Feist, Raymond - Krondor-Saga 3
»Bei dem anderen handelt es sich um den Burschen, dem Ihr eines übergezogen habt«, fuhr Hartag fort. »Der musste eigentlich bald aufwachen.«
Ein paar Minuten später kam der Söldner tatsächlich wieder zu sich, und William ließ ihn zu sich bringen. »Wer bist du? Bist du einer von Bärs Männern?«
»Nicht mehr. Ich heiße Shane McKinzey. Im Augenblick …» Er schaute sich um. »Ich hab zu den Grauen Krallen gehört. Bärs Agent hat mit uns Kontakt aufgenommen, daher sind wir hierher gekommen, um uns in seine Dienste zu stellen. Wir haben diesen Bär getroffen, und er hat uns gesagt, was wir tun sollen.«
»Und warum habt ihr bis zum Tode gekämpft?«, fragte Hartag.
»Wir hatten Befehle.« Der Söldner rieb sich den Hinterkopf. »Scheint so, als ob unser Hauptmann« – er deutete auf einen Leichnam, der gerade auf einen behelfsmäßigen Scheiterhaufen gezogen wurde –, »er hat mitbekommen, dass Bär irgendwelche magischen Kräfte besitzt. Er hat gesagt, dass er jeden Mann, der ihn betrügt, jagen und seine Seele essen würde.« Er blinzelte, als wollte er seine Sicht klären, »Oh, Mann, ich hab auch schon früher mal eines übergezogen gekriegt, aber noch nie so.« Er schüttelte den Kopf. »Wie auch immer, also der Hauptmann sagt, dass ein sauberer Tod und ein schneller Ritt zu den Hallen Lims-Kragmas besser ist, als wenn dir irgendeine Höllenbrut das Blut aussaugt und dir deine Seele raubt.«
»Warum habt ihr hier gelagert?«
»Wir wurden hier zurückgelassen, weil wir jeden töten sollten, der ihm folgt. Das hier war der erste Auftrag, den wir für ihn zu erledigen hatten. Sieht so aus, als war’s auch unser letzter …«
»Wo ist Bär jetzt?«
»Weiß ich nicht. Wir sollten hier lagern und jeden töten, der vorbeikommt. Am Morgen des neuen Kleinen Mondes sollten wir ihn dann am Zwei-Fänge-Pass treffen.«
»Du lügst«, sagte Hartag.
»Vielleicht, aber da ihr mich ohnehin töten müsst, um mich daran zu hindern, Bär zu warnen … warum sollte ich dann ehrlich sein?«
»Wenn wir dich ohnehin töten«, sagte William,
»könntest du eigentlich auch alles gestehen und uns dadurch helfen, den Mann zu erwischen, der euch reingelegt hat.«
Shane musterte William und sagte dann: »Ich bin schon länger ein Söldner, als du ein Schwert trägst, mein Junge.
Ich habe keine Angst vor dem Tod, aber ich sehe, dass du dich davor fürchtest, kaltblütig jemanden umzubringen.«
William deutete dorthin, wo seine Männer die Toten aufstapelten. »Schau dir deine Leute an und sag mir dann, wovor ich mich fürchte. Aber du könntest am Leben bleiben, wenn du ehrlich bist. Du hast vorher noch nie für Bär gearbeitet, richtig?«
»Was hat das damit zu tun?«
»Dann musst du auch nicht die gleiche Strafe erleiden wie Bär. Sag uns einfach, was wir wissen wollen, und meine Männer werden dich nach Krondor geleiten. Dort kannst du ein Schiff besteigen und hinfahren, wohin du willst. Ich würde allerdings vorschlagen, am besten wieder zurück in dein Tal.«
Der Söldner rieb sich erneut den Hinterkopf, während er die Möglichkeiten, die sich ihm boten, gegeneinander abwog. »Nun, ich schätze, von meiner Kompanie ist sowieso nicht mehr viel übrig. Also gut, wir sind uns einig.
Ich habe gelogen, was diese Sache mit ›wir sollten alle töten, die hier vorbeikommen‹ angeht. Wir sollten es so aussehen lassen, als könnte man uns leicht angreifen –
verdammt, wir haben es tatsächlich ein bisschen zu leicht gemacht –, ein paar Verluste hinnehmen und dann abhauen. Bär stellt euch am Zwei-Fänge-Pass eine Falle, in die wir euch locken sollten. Wenn ihr euch beeilt, könnt ihr ihn dort erwischen.«
»Du hast dich gut entschieden. Danke.« William winkte einen in der Nähe stehenden Soldaten herbei. »Du und Blake, ihr bringt McKinzey nach Krondor und nehmt dabei alle anderen mit, die so schwer verwundet sind, dass sie nicht mehr weiter mitgehen können.«
»Jawohl, Leutnant!«, lautete die Antwort.
Hartag wandte sich leise an William. »Glaubt Ihr, dass er diesmal wirklich die Wahrheit gesagt hat, Will?«
»Ja. Er hat keinen Grund zu lügen. Und er kann gar nichts Besseres tun, als so viel Abstand wie möglich zwischen sich und Bär zu legen.« Williams Augen schienen aufzuleuchten, als er fortfuhr: »Wir haben ihn.
Die Männer sollen sich zum Aufsitzen bereitmachen. Wir werden diese und auch die nächste Nacht durchreiten, wenn es sein muss, damit wir vor Bär am Zwei-Fänge-Pass
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