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Feldpostnummer unbekannt

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Titel: Feldpostnummer unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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auch.«
    »So?« entgegnete Thomas zerstreut.
    »Und jetzt geht's hier los«, Fritz trat an eine Karte heran, »Malta«, sagte er bedeutungsvoll, »drei Wochen, und die Insel platzt wie eine faule Eierschale.«
    Er sah, daß sein Bruder diesen Optimismus nicht teilte, und warf seine Kippe zum Fenster hinaus. Im Hintergrund spielte halblaut Musik, irgendein deutscher Soldatensender. Der Foxtrott brach plötzlich ab. Der Wehrmachtsbericht wurde durchgegeben. Keiner der beiden hörte zu.
    »Nimm einen Schluck«, sagte Fritz und deutete auf die halbvolle Grappa-Flasche am Tisch, »zuerst schmeckt das Zeug gräßlich, aber man gewohnt sich an alles …«
    Thomas deutete auf die Maschinen, die unter Tarnnetzen links und rechts von der Piste standen. »Macht's dir noch Spaß?« fragte er.
    »Der Krieg ist mir wurscht«, antwortete Fritz, »die Fliegerei interessiert mich … sonst nichts … und wenn ich nur im Krieg fliegen darf, dann schmeiß ich eben Bomben … verstehste?«
    Thomas schwieg. Er betrachtete die Ju's und überlegte, wie viele von ihnen morgen nach dem Einsatz fehlen würden. Das Geschwader sollte zu einem konzentrischen Angriff auf La Valetta starten, und es war kein Geheimnis, daß die britische Insel so dicht mit Flak bestückt war, daß kaum mehr Platz blieb, eine weitere Kanone aufzustellen. Malta bedrohte die Lebensader des deutschen Afrika-Korps und wurde damit zum Schwerpunkt des Kriegs im Mittelmeerraum: Thomas wußte, wieviel Blut Schwerpunkte kosten, und war sich klar darüber, daß von jedem Feindflug mindestens fünf Maschinen nicht zurückkehrten.
    Fritz lachte unecht. »Du bist ein müder Krieger geworden, was?« fragte er.
    »Wie man's nimmt …«
    »Ich versteh' dich ja«, lenkte Fritz ein, »ich wäre auch lieber bei der Lufthansa … aber das kommt noch, falls ich diesen Quatsch hier überstehe.«
    Die beiden Brüder schwiegen. Die Stimme aus dem Äther machte sich breit im Raum: »Am … verlieh der Führer dem Leutnant der Reserve Thomas Kleebach, Kompanieführer in einem Panzerregiment, das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes.«
    »Was?« fragte Fritz entgeistert. »Mensch!« brüllte er dann los, »Mensch! … ausgerechnet du … Wie ist denn das zugegangen?«
    Bevor Thomas noch etwas erwidern konnte, stürmte Fritz aus dem Raum, riß die Türen der Unterkünfte auf, und trommelte seine Kameraden zur Siegesfeier zusammen. Es war an der Zeit, das obligate Faß aufzumachen.
    Und wieder saß Thomas Kleebach wie ein Fremder in der Tafelrunde, die ihn hochleben ließ, wie einen Tag zuvor die Italiener in der Wüste. Nur Gioia fehlte, die kleine Italienerin, die Luise so ähnlich sah. Und Luise fehlte, nicht nur heute, seit zwei Jahren schon. Und so saß Thomas Kleebach wieder hölzern da, und nahm keinen Anteil an der Feier, die ausschließlich für ihn arrangiert worden war. In bitterer Selbstironie stellte er fest, daß der Krieg, aus dem er sich nichts machte, ausschließlich ihn verwöhnte. Der Krieg hatte ihm Heimaturlaub, Schulterstücke, einen Orden an den Hals, und ein Mädchen an die Brust geworfen. Und trotzdem hasste ihn Thomas, der in der lärmenden Runde beinahe schroff wirkte, weit älter aussah als fünfundzwanzig und den gleichen Ausdruck im Gesicht hatte wie sein Vater, wenn er mit den Sorgen allein war.
    Die Fête endete bald. Schon zwei Stunden vor Mitternacht saßen die Männer wieder in ihren Unterkünften. Das Geschwader sollte schon am frühen Morgen starten. Thomas schlief auf der Bude seines Bruders. Er zwang Fritz, ein paar Zeilen an die Eltern zu schreiben, die er gleich mitnehmen konnte. Er stand mit dem ersten Pfiff auf, obwohl der Zug erst in zwei Stunden ging, sah dann zu, wie sich Fritz in den Knochensack zwängte.
    Er drückte ihm die Hand und sagte: »Hals- und Beinbruch!«, wollte noch etwas hinzusetzen und schaffte es nicht. Was sagt man auch bei einer solchen Gelegenheit? »Und paß schön auf dich auf!« Oder: »Mach's nicht toller als nötig.« Oder: »Wird schon gut geh'n.« Thomas Kleebach sah noch einmal in Gerds, des Gefallenen, Augen, betrachtete die typische Linie des Mundes, die den Zwillingsbrüdern eigen war, und trennte sich dann von Fritz ohne ein weiteres Wort. Er verfolgte noch den glatten Start der Ju's, dann brachte ihn ein Kübelwagen zum Bahnhof.
    Die Sonne zeigte, was sie kann. Sie machte einen wolkenlosen Himmel strahlend blau. Ihr Abglanz flimmerte auf dem Meer und überzog den Sand mit Gold. Aber kein Feriengast war am

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