Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1
Ellbogen auf den Tisch. »Das wird man
dir sagen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.«
Tal brauste auf: »Ich tue jetzt seit Jahren, was man mir
sagt. Ja, ich weiß, ihr habt mir mehrmals das Leben gerettet,
und dafür bin ich euch viel schuldig, aber irgendwann werdet
ihr auch mir vertrauen müssen. Diese Sache lenkt mich einfach zu sehr ab. Es sieht so aus, als wollte mich jemand umbringen, und ich weiß nicht, warum. Ich weiß nur, dass es mit
euch zu tun hat« – er zeigte nacheinander auf die anderen
Männer – »oder mit etwas, was ich in dieser Rolle, die ihr für
mich geschaffen habt, getan habe.«
Robert erklärte: »Du hast die Rolle selbst geschaffen, Tal.
Wir haben dir gesagt, was du werden solltest; die Einzelheiten
des Lebens von Talwin Hawkins waren deine Wahl. Niemand
hat dir befohlen, ein Spieler, Frauenheld und Freigeist zu sein.
Du hättest als Gelehrter oder als Kaufmann auftreten können,
aber du hast dich für diese Art von Leben entschieden.«
Magnus fügte hinzu: »Und so, wie es aussieht, ist es ein
Leben, das zu dir passt, Tal.«
Tal konnte sich immer noch nicht beherrschen. »Es geht
um mein Leben, und das hier ist mein Leben. Ich bin Robert
etwas schuldig. Meine Erziehung im Lauf der letzten fünf
Jahre hat mich vieles gelehrt, darunter auch, meine Entscheidungen mit anderen Augen zu betrachten. Ich bin Orosini, und
ich werde meine Schuld abtragen. Niemand wird mich je einen Schwur brechen sehen. Aber das bedeutet nicht, dass ich
blind gehorchen werde, Robert. Wenn ich Euch gut dienen
soll, muss ich mich dann nicht auskennen?«
Robert seufzte. »So viel kann ich dir jetzt schon sagen, Tal:
Die Ereignisse haben sich so ausgewirkt, dass unsere Ziele
einander sehr nahe liegen. Dieser Mann, vor dem wir dich gewarnt haben, wird sich ganz in der Nähe des Herzogs aufhalten
– wenn nicht hier in Roldem, dann zu Hause in Opardum, der
Hauptstadt von Olasko. Herzog Kaspar ist ehrgeizig.«
»Offensichtlich«, erwiderte Tal. »Das dachte ich mir
schon, als ich seinen Hauptmann Havrevrulen in Latagore
gesehen habe, wie er an der Verschwörung gegen den Dominar mitgewirkt hat. Ich weiß, dass Kaspar Farinda haben will.
Ich weiß allerdings nicht, warum.«
Robert sagte: »Im Süden von Kaspars Land liegt das der
Grenzlords, eine Gruppe von Herzogtümern, die sich ständig
gegenseitig an die Kehlen gehen: Miskalon, Roskalon, das
Herzogtum Maladon und Simrick, Salmarter und Lorn. Die
einzig erfolgreiche Eroberung in der Geschichte dieser betrüblichen Region fand statt, als Maladon vor zweihundert Jahren
Simrick unterwarf. Alle streiten sich um das Umstrittene
Land, und Olasko sorgt dafür, dass keines dieser Herzogtümer
die Oberhand gewinnt. Es ist zu Kaspars Vorteil, wenn seine
Nachbarn schwach und instabil sind. Im Westen von Olasko
befindet sich das Fürstentum Aranor. Der Fürst von Aranor ist
Kaspars Vetter durch seine Mutter und durch seinen Vater ein
Vetter des Königs von Roldem, also mussten Kaspar und seine Ahnen viele Jahrzehnte die Finger von Aranor lassen; aber
der derzeitige Fürst ist ein schwacher Idiot, und Kaspar könnte ebenso gut gleich dort herrschen, wenn man bedenkt, welchen Einfluss er hat. Hinter Aranor liegen Lorn und Opast.
Beide stehen in enger Verbindung mit dem Königreich, obwohl beide das Königreich auch schon bekriegt haben. Das
Königreich würde schnell reagieren, wenn sich Olasko gegen
Lorn und Opast wenden würde.
Im Norden liegt Bardacs Klamm, was man kaum als ein
eigenes Reich betrachten kann. Der ursprüngliche Herrscher,
König Bardac der Erste, war ein größenwahnsinniger Pirat,
und seine Abkömmlinge sind kaum mehr als das. Der größte
Teil des ›Adels‹ dieses Landes besteht aus Banditen, und König Haloran kommt am besten zurecht, indem er sie in Ruhe
lässt. Wenn Olasko dort eindringen würde, wäre es, als würde
er in einen Sumpf marschieren. Conar ist ein wenig besser,
denn die Häuptlinge dort sind ehrenhafte Barbaren, ebenso
wie die Sumpfleute im Norden.
Aus diesem Grund braucht Kaspar Farinda, um seine Armeen an die Grenze des Königreichs der Inseln zu bringen,
ohne seine anderen Nachbarn sonderlich zu stören.«
»Aber warum? Will er gegen das Königreich Krieg führen?« Tal zuckte die Achseln. »Meine geografischen Kenntnisse sind vielleicht ein bisschen vage, aber würde das seine
Armee nicht mehrere hundert Meilen von der nächsten Stadt
des Königreichs entfernen?«
»Ja, und wir haben
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