Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3
tun hatte, war es ganz bestimmt«, erklärte Kaspar. »Dennoch, er hätte mich auch mitten im Meer absetzen können.«
»Stimmt«, sagte Flynn.
»Und jetzt eure Geschichte.«
»Wir sind Kaufleute aus Vykorhafen«, begann Flynn.
Kaspar wusste sofort, dass Flynn log. Es war sehr viel wahrscheinlicher, dass sie Piraten waren und von Inseln in der Endlosen See aus operierten.
»Unsere Gruppe wurde von einem Kaufmann aus Krondor namens Milton Prevence zusammengestellt.
Als wir die Stadt am Schlangenfluss erreichten, war dort ein Clankrieg im Gang. Wir konnten nicht einmal in den Hafen gelangen, weil zwei Clans sich um die Herrschaft über den Hafen bekriegten. Also haben wir umgedreht und nach einem anderen Landeplatz gesucht.« Er zeigte auf seine Kumpane. »Zu Anfang waren wir dreißig.«
Kaspar nickte. »Ein paar Kaufleute und wie viele Wachen?«
Flynn schüttelte den Kopf. »Keine. Wir sind Händler, aber wir haben alle gelernt, auf uns selbst aufzupassen. McGoin hat als Filzmacherlehrling angefangen und ist dann in den Wollhandel eingestiegen. Danach war es Gesellschaftskleidung, und die Seide hier ist die beste, die du je gesehen hast, noch besser als die aus Kesh. Kenner hat sich auf Gewürze spezialisiert, je seltener, desto besser. Ich handle mit Edelsteinen.«
Kaspar nickte. »Alles leicht zu transportieren und nicht zu umfangreich, wenn man von der Seide einmal absieht.«
»Aber Seide ist leicht«, sagte McGoin. »Man kann den Frachtraum eines ganzen Schiffes damit voll packen, und es sinkt kaum mehr als einen Schritt tiefer unter die Wasserlinie.«
»Was ist also passiert?«
Kenner setzte die Geschichte fort. »Wir hatten zwei Möglichkeiten. Wir hätten uns nach Westen wenden und weiter nach Maharta segeln können, um den Vedra entlang Handel zu treiben: gute Gelegenheiten, viele exotische Waren, aber auch viele Kaufleute und nicht so günstige Geschäfte.«
»Und was war die andere Möglichkeit?«, fragte Kaspar.
»Es gibt eine Stelle, an der der Schlangenfluss sich nach Osten wendet und beinahe die Küste erreicht.
Vom Meeresufer bis zum Fluss ist es kaum eine Woche zu Fuß, also haben wir keine Pferde mitgebracht
– wir wollten einfach hier welche kaufen, wenn wir sie brauchten. Am Fluss gibt es eine Stadt, die Shingazis Anlegestelle heißt. Es war einmal ein kleiner Handelsposten, aber jetzt hat man dort eine gute Möglichkeit, flussaufwärts mitgenommen zu werden.«
Flynn lachte. »Wie verflucht arrogant wir waren!
Wir sind nicht gerade zimperlich, Kaspar, aber es waren dreißig von uns, als wir angefangen haben, und wir wussten alle, wie man auf sich aufpasst.
Aber je weiter wir nach Norden kamen, desto verrückter wurde es.«
»Wie lange bist du schon hier, Kaspar?«, unterbrach McGoin die Geschichte.
»Sechs, sieben Monate. Ich habe ein bisschen das Zeitgefühl verloren.«
»Wie weit nach Norden bist du gekommen?«, fragte Flynn.
»Mastaba.«
»Dann bist du nicht in der Nähe des Schlangensees gewesen«, sagte Flynn. »Die Region dort oben ist Niemandsland. Es gibt diese Nomaden…«
»Die Jeshandi. Ja, ich habe von ihnen gehört.«
»Sie verhindern, dass sich andere am See ansiedeln, aber es gibt dort oben auch noch andere Völker.
Südlich des Sees erheben sich die Sumanu-Berge, und dorthin wollten wir…«
»Immer der Reihe nach, Flynn«, sagte McGoin.
Flynn holte tief Luft, als bereitete er sich auf eine lange Geschichte vor. »Wir haben in Shingazis Anlegestelle ein Boot gefunden, einen gut gebauten Kahn mit breitem Kiel und geringem Tiefgang; die Art, die man auch staken oder mit Seilen ziehen kann. Mehrere von uns hatten Erfahrung mit dieser Art Boote, also haben wir angenommen, dass wir mit dem Ding umgehen könnten, bis wir Malabra erreicht hätten. Wir haben uns entschieden, Prevence zum Kommandanten der Expedition zu machen, und dann gab es einen Mann namens Carter, der ab Malabra der Kapitän sein sollte. Die Fahrt nach Malabra dauerte drei Monate. Eine Weile schien alles gut zu gehen. Dann hatten wir schlechtes Wetter und mussten am Ufer Schutz suchen. Ein paar Tage später stießen wir auf Banditen, die uns fünf Tage lang zu Pferd verfolgten, während wir versuchten, mitten auf dem Fluss zu bleiben. Sie haben drei Männer mit Pfeilen getötet, bevor sie aufgegeben haben.«
Kenner sagte: »Von da an hätten wir es eigentlich besser wissen sollen. Wir hatten keine einzige gute Handelsgelegenheit gefunden und bereits drei Leute verloren; wir hätten wissen
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