Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4
es schlecht gemacht
wird, kann man damit den Rumpf eines Kriegsschiffs
abbeizen, aber wenn es gut ist…« Er biss in den Korken
und zog ihn heraus. Mit der freien Hand tastete er in der
Kiste herum und brachte ein kleines Glas zum Vorschein.
»Man kann dieses Zeug nicht aus Steingut oder Metall
trinken, Jungs. Das verdirbt den Geschmack.«
»Wie heißt dieses Gebräu?«, fragte Tad.
»Sie nennen es Whiskey«, antwortete Caleb und füllte
das kleine Glas bis zum Rand.
»Das ist nicht sehr viel.« Zane kniff die Augen zusammen und betrachtete das kleine Gefäß, das nicht mehr
als zwei oder drei Unzen Flüssigkeit aufnehmen konnte.
»Ein wenig ist mehr als genug«, erwiderte Caleb,
kippte sich den Inhalt des Glases in den Mund und
schluckte. »Ah«, sagte er. »Probiert es.«
Er nahm ein zweites Glas heraus und füllte beide. »Ihr
könnt später lernen zu nippen, Jungs. Jetzt kippt es einfach und schluckt.«
Die Jungs taten, was er ihnen gesagt hatte, und einen
Augenblick später husteten beide heftig, und ihre Augen
tränten. Zane sagte heiser: »Verdammt, Caleb, willst du
uns vergiften?«
»Das Zeug ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig, Zane, aber ihr werdet es lieb gewinnen.«
»Es brennt wie heiße Kohlen«, sagte Tad und fuhr sich
mit dem Ärmel über die Augen.
»Lasst dem Whiskey eine Minute Zeit«, erklärte Caleb. »Er wird euch den Bauch wärmen.«
Zane schnalzte mit den Lippen. »Nicht, dass es mir
schmeckt, aber lass mich noch ein Glas versuchen.«
Caleb goss erneut ein, und die Jungen tranken. Diesmal husteten sie nicht, aber ihre Augen tränten immer
noch.
»Ich glaube, ich bleibe bei Bier«, sagte Tad.
»Ich weiß nicht«, murmelte Zane nachdenklich. »Dieses Zeug hat etwas an sich, das mir gefällt.«
»Du bist ein viel versprechender junger Mann, Zane
Caffrey«, sagte Caleb.
Tad lachte. »Ho! Ich kann spüren, wie es mir in den
Kopf steigt!«
»In Kinnoch sagen sie, es hat Biss, und sie wissen,
wovon sie sprechen.«
»Was hast du damit vor?«, fragte Tad.
»Ich bringe es meinem Vater als Geschenk mit. Es
gibt nicht viel, was ihm neu ist, also wird es ihm vielleicht gefallen.«
»Und warum gibst du es uns?«, fragte Tad. »Ich meine, vielen Dank, aber warum?«
»Um euch von einer eingebildeten Schmähung abzulenken«, sagte Caleb. »Wenn ich euch allein trinken ließe, würden zwei Dinge passieren.« Er hielt einen Finger
hoch, während er ihnen jeweils noch ein Glas eingoss.
»Als Erstes würdet ihr gnadenlos von den anderen Männern im Dorf geneckt werden, die wissen, dass ihr euch
nun beinahe ein Jahr um Ellie gestritten habt. Und zweitens würdet ihr euch mit Grame prügeln.«
Die Jungen tranken den Whiskey schnell; sie schienen
sich daran zu gewöhnen. Caleb füllte erneut ihre Gläser.
»Hier, trinkt noch einen.«
Die Jungen kippten ihr viertes Glas, und Tads Augen
fingen an sich zu schließen. »Du machst uns betrunken.
Ich kann es spüren.«
Caleb füllte die Gläser noch einmal und sagte: »Ein
weiteres Glas sollte genügen.«
Als Zane fragte: »Wozu genügen?«, war seine Aussprache schon ziemlich schleppend.
Caleb sprang vom Wagen. »Euch so betrunken zu machen, dass ihr keine Schlägerei mehr anfangen könnt.« Er
schubste Tad, der gewaltige Mühe hatte, sein Gleichgewicht wiederzuerlangen.
»Kommt mit«, sagte Caleb.
»Wohin?«, fragte Zane.
»Zurück zu eurer Ma und dann ins Bett. Ihr werdet in
fünf Minuten umfallen, und ich habe keine Lust, euch zu
tragen.«
Die Jungen hatten noch nie etwas so Starkes wie
Whiskey getrunken, und sie folgten Caleb ohne Widerspruch. Als sie das Haus erreichten, waren sie schon sehr
unsicher auf den Beinen.
Caleb schob sie ins Haus, und nachdem sie auf ihren
Schlafmatten lagen, kehrte er zum Festplatz zurück. Er
brauchte nur eine Minute, um Marie zu finden, die ihn
sofort fragte, wo er die Jungen gelassen hatte.
»Ich habe sie betrunken gemacht.«
»Als ob sie dazu Hilfe brauchten.« Sie sah sich nervös
um. »Wo sind sie?«
»Zu Hause, um ihren Rausch auszuschlafen.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Sie hatten nicht genug Zeit, um derart betrunken zu werden.«
Er zeigte ihr die Whiskeyflasche. Sie war beinahe leer.
»Für fünf Doppelte davon braucht man nicht viel Zeit.«
»Nun ja, wenigstens werden sie Grame und Ellie nicht
stören«, stellte Marie fest.
»Oder uns.« Caleb lächelte.
»Es ist mir gleich, wie betrunken sie sind, Caleb«, sagte sie. »Wenn sie im Haus sind, wirst du es nicht sein.«
Er grinste. »Ich
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