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Feldpostnummer unbekannt

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Titel: Feldpostnummer unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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gefangenen Tommies, die man sicherheitshalber noch mit hundert anderen verstärkt hatte, würden es in jedem Fall sein.
    Während Kleebach in Rommels improvisiertem Hauptquartier auf seinen General wartete, entdeckten ihn Offiziere des italienischen Verbindungsstabs, hefteten ihm die ›Medaglia d'Argento al Valore Militare‹ an den Waffenrock und luden ihn zu ihrer täglichen Siegesfeier ein. Sie richtete sich weniger nach der Kriegslage, als nach ihrer Devise: Krieg mit Komfort. So hatten die Itaker nicht nur dreierlei Toiletten – für Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften –, sondern auch drei Küchen für die nämlichen Dienstgrade, und für die Offiziere zusätzlich Marketenderinnen der Liebe für die Küsse von der Stange. Wenn die privilegierten Soldaten des Duce schon in der Wüste herumkriechen mußten, statt sich am Strand von Ostia zu amüsieren, dann wollten sie sich den Feldzug doch so annehmlich wie möglich gestalten, und so nahmen sie ihr Gesichtswasser nicht unwichtiger als den Munitionsbestand.
    Wenn die deutschen Waffenbrüder nach den Lkw-Kolonnen Ausschau hielten, die den Sprit herankarrten, dann suchten die Italiener zunächst einmal den Omnibus mit den glutäugigen Signorinas, nach denen auch die deutschen Landser mit offenem Mund starrten, obwohl sie sonst von den Itakern nicht allzuviel hielten.
    Fhj-Feldwebel Kleebach saß jetzt als Ehrengast zwischen italienischen Offizieren, trank den Chianti und aß kultiviert wie in einem Luxushotel. Ein schneller Toast auf den Duce, bei dem ein Tenente Colonnello demonstrativ gähnte, dann fuhr die Jazz-Band auf, die ein deutscher Transportoffizier als Verstärkung für den Nachschub haben wollte, was zu einem ernsthaften Protest des italienischen Generals geführt hatte.
    In diesem Fall hatten die Italiener gesiegt, und deshalb genoß Kleebach jetzt Belcanto, Vino und bald auch Amore und begann, die romanischen Waffenbrüder wegen ihrer den Krieg ignorierenden Lebensart aufrichtig zu bewundern.
    Zehn, fünfzehn Mädchen wirbelten in das große Zelt und wirkten so elegant und gepflegt, als fände die Begegnung nicht in der nordafrikanischen Wüste, sondern auf der Via Véneto in Rom statt. Die charmante Kollektion war sorgfältig ausgewählt und selbst noch auf feineren Geschmack abgestimmt.
    Vielleicht hatte Thomas Kleebach dem süffigen Chianti schon zu sehr zugesprochen, denn er spürte moussierende Verwirrung, als er die Parade der Verführung abnahm: Mädchen mit langen Haaren, die auf die Schultern flossen, Mädchen mit dunklem Teint und hellen Augen, Mädchen als üppige Vamps, als Kindlich-Naive, als reife Frauen.
    Unter dem Tisch, an dem sie alle saßen, gaben sich überhohe Stöckelschuhe und gewichste Knobelbecher ein intimes Rendezvous und wippten den Takt der Musik immer ausgelassener mit. Das Kerzenlicht fing sich auf glitzernden Schmuckstücken, züngelte irrlichternd in den Augen, narrte die Phantasie und machte das Gewöhnliche noch feierlich.
    Draußen war es Nacht. Thomas Kleebach vergaß sie. Draußen lauerte der Feind. Draußen schoben die Kameraden einsame Wüstenwache. Draußen heulten die Hyänen. Draußen würde bald der Ghibili, der widerliche Sandsturm, aufziehen und seinen körnigen Atem den Männern in die Augen und den Geschützen in die Mündungen blasen, um seinen Tribut an Rohrkrepierern einzuheimsen.
    Eine zierliche, kleine Italienerin redete auf Thomas ein. Er verstand kein Wort und schüttelte lächelnd den Kopf. Dann betrachtete er das Mädchen genau und erschrak: Die Ähnlichkeit verhexte ihn; er glaubte Luise zu sehen, seine Jugendfreundin.
    Die zierliche Signorina ging auf den Colonnello zu und fragte ihn etwas. Der Oberst schilderte jetzt im rasend schnellen Italienisch Kleebachs Bravourstück. Der Feldwebel begriff, worum es ging, und wunderte sich flüchtig darüber, daß man eine so einfache Sache mit so hübschen Worten ausdrücken konnte. »Salute!« riefen sie ihm von allen Seiten zu.
    Er lachte, und sein italienischer Sprachschatz wurde größenwahnsinnig. Das Mädchen kam wieder zu ihm zurück. Er betrachtete die Italienerin jetzt ausgiebig, und der Spuk der Ähnlichkeit wuchs und wuchs, bis er sich bei der Frage ertappte, was ein Mädchen wie Luise unter diesen anderen zu suchen hätte. Kleebach fragte, wie sie hieße.
    »Gioia«, erwiderte sie.
    »Hübsch.«
    »Du gefällst mir, Tedesco«, antwortete sie und lächelte ihm zu.
    Gioias Lippen formten Worte, die Thomas nicht verstand, aber

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