Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 5
ganz
ähnlich, wie Ihr glaubt, dass die Angehörigen eurer
Nation ›normal‹ sind und alle anderen ›fremdartig‹.«
Er sah von einem Gesicht zum anderen. »Auf meiner
Welt werdet Ihr die Fremden sein, also sollten wir
am besten eine Rolle finden, die den Dasati ohnehin
ein wenig suspekt ist. Verfügt Ihr über Heilkünste?«
»Ich kenne mich ein wenig mit Kräutern aus«,
antwortete Nakor, »und ich weiß, wie man Wunden
verbindet.«
»Auf unserer Welt wird das Heilen von Ärzten
und Priestern erledigt«, sagte Pug, »aber ich weiß
ebenfalls über die Grundlagen Bescheid.«
»Dann werdet Ihr Angehörige der Gilde der Behandler sein.«
»Behandler?«, fragte Magnus.
»Alle, die nicht zur herrschenden Klasse gehören,
sind als ›Geringere‹ bekannt«, sagte Martuch. »Behandler werden besonders verachtet wegen ihres Impulses, sich auch um jene zu kümmern, die nicht ihrer unmittelbaren Familie angehören.«
»Aber Ihr ertragt ihre Gegenwart?«, fragte Pug.
»Ja«, sagte Nakor. »Weil sie nützlich sind!«
Martuch lächelte, und einen Augenblick hatte Pug
das Gefühl, dass es mehr hinter dieser strengen Fassade gab. »Genau. Ihr versteht das Konzept. Die, die
man fürchtet, versucht man zu befrieden. Die, die
eine Gefahr sein könnten, vernichtet man. Wenn einer hingegen weder furchterregend noch gefährlich,
aber nützlich ist, behält man ihn in der Nähe. Man
macht diese Leute zu Abhängigen und schützt sie vor
anderen, die vielleicht auf die Idee kommen könnten,
sie zu vernichten.« Martuch machte eine umfassende
Bewegung. »Hinter diesen Mauern liegt eine Stadt,
die mehr mit Euren Welten gemein hat als mit der
meinen. Die Leute hier sind zwar entfernte Verwandte meines Volks, aber sie haben lange genug an diesem verdrehten Ort gelebt, diesem Ort halb zwischen
der ersten und der zweiten Ebene, dass viele unserer
… unserer Wege bei ihnen in Vergessenheit gerieten. Hier gibt es Kaufleute, Händler und Unterhalter, ganz ähnlich wie auf Eurer Welt. Nach unseren
Maßstäben sind unsere entfernten Vettern auf Delecordia sorglos bis zum Rand des Wahnsinns, und
jene auf Eurer Welt betrachten wir als vollkommen
verrückt.«
»So viel zu lernen«, seufzte Pug.
Nun mischte sich Bek ein. »Ich verstehe kein Wort
von all dem. Ich möchte einfach etwas tun.«
»Bald«, versuchte Nakor den ruhelosen jungen
Mann zu beruhigen.
»Bek«, sagte Martuch, »wir sind für heute fertig.
Warum geht Ihr nicht hinaus und schnappt ein wenig
frische Luft?«
Bek warf einen Blick zu Nakor, der nickte, und
nachdem der junge Mann gegangen war, fragte der
Isalani: »Warum wolltet Ihr, dass er geht?«
»Weil er vieles von dem, was ich sagte, nicht begreift, aber in mancherlei Hinsicht ist er mehr Dasati,
als Ihr anderen Euch vorstellen könnt.« Er blickte
Nakor an. »Er folgt Euch?«
»Er wird tun, was ich ihm sage, zumindest noch
eine Weile.«
»Behaltet ihn im Auge.« Dann wandte er sich an
Pug: »Warum habt Ihr ihn mitgebracht?«
»Man hat mich angewiesen, es zu tun«, antwortete
Pug.
Martuch nickte, als wäre das alles, was er wissen
musste. »Er könnte wichtig sein.«
Nakor sah Magnus an, dann sagte er: »Ich muss
Euch etwas fragen, Martuch.«
»Was?«
»Warum helft Ihr uns, ohne auch nur unsere Absichten zu kennen?«
Martuch antwortete: »Ich weiß mehr, als Ihr ahnt,
Nakor der Isalani. Euer Kommen war nicht unangekündigt. Wir erhielten schon vor Monaten Nachricht,
dass jemand von der ersten Ebene der Wirklichkeit
Zugang zu meiner Welt sucht.«
»Nachricht?«, fragte Pug. »Von wem?«
»Ich weiß nur einen Namen«, sagte der Führer.
»Kalkin.«
Pug war verblüfft. Selbst Nakor riss die Augen
auf. Magnus war der Erste, der wieder etwas sagte:
»Das bedeutet nicht, dass es wirklich Kalkin oder
Banath war. Es könnte einfach jemand gewesen sein,
der den Namen benutzte.«
»Aber wer würde davon wissen?«, fragte Pug.
»Wer außer dem innersten Kreis des Konklaves weiß
auch nur von Kaspars Vision auf dem Dach des Pavillons der Götter?«
»Und deshalb, meine Freunde, werde ich Euch
vielleicht helfen, wenn sich zeigt, dass Ihr ertragen
könnt, was getan werden muss, um auf den DasatiWelten zu überleben. Denn ob Ihr es wisst oder
nicht, wir spielen das Spiel der Götter, und es ist viel
mehr in Gefahr, als Ihr Euch vorstellen könnt. Nicht
nur Eure Welt, sondern meine Welt ebenfalls. Gewaltige Gefahr umgibt uns: Ganze Völker könnten
sterben.«
Vierzehn
Feier
Pug schlug
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