Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4
des Spaltkriegs, die Pug ihm und Caleb erzählt hatte, als
sie noch Kinder gewesen waren, und die Berichte von
Tomas, wenn die Jungen Elvandar besuchten.
Hin und wieder hatte Magnus das seltsame Gefühl,
dass ebenso wie sein Vater und sein Großvater vor ihm
auch er geprüft werden würde. Er fürchtete, bei dieser
Prüfung zu versagen, denn er wusste, dass er ebenso wie
seine Vorfahren die Folgen seiner Entscheidungen nicht
allein tragen würde.
Nur Magnus’ Mutter schien imstande zu sein, sich von
solchen Sorgen zu distanzieren. Miranda war schlicht der
Ansicht, dass das Böse ohne die Einmischung des Konklaves erheblich leichter an die Herrschaft gelangen
könnte. Magnus versuchte, nicht zu oft über solche Themen mit ihr zu sprechen; er spürte, dass seine Mutter ihrem Vater in dieser Sache ähnlicher war, als sie zugeben
wollte.
Nun sagte er: »Es ist bedauerlich, dass jene, die den
Talnoy fanden, die meisten Schutzzauber zerstörten, als
sie dieses Ding aus seiner Höhle holten.« Wieder fragte
er sich, wie die Erhabenen reagieren würden, wenn sie
wüssten, dass in dieser riesigen Höhle in Novindus noch
weitere zehntausend solcher Geschöpfe warteten. Zum
Glück waren die Schutzzauber um diese Höhle intakt.
Nakor, Magnus, Pug und Miranda hatten viel Zeit dort
verbracht und versucht, Macros’ Geheimnisse zu ergründen.
Magnus sah, dass die drei Erhabenen ihn anstarrten,
als erwarteten sie, dass er fortfuhr, also sagte er: »Vielleicht konnte mein Vater noch mehr herausfinden, seit
ich zum letzten Mal mit ihm gesprochen habe.«
Sie nickten, und Magnus war frustriert. Er hatte, nur
eine Stunde bevor er nach Kelewan gegangen war, mit
seinem Vater gesprochen, also bezweifelte er, dass Pug
seitdem ein Durchbruch gelungen war. Er war außerdem
abgelenkt gewesen von Nachrichten aus Groß-Kesh, wo
sich wieder Nachtgreifer gezeigt hatten. Er seufzte. »Ich
werde mit ihm sprechen und in zwei Tagen hierher zurückkehren. Ich weiß, er möchte sofort über den neuen
Spalt informiert werden, den Ihr erwähnt habt.«
Illianda trat vor. »Bitte sagt ihm auch, dass wir glauben, einen gewissen Fortschritt gemacht zu haben. Wie
ich schon erwähnte, können wir dank der Zusammenarbeit mit einigen der mächtigeren Priester aus einer Anzahl von Tempeln nun mit Sicherheit davon ausgehen,
dass es keine Seele ist, die dieses Ding bewohnt, sondern
ein Geist.«
»Ich kann da keinen wirklichen Unterschied erkennen«, wandte Magnus ein.
»Um der Kürze willen werde ich den größten Teil der
ausführlichen Gespräche mit den Priestern für Euch zusammenfassen: Die Seele ist eine spezifische geistige
Qualität, die einem Individuum eigen ist, und dieser Teil
begibt sich beim Tod des Körpers zu den Göttern. Der
Geist hingegen ist eine Form von Lebensenergie, und das
ist es, was den Talnoy antreibt.«
Magnus zog die Brauen diesmal höher, und er schien
ehrlich überrascht. »In anderen Worten, es spukt in ihnen?«
»Die Energie, die einmal der Seele diente, ist nun in
diesem Geschöpf gefangen. Nach unserer Erfahrung sind
Seele und Geist eng miteinander verbunden, aber in diesen Geschöpfen, oder genauer den Geschöpfen, die die
Lebensenergie für den Talnoy lieferten, scheint das nicht
der Fall zu sein. Mit anderen Worten, es handelt sich im
Grunde nur um eine andere Form von Energie.«
»Und was können wir daraus schließen?«
»Zwei Dinge«, sagte Fomoine. »Erstens, dass die meisten Priester nichts gegen dieses Ding ausrichten können,
da wir es nicht wirklich mit einer Seele zu tun haben – «
»Immer vorausgesetzt, die Geschöpfe der unteren Kreise haben Seelen, wie wir sie verstehen«, erklärte Savdari.
Fomoine warf seinem Kollegen einen finsteren Blick
zu. » – und daher werden Exorzismen, durch einen Priester ausgesprochene Verbannungen und Ähnliches keine
Auswirkung auf einen Talnoy haben. Es bedeutet auch,
dass es sich um geistlose Gegenstände handelt und dass
der Kontrollzauber, mit dem der Ring arbeitet, den Ihr
uns gegeben habt, ein wahres Wunder darstellt, denn er
interpretiert die Absicht des Trägers und übersetzt sie
dann in Befehle für den Talnoy.« Er senkte die Stimme
und fügte hinzu: »Was wiederum bedeutet, dass diese
Geschöpfe über ausgesprochen begabte Magier verfügen
müssen.« Dann lächelte er. »Aber es gibt auch eine gute
Seite: Da es sich um eine Art von Lebenskraft handelt,
hat sie Grenzen.«
»Grenzen?«, fragte Magnus. »Wie kann das sein?
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