Feist, Raymond - Krondor-Saga 3
Erdgeschoss. Durch eine Tür am hinteren Ende der Halle konnten sie ein weiteres Loch in der Außenmauer sehen.
Das war ganz offensichtlich der Weg, auf dem der Mann namens Bär das Gefängnis verlassen hatte.
Dennison, der Gefängnis-Schreiber, saß auf einem Stuhl und presste sich einen kalten nassen Lappen an den Kopf.
Als sie eintraten, schaute er auf und sagte: »Dank sei Dala, die die Schwachen und Frommen beschützt. Wer weiß, was sie noch Schlimmes mit mir angestellt hätten, wenn Ihr nicht gekommen wärt.«
William schaute sich in dem Raum um. »Was ist hier geschehen?«
»Ich wurde von einem Donnerschlag zu Boden geworfen, und dann bin ich durch einen zweiten fast bewusstlos geworden. Der Stuhl hier, auf dem ich sitze, ist auf mich gefallen und hat mich am Kopf getroffen.« Der Schreiber rieb sich über eine hässliche Beule an seiner Stirn. »Als sie angekommen sind, ist mir von dem Stuhl Blut den Kopf heruntergelaufen, und ich habe so getan, als wäre ich tot. Sie haben alle Wachen in den Unterkünften getötet.« Er deutete auf die Tür, die in den größten Raum im Obergeschoss führte. »Jemand mit einer kräftigen, tiefen Stimme hat die Befehle gegeben, aber ich habe die ganze Zeit die Augen nicht aufgemacht, sodass ich Euch nicht sagen kann, wie er aussieht. Aber einen seiner Männer habe ich ganz kurz gesehen.«
»Und? Habt Ihr ihn erkannt?«
»Ich glaube schon. Ich habe ihn früher schon einmal gesehen. Es geht das Gerücht, dass er der Bootsmannsmaat vom Düsteren Michael, dem Piraten, wäre.«
James kniff die Augen zusammen. Er hatte in seinem Leben schon viele Lügner gesehen, und dieser Mann hier war ein ziemlich schlechter. »Der Düstere Michael? Woher kennt ein gesetzestreuer Diener der Krone wie Ihr einen solchen Mann?«
Der Schreiber blinzelte. »Es ist bekannt, dass ich gerne trinke, und gelegentlich verirre ich mich dann in die weniger angenehmen Schänken unten am Hafen.« Er begann etwas schneller zu sprechen. »Aber vielleicht irre ich mich ja auch. Es ist alles so schnell gegangen, und ich habe ihn auch nur einen kurzen Augenblick gesehen, bevor ich meine Augen wieder zugemacht habe. Ich meine, vielleicht war es ja auch jemand anders …« Seine Stimme wurde leiser, während er sich unbehaglich im Zimmer umblickte.
James warf Jazhara und William einen Blick zu, woraufhin William ein Stück auf die Treppe zuging, während Jazhara sich zwischen den Schreiber und das Loch in der Außenmauer stellte. »In Anbetracht der Tatsache, wie gründlich sie dabei waren, alle anderen zu töten«, sagte James, »was glaubt Ihr – warum haben sie Euch am Leben gelassen?«
Dem Schreiber wich die Farbe aus dem Gesicht. Er stammelte: »Wie ich schon gesagt habe, Junker, ich habe so getan, als wäre ich tot.«
»Merkwürdig, dass sie Euch nicht genauer untersucht haben«, meinte Jazhara kühl.
James nickte William zu. Dann trat der Junker vor und packte den schlanken Schreiber an seinem Hemd. »Es ist mehr als nur ein bisschen merkwürdig, dass sämtliche Leute in diesem Gefängnis getötet wurden – mit Ausnahme von Euch und dem Betrunkenen im Keller.«
»Und der Betrunkene hat nur deshalb überlebt, weil er in einer getrennten Zelle untergebracht war«, bemerkte William.
James drehte den Schreiber so, dass sein Rücken nun zur Wand zeigte. »Die Banditen wussten ganz genau, wann es am leichtesten war, das Gefängnis zu überfallen. Wer weiß über die Pläne der Wachablösungen Bescheid?«
Der Schreiber wurde noch blasser, während er stotterte:
»Der Sheriff! Und die Wachtmeister!«
»Und Ihr!«, sagte William eindringlich. Er stand jetzt dicht bei dem Mann. »Diese Söldner haben ein Mädchen getötet – ein Mädchen, das ich geliebt habe! Ich glaube, Ihr wisst mehr, als Ihr uns sagt. Also am besten heraus damit, bevor ich Euch dazu zwinge.«
Der Schreiber hob beschwichtigend die Hand. Er zitterte vor Furcht und schaute flehentlich von William zu James und danach zu Jazhara. »Bitte, meine Herren! Ich habe wirklich nicht die geringste Ahnung!«
William zog seinen Dolch und hielt dem Mann die Spitze an die Kehle. Ein paar Tropfen Blut rannen Dennisons Hals hinunter. »Ihr lügt! Sprecht Euer letztes Gebet!«
»Nein, wartet!«, kreischte der Schreiber. »Ich werde Euch alles sagen! Ich werde Euch alles sagen! Bitte, tötet mich nicht!«
James bewegte sich leicht, als wolle er William von dem Schreiber wegziehen, und fragte mit gelassener Stimme:
»Kennt Ihr einen Mann
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