Feist, Raymond - Krondor-Saga 3
allein sein.«
Talia begann vor seinen Augen zu verschwinden.
William streckte die Hand nach ihr aus, doch seine Finger glitten durch sie hindurch wie durch Rauch.
Weinend rief er: »Talia, bitte bleib hier!«
Auch in Talias Augen standen Tränen, und als sie ihm antwortete, klang ihre Stimme so sanft wie eine flüsternde Brise. »Sag Lebewohl zu mir … bitte …«
Im letzten Augenblick, bevor sie sich völlig in Nichts auflöste, flüsterte William: »Leb wohl, meine Liebe …«
Plötzlich wurde sein Körper von fürchterlichen Schmerzen gemartert, und seine Lungen brannten, als stünden sie in Flammen. Er rollte sich zur Seite, würgte und erbrach das Wasser, das sich in seinen Lungen gesammelt hatte. Keuchend versuchte er sich aufzusetzen und spürte starke Hände, die ihm dabei halfen.
Er blinzelte, und allmählich klärte sich sein Blick. Er war klatschnass und trug die Rüstung, die er getragen hatte, als er Bär gegenübergestanden hatte, nicht mehr die mystische Panzerung, die er beim Kampf gegen die Dämonen getragen hatte.
Er erkannte verschwommen ein Gesicht, das langsam deutlicher wurde. Ein Mann mit einer mächtigen Adlernase betrachtete ihn eindringlich.
»Ich kenne Euch!«, sagte William nach einem kurzen Augenblick.
»Ja, mein junger Freund«, sagte der Mann, der am Flussufer auf den Fersen hockte und William musterte.
»Ihr seid der junge Offizier, dem ich vor ein paar Wochen begegnet bin; da habt Ihr einen Würdenträger aus einem fremden Land auf der Jagd begleitet, wenn ich mich recht erinnere. Mein Name ist Sidi.
Ich habe Euch im Fluss treiben sehen, und da es sehr ungewöhnlich ist, einen Mann schwimmen zu sehen, der eine Rüstung trägt, habe ich geschlossen, dass Ihr möglicherweise ein bisschen Hilfe gebrauchen könntet. Es scheint so, als hätte ich Recht gehabt.«
William schaute sich um. »Wo bin ich?«
»Ganz offensichtlich am Flussufer.« Sidi deutete flussabwärts und fügte hinzu: »In dieser Richtung liegt ein Ort namens Haldenkopf, und ein Stück dahinter kommt das Meer.«
William ließ erneut seine Blicke schweifen. Sie befanden sich in einem Waldgebiet, und außer Bäumen war in der Nähe nicht viel zu sehen. »Was macht Ihr hier?«
»Ich habe nach jemandem gesucht.«
»Und nach wem?«
»Nach einem mörderischen Schlächter, der den Namen Bär trägt.«
William spürte, wie die Benommenheit allmählich von ihm abfiel. »Es ist besser für Euch, dass Ihr ihn nicht gefunden habt. Ich habe ihn mit dreißig regulären krondorianischen Soldaten gestellt, und er hat uns ganz allein vernichtend geschlagen.«
»Das Amulett«, sagte Sidi. Er nickte vor sich hin.
Schließlich sagte er: »Kommt. Wir können uns unterhalten, während wir gehen.«
»Ihr wisst von dem Amulett?«, fragte William.
»Wie ich Euch letztes Mal, als wir uns begegnet sind, schon gesagt habe, bin ich ein Händler, ein Reisender, der mit seltenen, kostbaren Dingen ebenso handelt wie mit eher gewöhnlichen Gütern. Das Amulett ist ein besonders altes und kostbares Artefakt. Unglücklicherweise verleiht es demjenigen, der es trägt, nicht nur bedeutende Macht, sondern hat auch die Neigung, ihn in den Wahnsinn zu treiben. Es war dazu gedacht, im Besitz eines Magiers von großer Macht und Intelligenz zu sein und nicht einem Tier wie Bär in die Hände zu fallen.«
»Wie ist er denn daran gekommen?«
Sidi blickte William von der Seite heran. »Wie er daran gekommen ist, ist unerheblich. Die wesentlich wichtigere Frage ist, wie wir es zurückbekommen.«
»Wir?«
»Wenn, wie Ihr bemerkt habt, einunddreißig junge Soldaten Bär nicht überwältigen konnten, wie könnte ich dann hoffen, dass es mir – einem einzelnen alten Mann –
gelingen könnte?« Er lächelte. »Doch wenn Ihr und ich zusammenarbeiten …« Erließ das Ende des Satzes in der Luft hängen.
»›Du wirst bei dem, was vor dir liegt, nicht allein sein‹, hat er gesagt«, murmelte William.
»Was?«
William warf Sidi einen Blick zu. »Ich glaube, man hat mir gesagt, dass Ihr mir helfen würdet.« Er schaute an sich herab und blickte dann noch einmal seinen Begleiter an.
»In Anbetracht der Tatsache, dass ich unbewaffnet bin …«
»Waffen können gegen das Amulett genauso wenig ausrichten wie Magie. Man kann Bär nur mit Hilfe von Finten und Täuschungen angreifen. Aber ich habe meine Mittel, mein junger Freund. Sorgt dafür, dass ich nahe genug an Bär herankomme, und ich werde Euch helfen, ihm das Amulett abzunehmen. Ihr führt
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