Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12
eindeutig identifizieren konnte. Zunächst noch völlig
überrumpelt, sammelte ich mich rasch wieder und rannte ihnen hinterher.
»Was hat die ganze Aufregung zu bedeuten, Leute?«
rief ich meinen Mitläufern zu, nachdem ich sie eingeholt hatte.
»Der dumme Pius hat Tote gefunden!« hechelte der
Gescheckte, während er wie um sein Leben rannte.
»Das habe ich schon kapiert. Aber wer ist der dumme
Pius? Und um welche Toten geht es überhaupt?«
»Was, du kennst den dummen Pius nicht?«
Ich befürchtete, daß der Kerl jeden Moment einem
Herzinfarkt erliegen könnte.
»Stell dir mal vor, nein! Werde ich jetzt exkommuniziert?«
Er schaute mich argwöhnisch von der Seite an, als
sei ich ein durchgedrehter Muslim.
»Jeder kennt den dummen Pius hier«, sagte er. »Und
wenn du ihn nicht kennst, dann gehörst du auch nicht zum vatikanischen Zirkel
und solltest zusehen, daß du Land gewinnst!«
»Ach, bitte tausendmal um Vergebung, aber haben
Hochwürden heute morgen unter ganz garstigen Beschwerden gekackt oder warum
fuhrst du dich so auf?«
Die Vier wechselten untereinander irritierte
Blicke, in denen auch ein bißchen Furcht aufblitzte. Sich zu der Hiobsbotschaft
von den aufgefundenen Toten auch noch respektlose Sprüche anhören zu müssen,
war ihnen wohl ein bißchen zu viel. Einer von ihnen bedeutete mir schließlich
mit einem halbherzigen Kopfnicken, ihnen zu folgen.
Mittlerweile hatten wir den ausladenden Bogen des
Säulengangs hinter uns gelassen und schlüpften durch Öffnungen und Ritzen im
Seitengemäuer hindurch, welche gerade noch so groß waren, daß Körper unseres
Umfangs hineinpaßten. Der Dorn, vor allem dessen Kuppel, ragte immer noch über
unseren Köpfen empor wie ein alles beobachtender Goliath, aber die unmittelbare
Umgebung hatte sich in weniger prächtige Renaissance-Zweckbauten verwandelt.
Die Vatikanbank Instituto per le Opere di Religione und die Wohnbaracken der
Schweizer Garde lagen bereits hinter uns. Einige Türen standen offen, so daß
wir direkt durch die Gebäude hindurchstürmen konnten. Vorbeikommende Geistliche
mußten in letzter Sekunde scharf abbremsen, damit sie nicht über uns
stolperten. Dabei fluchten sie schlimmer als römische LKW-Fahrer.
Andere Durchlässe erwiesen sich als weniger bequem.
Wir mußten in finstere Keller hinein, die die Größe
von Hallen besaßen, und durch offene Fenster wieder hinaus.
Als wir gerade durch ein finsteres Loch mit
Tausenden von hochkant aufgereihten Gemälden streiften, ging mir auf, daß wir
uns momentan im Fundus der Vatikanischen Museen befinden mußten, der
bedeutendsten Kunstsammlung der Welt … Moment mal, war das nicht ein
waschechter Botticelli, der aus der unendlich scheinenden Galerie der
verstaubten Leinwände herauslugte? Das Bild stellte die Beinahe-Opferung von
Abrahams Sohn durch die Hand des eigenen Vaters dar.
Wie schön! Wäre ich mit dem Schinken zu Sotheby’s
marschiert, hätte ich mit dem ersteigerten Geld für Gustav eine original urchristliche
Katakombe zum Spielen und mir ein aufblasbares Forum Romanum im Maßstab eins zu
eins leisten können. Aber keine Zeit, keine Zeit, wir mußten zu diesem dummen
Pius eilen.
Inzwischen war mein gescheckter Mitläufer von
seinem hohen Roß herabgestiegen und hatte geruht, mit mir ein paar Worte zu
wechseln.
»Du wirst gleich sehen, wer Pius ist«, sagte er.
»Er findet gewöhnlich nicht einmal seinen eigenen Schwanz.
Der Allmächtige muß ihn diesmal geleitet haben.«
Wir ließen die Gebäude hinter uns und erreichten
endlich den vatikanischen Park. Miniaturwälder wechselten sich hier mit
ausgedehnten Rasenflächen ab, pittoreske Alleen mündeten in Renaissance-Gärten,
die, bestehend aus kunstvoll beschnittenen Hecken, Laubengängen, Kugel-, Kegel-
und Pyramidenbäumen und diversen Wasserspielen, eher den Zwangsvorstellungen
eines Ordnungsfanatikers entsprungen zu sein schienen als Mutter Natur. Rechts
lag das rührige Nonnenkloster aus dem Mittelalter, links der mächtige Sitz des
Gouverneurs des Vatikans.
Schließlich gelangten wir zu einer Wiese, welche
von einem in lockeren Abständen bepflanzten Baumhof umschlossen wurde. In der
Mitte dieses Platzes stand ein Bernhardiner so stattlich wie ein Grizzly! Wenn
das Vieh mit den hängenden Lefzen und Gesichtsfalten, die an geschmolzene
Kunststoffwülste erinnerten, nicht mindestens 100 Kilo wog, dann wollte ich
Dagobert Duck heißen. Der freundliche Riese hatte Sitz gemacht und den Blick
erdwärts gerichtet. Leere,
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