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Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Titel: Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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Francis!
Oder sollte ich besser sagen weiterzulügen?«
    »Okay, du Schlaumeier, du hast vollkommen recht:
Ich bin kein Freund von solch engen Freundschaften. Ich gebe es
unumwunden zu. Aber wenigstens weiß ich jetzt, weshalb man dich ausgesetzt
hat.«
    Auch wenn bei mir die Vorstellungskraft in Sachen
Männerliebe streikte, so vermochte ich mir die daraus resultierenden Folgen
durchaus auszumalen. Das Bild des kernigen Römers tauchte jetzt wieder vor mir
auf. Der Mann vor dem Spiegel war nicht nur ein lächerlicher Macho. Hinter den
schicken Anzügen und Accessoires verbargen sich Engstirnigkeit und betonharte
Anschauungen über die einzig richtige Prägung der männlichen Sexualität. Daß
der Kerl sich einen wahren Felidae-Adonis als Maskottchen hielt, gehörte zu
seiner protzigen Selbstdarstellung von einem tollen Hengst. (Die Witze über
Antonios von einem samtenen Flaum bedeckten Hoden auf diesen tollen Partys
konnte ich mir lebhaft vorstellen.) Allerdings nur, solange sich das
Maskottchen an seine Regeln hielt und spiegelbildlich zu ihm brav den Macho en
miniature gab.
    Während Signore sich also vor dem Spiegel teures
Rasierwasser ins Gesicht geschüttet und Manschettenknöpfe ausprobiert hatte,
hatte er nebenbei mit seinem »kleinen Mann« nicht nur gescherzt. Nein, er hatte
ihn genau im Auge behalten, und wahrscheinlich war ihm wohl der Zigarillo aus
dem Mund gefallen und hatte ihm ein Loch ins Hemd gebrannt, als er sah, an
welchem Geschlecht Antonio auf der Terrasse gerade seinen Trieb auslebte. Das
Ganze kam ihm nicht nur widerlich und obszön vor, sondern wie ein Verrat an
ihrem vermeintlichen Männerbündnis. Mamma mia , mein Haustier ist
schwul!, mochte wohl sein Entsetzensschrei gewesen sein. Und mit diesem
Aufschrei hatte er die beiden »kleinen Männer« mitten in ihrem Spiel unzart
auseinandergerissen, Antonio am Nacken gepackt und sich des haarigen Perversen
mit einem Tritt entledigt. Seitdem war Antonio obdachlos. Komisch nur, daß mein süßer Romkenner gar nicht so aussah, als entbehre er ein Obdach.
    Die Analyse dieses Psychodramas war ein Leichtes
gewesen. Aber wie stand es mit dem Drama in meinem Kopf? War ich nicht in
Wahrheit ein ebensolcher Macho wie der Mann vor dem Spiegel, der alles
außerhalb seines sexuellen Horizontes für schmutziges Zeug hielt?
    Verdammt, eigentlich hatte ich vorgehabt, die
verborgenen Winkel dieser schönen Stadt zu erkunden, anstatt die Abgründe in
meinem alten Schädel! Da kam es mir sehr gelegen, daß Antonio wieder das Wort
ergriff.
    »Na Francis, hättest wohl auch nicht gedacht, daß
der erste Italiener, an den du gerätst, an der ›englischen Krankheit‹ leidet,
was? Kein Wunder, wird doch die Welt immer mehr zu einem Dorf. Alles gleicht
sich einander an, die Menschen, die Tiere, und nicht zu vergessen die überall
verbreitete Intoleranz, von der jedermann infiziert zu sein scheint wie von
einer bösartigen Krankheit.
    Vielleicht lindert es deine Bauchschmerzen ein
bißchen, wenn ich dir sage, daß ich mir das Ganze nicht ausgesucht habe. Ich
bin so geboren. Und ich tue damit niemandem weh. Und – ich bin stolz darauf,
daß ich so bin, wie ich bin!«
    »Mit anderen Worten: Ich bin ein verklemmter alter
Sack, der solche Typen wie dich am liebsten in Konzentrationslager stecken
würde. Das glaubst du doch, oder?«
    »Nein, aber dein unausgesprochener Ekel vor der
Homosexualität ist Wasser auf die Mühlen derer, die für meine Sorte solche
Lager bauen würden.«
    »Quatsch, ich bin nur altmodisch. Und was die
Intoleranz angeht, da faß dir erst mal an die eigene Nase.
    jeder hat das Recht, selbst die beklopptesten
Vorurteile zu hegen und zu pflegen, solange er damit nicht anderen auf die
Pfoten tritt. Hat das nicht Kant gesagt? Oder ist das von Woody Allen?
Natürlich gilt diese großmütige Rücksichtsnahme nicht für die leidige Sache mit
den Mäusen, da sind wir uns ja wohl einig!«
    In Antonios Keilgesicht erschien erneut das
geschmeidige Lächeln, das den guten alten Dandy wieder zurückbrachte. Ich hatte
das Gefühl, daß er mich richtig verstanden hatte. Das war sehr wichtig. Und
zwar für uns beide. Enttäuschende Begegnungen mochte er wohl zur Genüge hinter
sich haben. Aber bestimmt keine einzige, die aus ihm ein Kind von Traurigkeit
gemacht hätte. Doch hier sah die Sache anders aus. Antonio mochte mich so sehr,
daß es ihm das Herz gebrochen hätte, wenn unsere neuerblühte Freundschaft an
seinem Bekenntnis in die Brüche gegangen wäre.

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