Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 2
meiner Leute nach Opardum
schicke, könnte er genauso gut in Urlaub gehen, denn
niemand wird ihm ein Geschäft anbieten. Es sind
immer ihre Agenten, die in unseren Städten zu ihren
Bedingungen Geschäfte abschließen. Wenn wir das
nicht akzeptieren, kommt nichts zustande.«
»Und Ihr schneidet dabei schlecht ab?«
»Nein, sonst würde es mich nicht interessieren.
Häufig machen wir sogar guten Profit. Aber die
Grundlage des Handels besteht in regelmäßig benutzten Routen, auf denen Waren verlässlich geliefert
werden. Das hält den Markt lebendig. Dieses Zufallsprinzip … ich habe immer das Gefühl, dass mir
wegen dieses Systems hervorragende Gelegenheiten
entgehen. Ich denke, wenn ich mit Herzog Kaspar
reden und ihn vielleicht überzeugen könnte, mit einigen der wohlhabenderen Handelshäuser sprechen
oder sogar seinen Hof besuchen zu dürfen … wenn
ich nach einer Audienz beim Herzog zu den Büros
eines größeren Handelshauses wie Kasana oder dem
der Gebrüder Petrik kommen würde, müssten sie
meine Angebote ernst nehmen.«
Tal lauschte und nickte, als würde er zustimmen.
Bei sich dachte er: Und wenn du deinen Agenten in
Opardum platzieren kannst und er mit dem Schatzkanzler des Herzogs Handel treibt, hat der König der
Inseln zwei Augen und zwei Ohren in der Nähe eines
unruhigen Nachbarn.
»Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte Tal.
»Aber im Augenblick solltet Ihr Euch nicht zu viele
Hoffnungen machen.«
»Warum nicht?«
»Weil der Herzog mir wahrscheinlich einen Platz
an seinem Hof anbietet und ich ganz sicher ablehnen
werde.«
»Warum um alles in der Welt würdet Ihr das tun?«
»Weil es nicht in meinem Wesen liegt, einem anderen zu dienen«, log Tal. Er wusste, dass schon lange vor dem Essen bei Dawson am Fünftag halb Roldem wissen würde, dass Kaspar ihm eine Stellung
angeboten und er abgelehnt hatte. »Und außerdem
habe ich ein paar andere Aussichten, die mir besser
passen.«
»Nun, Ihr solltet ihn nicht zu heftig kränken«, sagte Quincy trocken.
»Ich werde es versuchen.«
Sie erreichten die Straße, in der Tal wohnte, und
trennten sich. Tal ging rasch zu seiner Wohnung, wo
Pasko und Amafi sich die Zeit mit einem Kartenspiel
vertrieben.
»Herr«, sagte Pasko und stand auf, als Tal hereinkam.
»Weck mich eine Stunde vor der Morgendämmerung«, wies Tal ihn an und ging zur Tür seines
Schlafzimmers. »Kleidung für die Jagd.«
»Eine Jagd?«
»Ja, der Herzog von Olasko hat mich eingeladen,
zusammen mit ihm ein paar hilflose Tiere niederzumetzeln, und ich werde der Einladung nachkommen.« Zu Amafi sagte er: »Morgen jage ich mit dem
Herzog. Wenn ich zurückkehre, werden wir mehrere
Villen und Landsitze in der Nähe besuchen. Dann
werde ich dich meiner Umgebung als meinen Diener
und Leibwächter vorstellen.«
»Euer Wohlgeboren«, erwiderte Amafi.
Pasko sagte: »Bring dein Bettzeug her. Du wirst
hier schlafen.« Er zeigte Amafi einen Platz auf dem
Boden nahe Tals Tür. »Ich schlafe in der Küche.«
Dann folgte Pasko Tal ins Schlafzimmer und
schloss die Tür. Während er ihm half, die modische
Jacke aufzuschnüren, flüsterte er: »Alles in Ordnung?«
»Ja«, flüsterte Tal zurück. »Wie ich Kaspars Ruf
kenne, werden die Tiere allerdings nicht so hilflos
sein, wie ich behauptet habe. Eher etwas Unangenehmes wie ein Löwe oder ein großer Eber.«
»Er scheint diese Art Mann zu sein«, erwiderte
Pasko.
»Was hältst du von unserem neuen Freund?«
»Er ist ein schlechter Kartenspieler.«
»Ein schlechter Spieler oder ein schlechter Betrüger?«
»Beides.«
»Was hast du sonst noch festgestellt?«, fragte Tal,
als Pasko das Leinenhemd über seinen Kopf zog.
»Er ist wie eine scharfe Klinge. Trotz seines Alters
sehr gefährlich. Er kann nützlich sein, aber nur, wenn
Ihr Euch nicht schneidet.«
»Ich verstehe.«
»Ich werde ihn eine Weile im Auge behalten«,
kündigte Pasko an.
»Er hat einen Schwur geleistet.«
»Das mag sein«, erwiderte der erfahrene Diener.
»Aber er wäre nicht der erste Mann in der Geschichte, der einen Schwur bricht.«
»Ich habe ihn zum Tempel von Lims-Kragma gebracht.«
Pasko dachte darüber nach, während er Tal die
Stiefel auszog. »Es gibt Leute, die sich nicht einmal
von der Todesgöttin einschüchtern lassen.«
»Ist er dir so vorgekommen?«
»Nein, aber kam Nakor Euch besonders gefährlich
vor, als Ihr ihm zum ersten Mal begegnet seid?«
»Ich verstehe, was du meinst. Ja, behalte ihn eine
Weile im Auge.« Tal zog die
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