profite, die unsere Adoptionsvermittlung erwirtschaftet? Angeblich fallen keine an. Seltsam! Und lieber Herr 2. Vorsitzender, ist es rechtlich eigentlich zulässig, daß Sie einem Vereinsmitglied, in diesem Falle Frau Salzmann-Unkrig, Blankoschecks vom Vereinskonto ausstellen, zur Deckung angefallener Unkosten? Mehr als seltsam! Ich bin nicht bereit, den Verfall der MEILE länger hinzunehmen; ich bin nicht bereit, noch länger zu schweigen. Ich weiß, eine Menge Vereinsmitglieder empfinden wie ich, und wir werden gemeinsam für die ursprünglichen Vereinsziele kämpfen.
Heiderose Jansen, Kleve. «
Bärbel Peters war sprachlos.
»Bist du noch dran?« fragte Müller kurzatmig.
»Ja, ja, ich muß das erst mal verdauen.«
»Ich nicht«, brüllte er. »Ich will das gar nicht verdauen. Ich rufe jetzt sofort meinen Anwalt an. Das ist glatter Rufmord, und ich denke nicht dran, das hinzunehmen!«
»Jetzt warte doch einen Augenblick, Heino«, versuchte die Peters ihn zu beschwichtigen. »Laß uns mal nachdenken. Vielleicht eine Gegendarstellung.«
»Spinnst du? Ich begebe mich doch nicht auf dasselbe Niveau wie diese Irre. Der gehört das Maul gestopft, und zwar ein für allemal.«
»Heino, je mehr Wind wir machen, um so mehr schaden wir dem Verein und der Sache.«
»Das ist mir jetzt wirklich schnurz. Ich habe einen Ruf zu verlieren, Mädchen, wir alle. Du doch auch, oder was ist mit deinen politischen Ambitionen?«
»Ja, schon, aber …«
»Hör zu, ich lasse mich nicht zum Betrüger stempeln. Der Scheck für Christa war mein privater Scheck und hatte mit dem Verein nicht das Geringste zu tun. Vom Vereinskonto existieren überhaupt keine Schecks.«
»Das weiß ich doch.« Bärbel Peters redete beruhigend auf ihn ein. »Ich werde mal mit Heidi sprechen«, meinte sie schließlich. »Die hat sich einfach total verrannt, und vielleicht kann ich ihr klar machen, daß die neuen Projekte dem Verein zugute kommen und ihm keineswegs schaden.«
»Spar dir deine Energie für was Sinnvolles auf. Du verschwendest nur deinen Atem.«
»Denk doch mal mit«, entgegnete sie eindringlich. »Wir wollen doch gern den Trägerverein durchsetzen, oder?«
»Verdammt noch mal, kannst du mir erklären, wie wir so eine Geschichte jetzt durchbringen sollen?«
18
»Versuch, noch ein bißchen zu schlafen.«
Toppe strich ihr über die kalte Stirn. Astrid nickte, ohne die Augen zu öffnen. Sie hatte die halbe Nacht auf dem Klo verbracht; irgendein Virus hatte sie wohl gepackt.
»Ich habe den Arzt angerufen. Er kommt gegen Mittag.«
Als er seinen Wagen abschloß, verschwand Berns gerade im Präsidium. Toppe wußte genau, daß er ihn gesehen hatte. »So nicht, mein Junge!« Im Laufschritt setzte er ihm nach. Er hatte Berns noch nie leiden können, es aber fast immer geschafft, einer Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen. Berns war rechthaberisch, kleinkariert und hatte die Arbeit nicht gerade erfunden. In den letzten Jahren redete er sich damit heraus, er habe in seinem Leben schon genug Überstunden gekloppt und ginge sowieso bald in Rente. Toppe arbeitete viel lieber mit van Gemmern zusammen, obwohl der mit seiner verschlossenen Art auch nicht immer so leicht zu nehmen war. Was Berns ihm noch vor drei, vier Jahren an Erfahrung vorausgehabt hatte, hatte
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