Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feine Milde

Feine Milde

Titel: Feine Milde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
Vom Netzwerk:
leiser dann zu seinem Sohn: »Geh zum Auto.«
    Mechanisch setzte sich der Junge in Bewegung.
    Der Knoten in Toppes Magen löste sich plötzlich, und langsam stieg die Übelkeit nach oben. »Herr Flintrop, würden Sie Frau Steendijk Bescheid sagen.«
    »Aber klar, Chef.«
    Betonschweigen auf der Fahrt zu Gabi.
    Toppe klingelte Sturm.
    »Ja, Himmelherrgott noch mal«, hörte er seine Exfrau im Flur schimpfen.
    Sie riß die Augen auf, als sie die beiden vor der Tür stehen sah. Toppe versetzte seinem Sohn einen harten Stoß in den Rücken. »Geh in dein Zimmer!«
    Der Junge stellte seinen Rucksack ab, bückte sich und begann, langsam seine Springerstiefel aufzuschnüren.
    »Geh sofort in dein Zimmer, oder ich trete dir in den Arsch«, brüllte Toppe.
    »Bist du noch ganz gescheit?« Gabi war zwar verwirrt, aber ihre Augen funkelten wütend.
    Christian schlorrte die Treppe hoch.
    »Gib mir einen Schnaps.« Toppe ging ins Wohnzimmer und ließ sich in einen Sessel fallen. Er war lange nicht hier gewesen, und vieles hatte sich verändert, aber das nahm er gar nicht wahr.
    Wortlos ging Gabi zum Schrank, goß einen Whisky ein und hielt ihm das Glas hin. Er trank einen kleinen Schluck und erzählte ihr, was passiert war. Sie legte die Hände über das Gesicht, sagte nichts. Dann ging sie zur Tür und rief ihren Sohn. Es dauerte nur Sekunden, bis Christian im Zimmer stand. »Ich hab Mist gebaut.«
    »Mist gebaut?« schrie Toppe drohend.
    Der Junge hielt den Blick gesenkt. »Tut mir leid, Mama«, flüsterte er.
    Sie berührte ihn kurz an der Schulter. »Geh wieder nach oben. Wir reden später darüber.«
    Dann setzte sie sich Toppe gegenüber. »Ich glaube, es ist nicht das erste Mal, daß er klaut. Letztens kam er mit brandneuen, teuren Turnschuhen und behauptete, die habe er von einem Freund. Und ein paarmal hatte ich auch den Eindruck, daß mir Geld im Portemonnaie fehlt. Ich bin bloß nicht drauf gekommen, daß eins von den Kindern mich bestiehlt.«
    Sie hatte sich wirklich sehr verändert. Früher hätte sie in so einer Situation geheult und ihm Vorwürfe gemacht, aber jetzt war es so, daß sie Toppe ein bißchen von seiner Hilflosigkeit nahm.
    »Was willst du tun?« fragte er.
    Sie zuckte kurz mit den Augenbrauen. »Was schlägst du vor?« antwortete sie. »Hausarrest, kein Besuch von Freunden? Engmaschige Kontrolle, zur Schule bringen und abholen?«
    Er zuckte die Schultern.
    »Ich glaube, das Grundproblem konnte man an deiner Frage erkennen, Helmut.«
    Er verstand nicht.
    »Was sollen wir tun, das wäre die richtige Frage gewesen.«
    »Aber ich fühle mich wirklich für ihn verantwortlich«, verteidigte er sich. Sie lachte. »Das merkt man kaum.«
    Er war irritiert. »Wieso kannst du eigentlich so ruhig bleiben?«
    »Ich tu, was ich kann, Helmut. Und wenn das nicht reicht, dann ist es eben Pech. Die Zeit der Selbstvorwürfe, die habe ich hinter mir.« Jetzt klang sie doch bitter.
    Er erzählte, wie es in Frankreich gewesen war. »Ich kann mir ein Bein ausreißen, aber der Junge läßt mich einfach nicht an sich ran.«
    »Es wird dir wohl nichts anderes übrig bleiben, als es trotzdem weiter zu versuchen.«
    Er unterdrückte eine scharfe Entgegnung. »Also gut, noch mal: was sollen wir tun?«
    »Reden«, sagte sie. »Mit ihm sprechen, uns um ihn kümmern, beide.«
    Als sie jetzt von dem Jungen erzählte, stellte er bestürzt fest, wie wenig er tatsächlich von dessen Leben wußte. Er hatte nicht einmal mitgekriegt, daß Christian zum zweiten Mal sitzen geblieben war.
    »Heute war die Nachprüfung«, seufzte Gabi. »Aber ich glaube kaum, daß er die gepackt hat. Oder hat er bei dir in Frankreich mal in seine Bücher geguckt?«
    Ihm war hundsmiserabel. »Ich glaube, bei mir fängt die Zeit der Selbstvorwürfe jetzt erst an.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Glaub mir, das bringt überhaupt nichts.«
    »Ich weiß, aber ich war verdammt egoistisch, als ich damals gegangen bin.«
    »Stimmt«, antwortete sie schlicht. »Und ich habe auch lange gebraucht, bis ich dir das nicht mehr übelgenommen habe. Aber heute denke ich: wer sagt denn, daß es mit Christian anders gelaufen wäre, wenn wir uns nicht getrennt hätten?«

22
    Van Appeldorn kam um Viertel vor acht, als Jens Maywald gerade die Tür aufschloß.
    »Schon wieder Kripo?« Es klang böse.
    Van Appeldorn spazierte einfach an ihm vorbei ins Büro und sah sich neugierig um.
    »Ja«, meinte er, »manchmal können wir ganz schöne Nervensägen sein. Es geht um Ihre Kartei. Ich

Weitere Kostenlose Bücher