Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Silberfalke
Vom Netzwerk:
Blutvergießen geflohen sind, ganz ähnlich wie du, und andere sind
Überlebende, ebenfalls wie du, die ihre Heimat vollkommen
verloren hatten.«
    »Was ist das hier für ein Ort, Miranda? Magnus weicht
meinen Fragen aus, und Nakor wendet das Gespräch immer
anderen Dingen zu, Dingen, die …«
»Nicht ernst zu nehmen sind?«
Talon lächelte. »Er kann manchmal sehr witzig sein.«
»Lass dich davon nicht hinters Licht führen, Junge«, erwiderte Miranda und tätschelte seine Hand. »Er ist vielleicht der
gefährlichste Mann, dem ich je begegnet bin.«
    »Nakor?«
»Nakor«, bestätigte sie und stand auf. »Und nun warte hier
und ruh dich noch ein wenig aus, und bald wird jemand zu dir
kommen.«
»Wozu?«, fragte er, denn er war ruhelos und wollte das
Zimmer gern wieder verlassen.
»Um dich mitzunehmen.«
»Wohin?«
Als sie in der Tür stand, sagte sie: »Du wirst schon sehen.«
Talon lehnte sich zurück. Ihm tat immer noch alles weh,
und er hatte das intensive Bedürfnis, nach draußen zu gehen
und etwas zu tun, und sei es nur für eine Weile, um die Muskeln zu strecken und die frische Luft tief in seine Lungen zu
zwingen. Er wollte laufen oder klettern oder ein Tier im Wald
verfolgen. Selbst Angeln wäre willkommen, denn auf dem
Weg zum Strand und zurück würde er ins Schwitzen geraten.
Talon schloss die Augen und versank in seinen Erinnerungen – er dachte an die Männer, die vor einem hellen Feuer im
Langhaus saßen und Geschichten erzählten. Er dachte an die
Reinigungszeremonien, denen sie sich unterzogen, wenn der
Schnee sich von den Berghängen zurückzog, und für die es
besondere Gebäude gab. Hier hüllte der Dampf, der von heißen Steinen aufstieg, die versammelten Gruppen von zehn
oder mehr Männern und Frauen, Jungen und Mädchen ein, die
dem Frühling ein Willkommenslied sangen und sich dann den
Dreck eines ganzen Winters von der Haut schabten.
Er dachte an seinen Vater und seine Mutter und wurde
wieder traurig. Die schmerzliche Bitterkeit, die er im ersten
Jahr nach der Vernichtung seines Volkes empfunden hatte,
war einer stillen Sehnsucht gewichen, einer Art von Resignation, mit der er sich bewusst war, der letzte Orosini zu sein
und die Last der Rache allein tragen zu müssen. Jenseits dieses Punkts war die Zukunft unbekannt.
Er war beinahe eingedöst, als er plötzlich bemerkte, dass
jemand hereingekommen war.
Er riss die Augen auf, und sein Herz begann zu rasen, denn
er blickte in das Gesicht einer jungen Frau, die er nie zuvor
gesehen hatte. Sie hatte die verblüffendsten blauen Augen, die
er je gesehen hatte, riesengroß und kornblumenblau. Ihr Gesicht war zart, mit einem fein gezeichneten Kinn, einem vollen Mund und einer beinahe vollendet geraden Nase. Ihr Haar
hatte die Farbe hellen Honigs, und ein paar Strähnen waren
von der Sonne heller geworden. Sie trug ein schlichtes, ärmelloses blaues Kleid mit einem runden Ausschnitt, wie er es
schon an mehreren Frauen in dieser Siedlung gesehen hatte,
aber an ihr sah es hinreißend aus, denn sie war hoch gewachsen und schlank und bewegte sich wie ein Jäger.
»Du bist Talon?«
»Ja«, antwortete er, und er musste sich schon zu diesem
einzigen Wort zwingen, denn sie war atemberaubend.
»Folge mir«, sagte sie.
Er stand auf und folgte ihr, als sie das Zimmer verließ.
Draußen holte er sie schnell ein, um neben ihr zu gehen, und
fragte: »Wie heißt du?«
Sie drehte sich um und sah ihn ernst an, dann neigte sie
den Kopf leicht zur Seite, als wollte sie ihn noch besser betrachten können. Schließlich lächelte sie und antwortete mit
leiser, wohlklingender Stimme; »Ich heiße Alysandra.«
Er wusste nicht, was er sagen sollte. Sie raubte ihm die
Worte. Jede Erinnerung an Lela oder Meggie verschwand
angesichts der Schönheit dieser jungen Frau, und plötzlich
spürte er einen Schmerz in seiner Mitte.
Sie überquerten einen großen Hof und gingen auf einen
Flügel des Hauptgebäudes zu, in dem Talon noch nicht gewesen war.
Hastig sagte sie: »Dort hinein«, und zeigte auf eine Tür.
Dann drehte sie sich sofort um und ging, und Talon blieb mit
weit aufgerissenem Mund stehen und blickte ihr hinterher,
und alles, was er sah, schnürte den Knoten in seinem Magen
noch fester zusammen. Er wartete noch einen Moment, dann
betrat sie ein Nebengebäude, und er stand alleine da.
Schließlich nahm er sich zusammen und betrachtete die
Tür, vor der er stand. Es war eine schlichte Holztür mit einem
einfachen Knauf. Er packte

Weitere Kostenlose Bücher