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Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Silberfalke
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nicht vorgesehen, dass du hierher kommst, Talon. Mein Sohn hat dich an
den nördlichen Strand der Insel gebracht, damit du dich dort
in vollkommener Einsamkeit auf deine Studien konzentrieren
konntest und er dich besser erforschen konnte.« Der Magier
bewegte die Hand, und in einem Metallring, der an der Decke
hing, flackerten Kerzen auf, so dass das Zimmer nun hell beleuchtet war. Robert und Nakor holten vier Hocker aus einer
Ecke. Robert stellte einen hinter Talon und den nächsten neben Pug, und die drei Magier setzten sich hin. Pug bedeutete
Talon, das Gleiche zu tun.
Talon setzte sich und fragte: »Ihr würdet mich wirklich
umbringen, wenn ich Nein sagte?«
»Nein«, antwortete Pug, »aber du würdest dennoch in gewisser Weise ›sterben‹. Wir wären gezwungen, dir deine Erinnerungen zu nehmen. Wir würden dabei nicht unfreundlich
mit dir umgehen. Du würdest einfach einschlafen, und wenn
du wieder aufwachst, wärst du ein anderer. Ein junger Mann,
der eine Kriegsverletzung erlitten hat oder vielleicht bei Reparaturen vom Dach gefallen ist. Menschen, die behaupten würden, dich dein ganzes Leben lang gekannt zu haben, würden
sich darüber freuen, dass du das Bewusstsein wiedererlangt
hast, und dir erzählen, was du angeblich vergessen hast. Wir
können dafür sorgen, dass das sehr überzeugend geschieht,
und mit der Zeit würdest du wirklich glauben, dieser Mann zu
sein.«
Talon sagte: »Aber in gewisser Weise hättet Ihr Recht: Talon Silverhawk wäre tot.«
Robert nickte.
Nakor fügte hinzu: »Der Letzte der Orosini wäre verloren.«
Talon schwieg lange und dachte über das nach, was er gehört hatte. Schließlich sagte er: »Erzählt mir mehr, so dass ich
meine Wahl klug treffen kann. Ich habe nicht den Wunsch,
das, was ich bin, zu vergessen – obwohl es vielleicht ein Segen wäre, mich nicht mehr an den Tod meines Volkes erinnern zu müssen. Aber ich habe eine Schuld abzutragen, und
die kann ich nicht ignorieren.«
Robert erklärte: »Solltest du dich entscheiden zu dienen,
wäre deine Schuld gegenüber mir vollkommen beglichen.«
»Er gibt noch eine andere«, erwiderte Talon.
Pug nickte. »Du hast eine Blutschuld.«
»Meinem Volk gegenüber. Auch wenn nur ein einziger
Verwandter oder ein einziges Clanmitglied umgebracht worden wäre, hätte ich die Mörder gejagt, bis jeder Einzelne für
seine Taten bezahlt hätte. Aber diese Männer haben mein gesamtes Volk vernichtet, denn falls nicht einer von ihnen dem
Tod entgangen ist, ohne dass ich davon erfahren habe, bin ich
tatsächlich der Letzte der Orosini.« Er nickte Nakor zu. »Ich
darf nicht sterben, in keinem Sinne des Wortes – körperlich
oder in meinen Erinnerungen –, bis sie gerächt sind.«
Nakor sagte: »Wir vertreten hier nicht unbedingt unterschiedliche Interessen.« Er warf Pug einen Blick zu und fragte: »Darf ich?«
Pug nickte.
Nakor lehnte sich zurück, griff in einen Beutel, den er an
der Hüfte trug, und holte eine Orange heraus. Dann grub er
den Daumennagel hinein. Er warf einen Blick zu den beiden
anderen Männern und zog die Brauen hoch. Beide schüttelten
den Kopf, und Nakor wandte sich wieder Talon zu.
»Vor dir siehst du die Anführer einer Gruppe von Leuten«,
begann Nakor. »Dieser Ort, diese Insel, war einmal die Zuflucht eines Volkes, das vor einem Krieg geflohen ist. So erzählt man sich zumindest. Später war er das Heim des ersten
Schwarzen Zauberers, eines Mannes namens Marcos. Miranda ist seine Tochter. Pug ist Mirandas Mann. Sie sind Herrin
und Herr dieser Insel, Talon. Ihre beiden Söhne kennst du ja
bereits.
Im Lauf der Jahre sind viele hier zu uns auf die Insel gekommen. Schüler von … nun, von vielen Orten, die sich die
meisten Menschen nicht einmal vorstellen könnten.« Er grinste. »Einige hätte sogar ich mir zuvor nicht in meinen wildesten Träume ausmalen können, und meine Fantasie ist eigentlich recht gut entwickelt.«
Pug unterbrach ihn. »Die Geschichtsstunde können wir uns
für später aufheben, Nakor. Erkläre ihm einfach nur, was auf
ihn zukommen wird.«
Nakor wurde ernst. Er biss in die Orange und kaute einen
Augenblick gedankenverloren. »Wie ich schon sagte, wir sind
die Anführer einer Gruppe. Viele sind hergekommen, um zu
lernen und zu dienen.«
»Dienen?«, fragte Talon.
Nakor grinste. »Weißt du, ich habe noch nie jemandem bei
einer einzigen Begegnung erklären müssen, was wir hier eigentlich machen, Pug.«
Pug nickte. »Und das musst du auch jetzt nicht.

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