Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1
ihn und öffnete die Tür.
Drei Männer standen in dem leeren Zimmer dahinter. Zwei
von ihnen erkannte Talon: Nakor und Robert.
»Herr!«, rief Talon überrascht.
Robert nickte und sagte: »Stell dich dorthin, Talon.« Er
zeigte auf eine Stelle mitten im Zimmer.
Der dritte Mann war klein, hatte einen Bart und dunkles
Haar und bedachte Talon mit einem Blick, der dem jungen
Mann ein wenig Unbehagen bereitete. Es war nicht zu übersehen, dass dieser Mann Macht hatte. Seine Haltung allein
zeigte das bereits, aber das war noch nicht alles. In der Zeit,
die Talon mit Magnus und davor mit Robert verbracht hatte, hatte er gelernt, ein wenig von den Zauberkräften eines
Menschen zu spüren, und dieser Mann hier roch förmlich
danach.
Er sagte: »Ich heiße Pug. Man nennt mich auch den
Schwarzen Zauberer.«
Talon nickte schweigend.
Pug fuhr fort: »Das hier ist meine Insel, und alle, die sich
hier aufhalten, sind meine Freunde und Schüler.«
Robert erklärte: »Pug war mein Lehrer, ebenso wie Nakor,
Talon.«
Talon schwieg.
Nakor sagte: »Der Angriff der Todestänzer hat die Dinge
verändert, Junge. Bis dahin haben wir einfach deinen Fortschritt beobachtet und uns mit einem endgültigen Urteil noch
zurückgehalten.«
Talon schwieg weiterhin, aber in seinen Augen standen
viele Fragen.
Robert fuhr fort: »Dann hätten wir darüber entschieden, ob
du in meinem Dienst blieben solltest, bis ich dich aus deiner
Lebensschuld entlasse, Talon, oder ob du vielleicht begabt
genug wärst, dass man dich einladen würde, hier in diese
Siedlung zu kommen und dich dieser Vereinigung anzuschließen.«
Nun fragte Talon doch: »Welche Vereinigung, Herr?«
Die drei Männer wechselten einen Blick, und Robert sagte:
»Man nennt uns das Konklave der Schatten, Talon. Wer wir
sind, wirst du mit der Zeit erfahren, falls du in unsere Ränge
aufgenommen wirst. Was wir tun, wird dir dann ebenfalls
erläutert werden.«
»Aber bevor man dir diese und viele andere Dinge anvertrauen kann«, fügte Pug hinzu, »musst du dich entscheiden,
Mitglied zu werden. Deine Schuld gegenüber Robert gut dann
als abgetragen, und du bist ein freier Mann, frei, um zu tun,
was dein Gewissen von dir verlangt – obwohl du auch gegenüber dem Konklave Verpflichtungen haben wirst.
Aber wir bieten dir nicht nur Verpflichtungen, sondern
auch Annehmlichkeiten. Wir sind wohlhabend genug, um dir
alles zu geben, was du dein Leben lang brauchen wirst. Wir
haben mächtige Verbündete, und du wirst dich unbeschwert in
den höchsten Kreisen bewegen können, wenn du das willst.«
Nakor fuhr fort: »Wir haben jedoch auch mächtige Feinde.
Die Todestänzer waren nur ein Versuch von vielen, uns unserer wichtigsten Mitglieder zu berauben. Wenn sie Erfolg gehabt und Magnus getötet hätten, hätte uns das um Jahre zurückgeworfen.«
»Und was würde man von mir erwarten?«
Robert sagte: »Wir werden dich bitten, einen Treueschwur
abzulegen – nicht nur, sondern dem Konklave gegenüber,
Talon. Du wirst dieses Zimmer als Mitglied unserer Gesellschaft verlassen, und mit diesem Eid erhältst du die Vorteile
und Verantwortlichkeiten, die wir bisher nur angedeutet haben.«
Talon sagte: »Das klingt, als hätte ich eine Wahl und könnte mich auch dagegen entscheiden.«
Nakor antwortete: »Das kannst du.«
»Und was wäre die andere Option?«
Pug warf Robert und Nakor einen Blick zu, dann antwortete er: »Tod.«
Zehn
Entscheidung
Talon stand schweigend da.
Er ließ den Blick von einem Gesicht zum anderen schweifen, betrachtete die drei Männer forschend und versuchte, aus
ihren Mienen einen Hinweis darauf zu erhalten, was man von
ihm erwartete.
Alle drei warteten reglos, und an ihren Gesichtern war
nicht zu erkennen, was sie dachten. Pug schien ihn zu beobachten, als wollte er seine Gedanken lesen. Robert schien
einfach darauf zu warten, was er sagen würde. Nakor versuchte eindeutig, etwas aus Talons Haltung abzulesen, aus seiner
Miene oder irgendeiner anderen körperlichen Reaktion auf die
Wahl, vor die man ihn gerade gestellt hatte.
Nach langem Schweigen sagte Talon: »Anscheinend habe
ich keine Wahl.«
Robert widersprach: »Es gibt immer eine Wahl. Aber diesmal ist es eine sehr schwierige.« Er hielt inne, dann sagte er:
»Pug ist mein Lehrer und der Anführer unserer Gemeinschaft.«
Pug betrachtete Talon einen Augenblick, dann lächelte er.
Wenn sich seine Züge entspannten, schien er plötzlich viel
jünger zu sein als Robert, sein Schüler. »Es war
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