Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4
hinter sich schob und die Hand zum Schwert
griff bewegte.
»Wir haben im Kaiserreich viel Grund zum Jubeln!«,
rief der Kaiser. »Wir haben Frieden, und unsere Ernten
sind üppig. Dennoch, es gibt auch einen Grund zur Sorge.«
Sofort schwieg die Menge, denn das hätte mitten im
größten Fest des Jahres keiner erwartet.
»Im Herzen des Reiches, inmitten unseres
Wohlstands, gibt es Menschen, die daran arbeiten, unsere
Größe zu Asche zu machen! Es gibt Personen, die den
Dolch des Verrats ins Herz von Kesh stoßen wollen. Und
diese Verräter befinden sich mitten unter uns! Wehe dir,
Kesh, dass ein Mann solchen Schmerz erleben muss,
denn es sind jene, die er am meisten liebt und von denen
er die größte Freude erwartet, die ihm diesen schmerzlichen Verrat zufügen!«
Der alte Mann hob den knochigen Arm und zeigte auf
seine beiden Enkel. »Dort sind die Architekten des
Wahnsinns, die Verräter ihrer Familie, jene, die Blut in
das Haus bringen wollen, das ihnen Zuflucht gewährt hat.
Sie, meine eigenen Enkel, sind die Quelle aller Leiden,
die dem Kaiserreich zustoßen.«
Die beiden Brüder waren verblüfft. Seziotis Miene
zeigte, dass er seinen Sinnen kaum traute, und obwohl
Dangai darauf vorbereitet gewesen war, dass an diesem
Abend etwas geschehen würde, war auch seine Verwirrung offensichtlich. »Nun jedoch wird ihr Verrat ein Ende finden!«, rief der Kaiser. »Nehmt sie gefangen!«
Mehrere Gardisten zögerten, während zwei sich sofort
in Marsch setzten. Ein halbes Dutzend Bewaffneter trat
ihnen entgegen und forderte sie auf, sich zu ergeben. Sie
gehörten zur Inneren Legion, und ganz gleich, was der
Kaiser befahl, sie würden nicht zusehen, wie die Brüder
von der Hausgarde gefangen genommen wurden.
Viele Adlige wichen vor der Konfrontation zurück,
während andere sich vorwärts drängten, um besser sehen
zu können, was geschah. Die Situation hatte bald einen
kritischen Punkt erreicht, und Kaspar packte das Amulett
fester.
Plötzlich zogen die Mädchen am Fuß des Podiums
kurze Dolche aus den Kilts und schnitten den Männern
von der Hausgarde, die ihrem Kaiser nicht gehorcht hatten, von hinten die Kehlen durch. Blut spritzte aus den
Wunden, und der Kaiser schrie beinahe hysterisch:
»Mord!«
Amafi sagte: »Euer Wohlgeboren, hat der Kaiser
plötzlich den Verstand verloren?«
»Nein«, erwiderte Kaspar und zog sein Schwert. »Er
war schon lange Zeit verrückt.« Er ging an seinem Diener vorbei, nickte Pasko zu und stellte sich neben Prinz
Dangai.
»Greift sie an! Tötet sie!«, kreischte der Kaiser, und
die beiden verbliebenen Männer von der Garde versuchten, einen Schritt auf die Prinzen zuzumachen, aber sie
wurden von den Legionären zurückgehalten.
Angehörige von Dangais Legion bewegten sich
schnell durch die Mengen auf allen Ebenen und drängten
die Anwesenden, ruhig zu bleiben und dem Drama zwischen dem Kaiser und seinen Enkeln seinen Lauf zu lassen. Kaspar konnte viele Stimmen hören, die die Menschen in der Nähe aufforderten, einen klaren Kopf zu
bewahren, als mehr und mehr Leute unruhig wurden.
Viele wollten vom Platz fliehen und eilten die Stufen
zum unteren Bereich zur Straße hinunter, aber sie wurden
aufgehalten von denen, die sich näher herandrängten,
weil sie sehen wollten, was geschah.
Als Kaspar Dangais Seite erreichte, schrie der Prinz:
»Großvater! Was für ein Wahnsinn ist das? Es gibt hier
keinen Verrat!«
»Du behauptest, kein Verräter zu sein!«, rief der Kaiser, und Kaspar konnte sehen, wie die Adern am Hals des
alten Mannes hervortraten. Kaspar wusste, der Mann war
mehr als hundert Jahre alt, und trotz der Zauberei, die ihn
am Leben erhielt, musste sein Herz kurz vor einer Explosion stehen. Er hatte die Augen weit aufgerissen und war
rot angelaufen. Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn.
»Und dennoch stehst du neben einem ausländischen
Provokateur!« Er zeigte auf Kaspar und den Prinzen und
schrie: »Tötet sie!«
Einen Augenblick lang regte sich niemand, dann
drängten sich die zwanzig jungen Frauen nach vorn,
kreischten schrill und hoben ihre Dolche. Die ersten Legionäre, die versuchten, sie aufzuhalten, wurden getroffen, und mehrere fielen, während andere mit tiefen blutenden Wunden zurückwichen.
»Verteidigt euch!«, rief Kaspar und trat zwischen die
kaiserliche Familie und eines der Mädchen. Dangai
schrie er zu: »Bringt Eure Kinder hier weg!« Dangai
nahm seinen Jüngsten, einen Jungen von zehn Jahren,
und schob ihn mit der linken Hand auf seine Mutter
Weitere Kostenlose Bücher