Feist, Raymond E. - Krondor Saga 02
nicht nur sein eigenes Banner als Admiral der Königlichen Flotte des Westens gehisst, sondern auch das des Prinzen, und Schiffe räumten jetzt den Hafen, als er auf die königlichen Docks zusegelte.
Der immer aufmerksame Zeremonienmeister deLacy hatte bei den Docks eine Wache aufstellen lassen und dafür gesorgt, dass auch die Prinzessin mit den Kindern dort wartete. Arutha ließ die Zeremonie jedoch nur einen winzigen Moment über sich ergehen und gab seiner Frau und seinen Kindern einen flüchtigen Kuss. Dann entschuldigte er sich, James und Amos mit der Begründung, dass sie zu einem wichtigen Treffen mit seinem Stab mussten.
Anita kannte ihren Ehemann gut genug, um zu begreifen, dass die Angelegenheit wirklich dringend war, und so zog sie sich mit den Kindern in die königlichen Gemächer zurück. Arutha gab den Befehl aus, dass die besten Übersetzer der keshianischen Sprache zu ihm kommen sollten, sobald er frische Kleider angelegt hatte.
William verabschiedete sich von James und eilte zu den Quartieren der unverheirateten Offiziere, wo er Dutzende von Fragen über sich ergehen lassen musste, während er sich eiligst daranmachte, zu baden und eine frische Uniform anzuziehen.
Gordon O’Donald kam die Treppen hoch, als William gerade seine Stiefel polierte. »William!
Bester Freund, wie sieht es aus?«
William lächelte. »Bester Freund?«
»Das ist dafür, dass Treggar eine Zeit lang mit dir unterwegs war. Ich würde nicht behaupten, dass es jetzt der reinste Himmel hier ist, aber es kommt dem schon sehr nahe.«
William blickte ihn skeptisch an. »Ich glaube, du urteilst zu hart über den Hauptmann, Gordon.
Glaub mir, in einem Kampf ist absolut Verlass auf ihn.«
Gordon rieb sich das Kinn. »Nun, wenn du das sagst. Auf jeden Fall ist es in der Offiziersmesse um einiges ruhiger gewesen, als er nicht da war.«
William kicherte. »Wie sehe ich aus?«, wollte er dann wissen.
»Wie ein frisch gewaschener Leutnant.«
»Gut. Ich muss zurück zum Audienzzimmer des Prinzen.«
»Ah, ich dachte schon, du wolltest deine kleine Freundin drüben im RegenbogenPapagei besuchen.«
William hatte schon einen Fuß auf die nächste Stufe gesetzt und wäre beinahe gestolpert, so schnell drehte er sich bei diesen Worten um.
»Talia?«
»Ich habe sie ein paar Mal besucht, während du nicht da warst«, sagte O’Donald.
Williams Miene verfinsterte sich, und Gordon fügte rasch hinzu: »Als guter Freund natürlich.«
»Natürlich«, wiederholte William mit einem grimmigen Lächeln.
O’Donald stieß ein theatralisches Seufzen aus.
»Was auch sehr vernünftig war. Das Mädchen will ohnehin nichts von mir wissen. Und auch nicht von irgendeinem anderen Burschen. Scheint, als hättest du dir da einen echten Schatz angelacht, Will.«
William konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Wirklich?«
O’Donald gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. »Lass den Prinzen nicht warten. Ich bin sicher, du hast später noch genug Zeit, Talia zu besuchen.«
William war durch Gordons Bemerkung so in Gedanken versunken, dass er beinahe die Treppe hinuntergefallen wäre und sich gerade noch rechtzeitig am Geländer festhielt. Gordon lachte. »Nun mach schon, du solltest den Prinzen wirklich nicht warten lassen.«
William eilte durch die Waffenkammer und über den Exerzierplatz auf den Palast zu. Als er ankam, trafen auch die anderen gerade ein.
William blickte sich um, und James winkte ihn zu sich, um neben ihm in der Nähe des Prinzen Platz zu nehmen. Zwischen dem Prinzen und James stand ein Stuhl für den Hofmarschall von Krondor, der jedoch leer blieb, seit Gardan nicht mehr da war. Amos nahm ebenfalls an der Beratung teil, außerdem Hauptmann Guruth, Sheriff Means und Hauptmann Issac, der die Königliche Palastwache befehligte.
»Ein halbes Dutzend Schreiber, die die ungewöhnlicheren keshianischen Dialekte beherrschen, arbeitet daran, die Schriftrollen zu entziffern. Vater Belson vom Tempel von Prandur untersucht die Truhe und wird gleich zu uns stoßen, um uns einen ersten Eindruck zu vermitteln«, sagte Arutha.
Er blickte die beiden Hauptleute und den Sheriff an. »Da nicht alle bei uns gewesen sind, möchte ich gerne unsere Situation erläutern.«
Selbst nach zehn Jahren im Dienste des Prinzen bewunderte James noch immer Aruthas scharfen Verstand. Der Prinz beherrschte hervorragend die Kunst, ohne überflüssige Ausschmückungen alle nötigen Informationen zu liefern und nur solche Einzelheiten
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