Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12
Das galt auch für mich.
Vermutete man nun aber das Naheliegende, so lag man völlig falsch.
Antonio hatte überhaupt kein sexuelles Interesse an
mir.
Mal abgesehen von dieser heiklen Angelegenheit
hatten wir einfach die gleiche Wellenlänge.
»Na schön, il mio amico , dann hege und
pflege deine Vorurteile, während ich mir überlege, wie ich dich von ihnen
erlösen kann. Es ist spät geworden, Francis. Wir sollten uns nach dem feinen
Mahl auch eine adäquate Schlafstätte suchen.«
»Müssen wir nun am Hintereingang irgendeines
Nobelhotels pennen, weil das Volk das früher hinter den Kirchen der Kardinale
getan hat?«
»Aber, aber Francis, du befindest dich in Rom, du
wirst noch in so vielen seidenen Betten schlafen, bis du dich wieder nach einer
Übernachtung auf nassem Asphalt sehnst.«
»Der Spruch kommt mir irgendwie bekannt vor. Danach
gab es Reste. Das mit den Seidenbetten klingt jedenfalls nicht übel, solange
ich mir dafür nicht die Beine rasieren muß, hahaha!«
»Das würde allerdings unserer Gastgeberin fabelhaft
stehen.«
»Gastgeberin? Verstößt es nicht gegen eure
Ordensregeln, euch mit Weibern einzulassen?«
»O Francis, du mußt über uns noch viel lernen. Hat
dir niemand erzählt, daß der beste Freund eines Schwulen die Frau ist?«
»Bisher nicht. Mittlerweile bin ich jedoch so müde,
daß es mich nicht einmal mehr schocken würde, wenn ich erführe, daß der beste
Freund des Papstes Marilyn Manson ist!«
Wir standen auf und schüttelten uns, damit das
schwere Gewicht in unseren Bäuchen für die vor uns liegende Wanderung in die
richtige Lage kam. Ich wollte schon den ersten Schritt tun, da schnitt mir
Antonio jäh den Weg ab.
Er bohrte sich mit seinen strahlenden türkisgrünen
Monden so tief in meine gewöhnlichen Augen, daß mir in meinem schachmatten
Zustand ganz schummerig wurde.
»Persönliche Neigungen und Ansichten beiseite,
Francis«, sagte er bedeutungsvoll. »Du kannst dich hundertprozentig auf mich
verlassen. Wir zwei werden diese Bestie zur Strecke bringen, daran glaube ich
felsenfest.«
»Ich glaube es nicht nur, ich weiß es sogar«,
erwiderte ich, löste mich vom Hypnoseherd seiner Augen und ging meinen Weg
durch die Dunkelheit.
»Wie kannst du das wissen?« hörte ich seine Stimme
hinter meinem Rücken.
»Statistik, Süßer«, sagte ich und zuckte mit den
Schultern, ohne mich noch einmal umzudrehen.
6.
Diesmal gab es keine Reste, sondern einen Ausflug
in die echte Luxusklasse. Ich hätte mir allerdings denken können, daß auch
diese von Antonio großspurig verkündete Verheißung einen Haken haben würde. Wir
schlängelten uns schläfrig durch die romantischen und menschenleer gewordenen
Gassen. Alte Bekannte, die ich aus Bildbänden und Gustavs schwärmerischen
Selbstgesprächen während seines Kartenstudiums des antiken Roms kannte, liefen
mir über den Weg. Der gigantische Schatten des Pantheons wuchs uns entgegen,
als wir über die Via dei Cestari liefen, und als wir die Piazza della Rotonda
erreichten, stand er plötzlich leibhaftig vor uns.
Läßt sich ein einfacherer Bau denken als das
Pantheon?
Ein Zylinder mit einer Halbkugel darauf, das ist im
Grunde alles. So genial schlicht und doch von monströser Dimension. Durch
mächtige Bronzetüren gelangte man in den kreisrunden Raum, der einen
Durchmesser und eine Höhe von fast fünfzig Metern hat. Die Mauern sind über
sechs Meter dick! Der Tempel soll 27 vor Christus den sieben heiligen
Planetengottheiten Neptun, Uranus, Saturn, Jupiter, Merkur, Venus und Mars als
Tempel geweiht worden sein.
Mehr als kurz hineinzuschauen wagte ich um diese
späte Stunde nicht. Mein Blick wanderte in die Höhe zu der Kassettendecke, die
einst als Abbild des Himmelsgewölbes mit vergoldeter Bronze ausgeschmückt
gewesen war. Eine zirka zehn Meter weite Kreisöffnung am höchsten Punkt war
tagsüber die Quelle des sich gleichmäßig im Raum ausbreitenden Lichts. Nun in
der Dunkelheit war lediglich eine fahle Lichtsäule zu sehen, die, vom Glanz der
Sterne erzeugt, durch das Riesenloch in der Kuppel in die dunkle Halle
herabfuhr, als sei sie eine Ehrenbezeugung des Himmels für den großen
Renaissance-Sohn Roms, den von allen geliebten Raffael, dessen Grab sich hier
in einer Mauernische befindet.
Antonio ermahnte mich zum Weiterziehen, und nach
einer Weile schienen wir am Ziel angekommen zu sein.
Wir standen einem von Scheinwerfern angestrahlten
Wunder aus gehauenem Stein gegenüber, dem bekanntesten Wahrzeichen
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