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Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Titel: Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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mich nach dem ersten Schreck eher mitleidig anstarrten. Gustav
versuchte noch mit einer halbherzigen Bewegung, mir den Schmutz vom Rücken
abzuklopfen, doch da war ich schon weg.
    Ich hechtete vom Schutthaufen herunter und flitzte
in Richtung Ausgang. Da es in diesem Gang nur einen einzigen Weg in die
Freiheit gab, nämlich den erschlossenen Abschnitt einfach wieder zurück, machte
ich mir diesmal keine Sorgen darüber, daß ich mich hätte verlaufen können.
Trotz der um mich herrschenden Dunkelheit war es mir während des Sprints
vergönnt, Blicke auf einige Kostbarkeiten zu erhaschen. Oft war das Wort INRI
in das Gemäuer geritzt, jene Abkürzung für »Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum« auf
der Inschrifttafel am Stamm des Kreuzes, an dem Jesus Christus gekreuzigt
worden war. Gelegentlich stachen auch künstlerisch sehr ausgeklügelte Reliefs
hervor, die Engel mit Heiligenschein und sie umtanzenden kleinen Kindern
darstellten. Ich konnte mir schon lebhaft vorstellen, wie Gustav bei der
Entdeckung dieses Schatzes mehrfach von jenem Phänomen heimgesucht worden war,
auf das er wohl seit der Einführung des Farbfernsehens hatte verzichten müssen:
dem Orgasmus!
    So faszinierend die an mir vorbeiziehende Galerie
auch war, meine Gedanken schweiften ab zu den zurückliegenden Geschehnissen.
Diese hatten mir alle Urlaubsstimmung ausgetrieben und statt dessen jenes Feuer
beschert, mit dessen Wiederauflodern ich kaum mehr gerechnet hatte. Obwohl die
Sache mit Blut und Tod in Verbindung stand und viele Unschuldige dahingerafft
worden waren, spürte ich wieder die Leidenschaft. Ich merkte, wie jedes
einzelne Atom in meinen Nervenzellen vor Freude Purzelbäume schlug bei der Jagd
nach dem Schlächter. Und ob ich es mir eingestehen wollte oder nicht, der wahre
Urlaub für einen kranken Geist, wie er in meinem Schädel steckte, war der im
Land der noch zu entschlüsselnden Geheimnisse. Kurz, die Sache begann mir echt
Spaß zu machen.
    Zählen wir also alles zusammen und schauen, was am
Ende dabei herauskommt, sprach ich in Gedanken zu mir selbst. Nach dem
feierlichen Vortrag des Kapuzenmannes zu urteilen, stellte sich das Wunder für
die Theosophen ebenso als ein Mysterium dar wie für mich. Was die Premiere der
Offenbarung betraf, wurden i fratelli auf einen späteren Zeitpunkt
vertröstet. Dadurch gewann das Ganze an Spannung, und, der alte Trick
funktionierte noch immer, deswegen waren sie sogar bereit, noch mehr zu
spenden. Anderseits konnte es mit diesem Mysterium nicht weit her sein, wenn
sogar Regierungskreise davon Wind bekommen hatten. Denn die beiden Killer oben
in der Katakombe hatten nicht gerade wie entflohene Zuchthäusler ausgesehen,
die hinter einem Koffer Koks her waren. Ihre adrette Erscheinung hatte eher
etwas von »Staatsdienern« an sich gehabt, die alles Mögliche taten, nur nicht
in einem Büro sitzen und Formulare abstempeln.
    Demnach mißfiel bestimmten Kreisen einer bestimmten
Regierung des Meisters Werk, oder man war sich, wobei auch immer, nicht so
richtig handelseinig geworden.
    All diese Überlegungen riefen in mir die Erinnerung
an meinen letzten Traum wach. Träume waren für mich stets der Schlüssel zum
Knacken eines Falles gewesen. Bloß hatte ich es immer viel zu spät erkannt. In
meinem letzten Traum jedenfalls spielte der Terroranschlag auf die Twin Towers
im Jahr 2001 eine bedeutende Rolle. Und vielleicht hatte sich als geistiger
Nachhall auch alles niedergeschlagen, was danach mit der Welt passiert war.
    Manchmal fühlte ich mich mit Dr. Freud
seelenverwandt, aber welche Bedeutung kam bitte schön Antonios Verwandlung von
einem Comichelden in eine die Katastrophe im letzten Moment abwendende Rakete
zu?
    Gab es etwa eine Möglichkeit, die »den definitiven
Frieden« über die Welt bringen würde, wie der Meister es in seiner Rede erwähnt
hatte? Wie mochte solch ein Friedensstifter wohl aussehen? Und wie paßte
Antonios ehemaliges kaltherziges Herrchen in dieses bizarre Bild?
    Sollte mir die Gestalt des italienischen Machos zu
denken geben oder eher der Umstand, daß Antonio es sich freudig ausgerechnet im
Schoß desjenigen bequem machte, der ihn einst so rücksichtslos ausgesetzt
hatte?
    Vor der nächsten und entscheidenden Frage hatte ich
mich bis zuletzt gedrückt, weil mir dazu nicht einmal der Ansatz einer
Erklärung einfiel. Warum diese bestialische Mordmethode? Warum ausgerechnet das
Ohr beziehungsweise der gesamte Hörapparat, der vom Mörder stets zur Gänze
entfernt wurde? Gewiß

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