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Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 2

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 2

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Konig der Fuchse
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Etablissements vorgestellt und dadurch dafür gesorgt, dass
sich seine Rückkehr herumsprechen würde, war aber
im Lauf des Tages zu dem Schluss gekommen, dass
er die Sache an diesem Abend ein wenig direkter angehen sollte. Ruthias Palast war der beliebteste
Spielclub in der Stadt, und er war dort gut bekannt
gewesen.
»Ja, Euer Wohlgeboren. Ich werde Euch sofort
nach dem Essen folgen.«
Tal ging in die Nacht hinaus, und auf dem gesamten Weg zum Spielclub rang er mit seinen Gefühlen.
Seit dieser Nacht in der Zitadelle hatte sich alles verändert. Nun hatte er das Gefühl, als säße er in einer
Falle, die nicht aus Holz oder Metall, sondern aus
Gedanken und Gefühlen bestand, ihn aber dennoch
vollkommen einengte.
Er stand ununterbrochen kurz vor einem Zornesausbruch, so intensiv war sein Bedürfnis, sich von
allem abzuwenden, was bisher sein einziger Lebenssinn gewesen war: der Wunsch, sein Volk zu rächen.
Nun fühlte er sich plötzlich gefangen von Kräften,
die ihn erst hierhin, dann dorthin zogen. Er quälte
sich einen Augenblick bei dem Gedanken an Teal
Eye, die einen weiteren schrecklichen Tag erlebte,
und er sehnte sich nach der schlichten Freude, die ein
Mann wie Lucien empfand, wenn man ihm sagte,
dass er gute Arbeit geleistet hatte.
Er hielt inne und lehnte sich im Eingang zu einem
Geschäft, das für die Nacht abgeschlossen war, an
die Wand, denn er fühlte sich, als könnte er keinen
einzigen Schritt mehr tun. Seine Magengrube schien
wegzusacken, und seine Brust zog sich zusammen.
Plötzlich brach er in Tränen aus. Schmerz, den er für
lange vergessen gehalten hatte, drängte von irgendwo tief drinnen herauf, dann Zorn darüber, was die
Götter ihm auferlegt hatten, und schließlich folgte
die Trauer um alle, die er verloren hatte. Beinahe eine halbe Stunde stand er an diesem stillen Ort und
ignorierte die wenigen Passanten, die ihm Blicke
zuwarfen und ihn wohl für betrunken oder vielleicht
auch für verrückt hielten. Dann erkannte er die Falle,
die sein eigener Verstand ihm stellte. In dieser Richtung lag nichts Gutes, ermahnte er sich. Er konnte
seinen Schwur nicht einfach brechen und aus dem
Dienst bei Kaspar ausscheiden. Ihm blieb nichts anderes übrig als weiterzumachen, bis er frei war oder
sterben würde. Aber um zu überleben, solange er in
Kaspars Diensten stand, musste er so unbeweglich
wie ein Felsen sein, so kalt wie Eis, so hart wie Stahl,
denn Gefühle konnten ihn schneller umbringen als
der gefährlichste Schwertkämpfer. Er blickte auf und
sah hinter den Wolken, die an der Küste entlangtrieben, ein paar Sterne aufblitzen. Er spürte den Wind,
der vom Hafen her kam, und die Kälte erinnerte ihn
an etwas: Er war nur so schwach, wie er es zuließ.
Seine Gefühle von Trauer, Zorn und Bedauern waren
alle ehrlich verdient und bezahlt mit dem Blut von
anderen, und er brauchte sich dafür nicht zu rechtfertigen, am wenigsten gegenüber sich selbst. Aber er
durfte sich ihnen nicht überlassen. Er musste diese
Gefühle anerkennen und dann loslassen; denn sich an
sie zu klammern, sie in seinem Herzen am Leben zu
halten, würde bedeuten, sich selbst zum Untergang
zu verurteilen und damit allem, was er bisher getan
hatte, den Sinn zu nehmen.
Wenn er überlebte und es ihm gelingen sollte,
Kaspar zu töten, konnte er sich hinterher immer noch
fragen, welches Schicksal die Götter ihm für seine
finsteren Taten zugedacht hatten. Wenn er überlebte,
konnte er Teal Eye suchen und sie aus der Gefangenschaft befreien. Wenn er überlebte, konnte er vielleicht in einer der Städte, die er kannte, ein wahres
Zuhause finden. Wenn er überlebte, konnte er vielleicht ein Gasthaus finanzieren, mit einem jungen
Küchenchef wie Lucien. Vielleicht würde er auch
wieder lieben können. Vielleicht würde er eines Tages Ehemann und Vater sein. Falls er überlebte.
Er holte tief Luft und richtete sich auf. Nie wieder
durfte er sich so von seinen Gefühlen überwältigen
lassen. Es war eine Gunst des Schicksals, dass es hier
geschehen war, wo sich niemand darum scherte. In
der Zitadelle hätte es vielleicht seinen Tod bedeutet.
Schritt um Schritt wuchs seine Entschlossenheit,
alle geistige Disziplin zu nutzen, die er sich antrainiert hatte, um sich vor sich selbst zu schützen. Bedauern, Zorn, Angst und Hass würden ihm nur schaden; das durfte er nicht vergessen.
Als er Ruthias Palast erreichte, war er wieder er
selbst, stark und bereit, und hatte sich

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