Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Titel: Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
Vom Netzwerk:
und Fackeln endgültig ausgingen,
war mir noch für ein paar Sekunden jenes Bild vergönnt, das heraufzubeschwören
mir vorgeschwebt hatte: Die Theosophen standen nun im Epizentrum eines wahren
Hurrikans. Der Luftzug, durch die Länge der Schächte und die Beschaffenheit des
Raumes ins Brachiale gesteigert, machte aus den Frackträgern Versuchskaninchen
eines grausamen Experiments von Forschern im Windkanal. Ein jeder hielt sich
inzwischen am anderen fest, damit er nicht fortgeblasen wurde. Etlichen wurden
die Masken vom Gesicht gerissen. Die schwarzen Pelerinen flatterten im Wind so
stark, als würden ihre Träger wie Comicfiguren jeden Moment zu fliegen
beginnen. Ich hörte vereinzelte Schreie, was nicht gerade für das Gottvertrauen
der Gemeinde sprach, und sah bereits einige verzweifelt den Ausgang aus der
böigen Hölle suchen. Allein der Kapuzenmann entzog sich dem Blick – er war
mittlerweile wie vom Erdboden verschluckt. Danach erlosch auch das letzte
Licht, und es herrschte absolute Finsternis. Doch nicht für unsere
Phosphoraugen.
    »Samantha, das ist die einzige Chance zur Befreiung
der ganzen Bande!« sagte ich. »Wir haben nur wenig Zeit!«
    Sie nickte, und wir stürmten gemeinsam die uns
nächstgelegene Steintreppe hinunter. Der Sprint zur Bühne war ein gefährlicher
Slalom, weil die panisch hin- und herlaufenden fratelli uns zu zertreten
und zerquetschen drohten. Umhereilende Beine rasten uns entgegen wie
Bruchstücke von explodiertem Weltraumschrott. Ein klitzekleiner Fehler, und wir
hätten uns mit einem zerdepperten Schädel oder gebrochenen Rippen tatsächlich
in der Astralebene wiedergefunden. Zudem machte uns der gewaltige Luftzug
selbst hier in der untersten Ebene ziemlich zu schaffen. Nicht nur, daß unser
Fell so zerzaust wie von einem besoffenen Friseur gefönt aussah, wir hatten
tatsächlich die Befürchtung, von einer Böe einfach weggefegt zu werden.
    Schließlich erreichten wir das Ziel unversehrt und
waren mit einem Satz auf dem Bühnenboden. Ich hechtete sofort zu einem Winkel
des Käfigs, dessen einzelne Gitter von verfilzten Kordeln und bloßen Schleifen
zusammengehalten wurden. Wenige Krallenhiebe genügten, um sie zum Lösen zu
bringen. Wir sprangen hoch und rissen an den Knoten, und Samantha und ich
leisteten im Pfotenumdrehen ganze Arbeit. Endlich kippte das vordere Teilstück
des Käfigs nach vorne um, und unsere gefangenen Brüder und Schwester strömten
wie Dschinns aus der entkorkten Zauberflasche in alle Richtungen davon …
    Alle außer Giovanni. Er stand reglos vor mir und
strafte mich mit solch einem verächtlichen Blick, als sei ich der heilige
Säbelschwinger.
    » Signore Francis, seitdem du in der Stadt
bist, ist die alte Ordnung im Eimer«, sagte er. »Kannst du mir vielleicht
verraten, was du mit diesem Zirkus bezweckst?«
    »Sekunde, ich muß mal schnell überlegen«, erwiderte
ich. »Ja, jetzt fällt es mir wieder ein: Ich wollte verhindern, daß ihr künftig
nur mit einem einzigen Ohr das Aufklatschen von über den Zaun geworfenen
Spaghetti mit Grünstich hört.«
    » Idiota «  blaffte er. »Du hast genau
das Gegenteil bewirkt. Das hier ist die einzige Gelegenheit gewesen, einmal in
der Woche etwas anderes zwischen die Zähne zu bekommen als diese elenden
Spaghetti!«

9.
     
    Giovannis erstaunliche Antwort hatte mich nicht nur
aus allen Wolken, sondern beinahe auch von der Bühne fallen lassen. Da jedoch
das Motto Flüchten um jeden Preis war, hielten Samantha, »der Befreite« und ich
es für angebracht, dem zu folgen. Als ich mich wieder zurückdrehte, bot sich
mir ein Bild aus dem Tollhaus oder besser gesagt die Sicht auf eine kräftig
durchgeschüttelte Schneekugel. Theosophen, Artgenossen aus dem Käfig,
Zylinderhüte und Banknoten wurden in dem von mir angerichteten Sturmwind wie
Daunenfedern in alle Richtungen geblasen. Die Rundbögen, die in die Katakomben
zurückführten, dienten als eine Art Staubsaugerrüssel für die aufgescheuchten
Chaospartikel, welche kopflos umherschwirrten. »Ruhig Blut«, wollte ich ihnen
am liebsten zurufen, »es ist doch nur Luft!«
    Sei’s drum, wir wollten und mußten ihnen nacheifern
und stürmten mit einem beherzten Sprung von der Bühne herunter. Unser Weg
führte uns zwischen rennenden Menschenbeinen und all dem sonst so umherfliegenden
Plunder zum nächsten Rundbogen. Wenn dieser Übergang bewerkstelligt wäre, so
dachte ich, würden wir fürs erste aus dem Schneider sein.
    Ein grandioser Irrtum, wie sich

Weitere Kostenlose Bücher