Feist, Raymond - Krondor-Saga 3
oder sogar … in der Perle!«
Entschlossen schritt Solon auf den Altar und die darauf ruhende Perle zu.
»Nein!«, schrie der untote Magier.
Solon hob den Hammer und ließ ihn mit einem gewaltigen Hieb auf die Perle krachen. Auf der schwarzen Oberfläche zeichneten sich kurz wütende Energien ab, dünne Linien aus heißem weißem Feuer zogen sich wie ein feines Gitternetz über die gesamte Kugel. Er schlug erneut zu, und von der Perle stieg ein dunkler Nebel auf. Ein dritter Hieb zerschmetterte die Perle – sie explodierte förmlich, und zwar mit solcher Macht, dass der Ishap-Mönch rücklings quer durch den ganzen Raum geschleudert wurde.
Der untote Magier betrachtete das Geschehen mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen. »Was hast du getan?«, sagte er leise.
Kendaric spürte, wie sein Arm losgelassen wurde. Der Untote drehte sich um und sagte: »Noch habt ihr nicht gewonnen, Gildenmann.«
Der zweite Skelettkrieger begann zu zittern, und seine Bewegungen wurden langsamer. James stolperte nach hinten von ihm weg. Er war kaum noch in der Lage, die Arme zu heben, und Jazhara packte rasch zu und stützte ihn. Die Kreatur machte noch ein, zwei torkelnde Schritte, als wäre sie betrunken, und brach dann mit lautem Geschepper zusammen.
Der untote Magier tastete nach Kendaric. »Ich bin noch nicht fertig mit dir, mein Freund.«
Kendaric streckte die Hand aus; er griff nach dem Heft seines Schwertes, das noch immer aus dem Bauch des untoten Magiers ragte. Er drehte die Klinge, und das Gerippe krümmte sich vor Schmerzen.
»Aber ich bin mit dir fertig!«, erklärte Kendaric. »Jetzt ist es für dich an der Zeit, endlich zu sterben.« Er riss die Klinge zurück, und der untote Magier erzitterte vor Schmerzen und sank auf die Knie. Ohne auch nur einen winzigen Augenblick zu zögern, drehte Kendaric sich leicht zur Seite und führte einen Hieb gegen den Nacken des Untoten. Die Haut riss auf wie trockenes Papier, und die Knochen brachen wie dürres Reisig. Der Kopf des Gerippes fiel von den Schultern und kullerte über den Fußboden.
James hatte einen Arm um Jazharas Schultern gelegt.
»Nun, das war wirklich interessant«, sagte er.
Solon rappelte sich auf; er hatte eine Vielzahl kleiner Schnitte im Gesicht, die von den Splittern der zerborstenen Perle stammten. »Das ist zwar nicht unbedingt das Wort, das ich gebrauchen würde, aber ich verstehe, was Ihr meint.«
»Und was jetzt?«, fragte Kendaric.
»Wir sollten uns gut umsehen«, sagte James. »Es könnte sein, dass sich hier unten noch andere Kreaturen herumtreiben, die Ärger machen könnten.«
»Ich bin der Ansicht, wir sollten diesen Ort mit Feuer reinigen, wenn wir gehen«, sagte Jazhara.
»Ja«, stimmte Solon ihr zu. »Das Böse ist hier so fest verwurzelt, dass dieser Ort geläutert werden muss. Und wenn wir warten, bis mein Tempel meine Brüder hierher schickt, um die Läuterung durchzuführen, könnte viel von dem Bösen, das sich hier befindet, längst woanders einen neuen Zufluchtsort gefunden haben.«
Sie gingen dorthin, wo der kopflose Leichnam des jetzt endgültig toten Magiers lag. In der Nische, aus der er aufgetaucht war, befand sich eine Tür. Sie traten hindurch und gelangten in einen großen Raum, der dem untoten Magier ganz offensichtlich als Privatquartier gedient hatte.
Unmengen von großen und kleinen Krügen standen auf unzähligen Tischen, und in der hintersten Ecke des Raumes war ein Käfig an den steinernen Wänden befestigt.
Im Innern des Käfigs hockte eine Kreatur, die ein bisschen an das Ding erinnerte, dem sie in den Abwasserkanälen von Krondor begegnet waren. Die Kreatur starrte sie aus schmerzerfüllten Augen an und winkte sie mit einer klauenartigen Hand zu sich heran. Sie traten langsam näher. Als sie dicht vor dem Käfig standen, öffnete das Wesen den Mund. »Bitte …«
Jazharas Augen füllten sich mit Tränen. »Hat denn all das Übel niemals ein Ende?«, flüsterte sie.
»Anscheinend nicht«, sagte Solon.
Während die Kreatur erneut den Mund öffnete, bewegte sich James hinter sie. »Solche Schmerzen … bitte …«
Mit einer blitzschnellen Bewegung stieß James dem Kind, das zu einem Monster geworden war, das Schwert in den Nacken; ohne einen Laut von sich zu geben, sackte die Kreatur in sich zusammen. James’ Gesicht war eine wütende Maske.
Jazhara warf ihm einen Blick zu, sagte aber nichts.
»Es war ein Akt der Barmherzigkeit«, brach Solon schließlich das Schweigen.
»Und was jetzt?«, fragte
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