Feine Milde
mit Arbeit.«
Toppe blieb dienstlich.
»Wissen Sie eigentlich, wieviele Abteilungen es in diesem Hause gibt, Herr Toppe? Soweit ich informiert bin, ist der ED kein Sonderkommando vom K 1, oder sehe ich das falsch?«
Toppe ließ sich auf gar nichts ein. »Geben Sie mir van Gemmern.«
»Der kann auch nicht. Den brauche ich hier.«
»Geben Sie mir van Gemmern!«
»Wie Sie wünschen. Es kann aber dauern, der ist mitten in einer Analyse.«
»Ich warte.« Er klemmte den Hörer zwischen Schulter und Ohr und zündete sich eine neue Eckstein an.
Bonhoeffer lugte fragend um die Ecke.
»Komm rein, ich bin gleich fertig.«
Bonhoeffer kam auf Zehenspitzen näher, stellte eine schwarze Ledertasche auf dem Stuhl ab und legte Toppe den Bericht auf den Schreibtisch.
Toppe las was von thermischen Oberflächendefekten, Inhalationsintoxikation, Pyrolysetoxinen und schob die Blätter sofort wieder weg.
»Setz dich doch. Herrgott, wieso dauert das so lange?«
Dann legte er die Hand über die Muschel. »Was hast du denn in diesem Hebammenkoffer?«
Bonhoeffer griente spitzbübisch und holte erst eine blaue Thermoskanne heraus, zwei Gläser und dann eine Flasche Calvados.
Toppe lachte laut. Dieser Calvados war zu einem Ritual geworden. Oft genug mußte Toppe bei Leichenöffnungen anwesend sein, und dabei wurde ihm regelmäßig übel. Bonhoeffer ließ ihn meistens in der hintersten Ecke der Prosektur sitzen und tröstete ihn, wenn die Sektion vorbei war, immer mit einem Calvados.
»Na endlich, van Gemmern!«
»Wieso? Warten Sie schon lange?«
»Ach, egal.« Toppe hatte einfach keine Lust sich aufzuregen. Er erklärte van Gemmern, was los war, und beobachtete dabei, wie Bonhoeffer aus der Thermoskanne zerstoßenes Eis in die Gläser gab, bevor er den Calvados einschenkte.
»Alles klar«, meinte van Gemmern. »Die Adresse hab ich notiert. Vor heute abend werde ich es nicht schaffen, aber es ist ja lange hell.«
Toppe hob sein Glas. »Prost, Arend!«
»Prost, mein Jung!«
Sie waren seit Jahren befreundet, und auch wenn sie sich nur selten sahen, verstanden sie sich doch, ohne viele Worte machen zu müssen.
»Den kannst du gebrauchen. Kommt ja ganz schön dicke bei dir in den letzten Wochen.«
Toppe nickte nur und hielt das Glas gegen das Licht. Der Calvados schimmerte goldgelb.
»Was ist mit Breitenegger? Habt ihr da schon was?«
»Keine Spur. Wir wissen, daß es ein roter Mercedes war, das ist alles. Wir wissen nicht, ob der Unfall was mit diesem Kinderhandel zu tun hatte. Und ob Günther zufällig da war oder ob er einen Tip gekriegt hat, kann uns auch kein Mensch sagen.«
Bonhoeffer goß noch mal nach. »Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, daß Breitenegger auf eigene Faust ermittelt hat. Den kriegten doch keine zehn Pferde hinter seinem Schreibtisch hervor.«
»Stimmt schon. Er hatte an dem Tag frei, und seine Frau sagt, daß er nur kurz mal Spazierengehen wollte.«
»Und? Wie werdet ihr fertig mit der ganzen Geschichte?«
Toppe lehnte den Kopf zurück und rieb sich die Schläfen mit den Handballen. »Gar nicht. So richtig kapiert hab ich das immer noch nicht, daß er tot ist, geschweige denn verdaut. Wie auch? Es ist doch seitdem in einer Tour weitergegangen.«
Er erzählte Bonhoeffer, was sie inzwischen über die beiden Säuglinge wußten, daß der Fahrer des Wagens in Amsterdam ermordet worden war und daß es ganz so aussah, als habe INTERKIDS etwas damit zu tun. »Zumindest der Geschäftsführer, ein gewisser Maywald, aber auch das haben wir noch nicht sicher. Die Holländer wissen wohl eine ganze Menge mehr als wir, bloß bis jetzt halten die damit hinterm Berg. Weiß der Teufel, was das soll. Ich zumindest komme mir ziemlich dämlich vor bei dieser Klein-klein-Ermittlerei, wenn ich den Hintergrund und die Zusammenhänge nicht kenne.«
»Hm, versteh ich. Willst du denn jetzt was über die Brandleiche hören?«
»Das ist auch so was«, nickte Toppe. »Irgendwie gibt es eine Verbindung zwischen den drei Fällen, oder zumindest scheint es so. An Günthers Unfallort die toten Kinder, die uns zu INTERKIDS und Maywald führen. Und jetzt stellt sich raus, daß die Frau, die verbrannt ist, auch was mit diesem Verein und Maywald zu tun hatte.« Er richtete sich auf. »Was hilft’s? Ich hör jetzt auf zu jammern. Schieß los.«
Heiderose Jansen war an einer CO-Vergiftung gestorben, Kohlenmonoxid, quasi in ihrem Bett erstickt. »Daß die von dem Feuer nichts mitgekriegt hat, ist nicht weiter verwunderlich.
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