Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3
stand bereits aufrecht und mit dem Schwert in der Hand da, bevor ihm klar wurde, dass es Flynns Schrei gewesen war, der ihn aufgeweckt hatte. Er sah sich um und erkannte den Grund für Flynns Entsetzen. Rings um die Asche des Lagerfeuers lagen Leutnant Shegana und seine Männer, die Gesichter vor Entsetzen verzerrt, die Augen weit aufgerissen. Sie waren alle tot.
Auch Kenner war aufgesprungen und sah sich um, als wollte er im nächsten Augenblick die Flucht ergreifen. »Was ist los?«, rief er, als könnte eine Antwort den Schrecken verscheuchen. »Was ist?« Er schaute von einem Gesicht zum anderen. »Wer hat das getan?«
Kaspar steckte das Schwert weg. »Jemand oder etwas, das glaubte, diese Soldaten wären dem Pavillon der Götter zu nahe gekommen.«
»Wir werde alle sterben!«, schrie Kenner beinahe hysterisch.
Kaspar packte ihn an der Schulter und drückte ihm seinen Daumen tief ins Fleisch, damit die Schmerzen Kenner ablenkten. »Alle Menschen sterben. Aber heute sind wir noch nicht dran. Wenn das, was diese Soldaten umgebracht hat, uns töten wollte, wären wir jetzt nicht mehr am Leben.«
Kenner riss sich von Kaspar los, aber nun wirkte er konzentrierter, und seine Miene war nicht mehr von Entsetzen gezeichnet. »Warum?«, flüsterte er.
»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte Kaspar.
»Vielleicht eine Warnung?«
»Als ob wir noch mehr Warnungen brauchten!«, rief Flynn, dessen Angst dem Zorn gewichen war.
»Reiß dich zusammen, Mann«, befahl Kaspar.
»Man sollte annehmen, du wärst inzwischen an den Tod gewöhnt.«
Flynn sagte nichts dazu.
Kenner fragte: »Wie sollen wir die Vorräte und dieses… dieses Ding schleppen?«
Kaspar sah sich um, als das Morgenlicht heller wurde. »Wir müssen in kurzen Abschnitten reisen.
Wir tragen das Relikt und ein paar Lebensmittel für einen halben Tag, dann bleibt einer von uns bei den Sachen, während die anderen zurückkehren und den Rest holen. Es wird nur langsam vorangehen, aber wir haben zwei Wochen, um an unser Ziel zu gelangen und dann wieder hierher zurückzukehren. Ich nehme an, das Schiff wird noch ein paar Tage länger warten.«
»Dann sollten wir uns auf den Weg machen«, sagte Kenner.
Kaspar hatte die Rüstung an den Füßen gepackt.
Sie aus dem Sarg zu nehmen hatte die Last erheblich verringert, und die Seile, die sie zuvor für die Kiste benutzt hatten, ließen sich auch an der Rüstung anbringen. Kaspar hatte zwei Seile um ihre Füße gebunden und zog beide über seine Schultern. Er trug den schlimmsten Teil der Last, denn sie stiegen auf, sodass die Füße des Dings oft nach unten rutschten und gegen seinen Bauch oder die Oberschenkel schlugen, wenn er nicht aufpasste und die Seile nicht straff genug hielt. Die Männer wechselten die Positionen etwa jede Stunde, sodass sie alle am Ende des Tages blaue Flecken hatten.
Kaspar hatte sich das Schwert des Dings über die Schulter geschlungen, in einer improvisierten Scheide, die er aus ein paar Gürteln der toten Soldaten gefertigt hatte. Sie hatten einen ganzen Tag gebraucht, um eine flache Grube auszuheben und die Männer mit Erde zu bedecken. Kaspar verspürte so etwas wie Bedauern, als er Erde auf Leutnant Shegana schaufelte: Er war ein viel versprechender junger Mann gewesen, die Art Offizier, die der ehemalige Herzog gern in seiner Armee gehabt hätte.
Nun blickte er zum Himmel und rief seinen Freunden zu, sie sollten stehen bleiben. »Ich glaube, wenn wir zurückgehen und das restliche Gepäck holen wollen, sollten wir lieber anfangen, nach einem Lagerplatz zu suchen.«
Flynn nickte und sagte: »Dort oben scheint es flach zu sein.«
Sie stiegen noch ein paar Minuten weiter und fanden ein kleines Plateau. Die Baumgrenze war noch ganz in der Nähe, also sagte Kaspar: »Ich werde Holz für ein Feuer suchen und bei diesem Ding bleiben. Ihr beiden solltet ins letzte Lager zurückkehren und die Nacht dort verbringen. Am Morgen sammelt ihr so viel ein, wie ihr tragen könnt, und kommt hierher zurück.«
»Auf diese Weise werden wir nur langsam vorankommen«, wandte Flynn ein.
Kaspar warf einen Blick zu den Bergen, die über ihnen aufragten. »Wer weiß, wie lange es dauert, diese Hüter zu finden? Wir könnten tagelang hier oben sein. Und wenn es so kalt wird, wie es aussieht, werden wir Essen brauchen, damit wir bei Kräften bleiben.«
Kenner wirkte nervös. Er hatte die Augen weit aufgerissen. »Was, wenn… wenn dieses Ding denkt, dass Flynn und ich davonlaufen?«
Kaspar wurde
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