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Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Titel: Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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deponiert. Die ganze verdammte Werkstatt um mich her schien
sich vor meinen Augen wie ein Kaugummi auseinanderzuziehen, und ich spürte, wie
sich meine Knie allmählich in Gummi verwandelten. Dennoch hatte ich noch die
Kraft, mich an eine Nebenbemerkung Sanctas zu erinnern: »… Umberto ist besessen
von unserer Art, und neben mir hält er sich in dieser Anlage noch so einen
schwarzen Halunken, der aber immer wieder ausreißt. Jedenfalls sehe ich ihn
selten …« Der schwarze Halunke stand vor mir.
    »Wen meinst du mit ›wir‹, Antonio«, wollte ich
wissen.
    »Wenn ich Georg W. Bush wäre, würde ich sagen, die
westliche Zivilisation, il mio amico. Aber ich bin nicht Georg W. Bush,
sondern nur eine kleine Tücke, die nichts anderes will, als diesen Planet von
der Seuche der Intoleranz ein für allemal zu säubern.«
    »Warum hast du mich hier hergebracht?«
    Tränen fluteten mir aus den Augen und tropften auf
den Operationstisch. Die Welt war eine Jauchegrube!
    »Damit du das letzte Opfer bringst, Francis. Denn
du kannst dir vorstellen, daß so eine wichtige Sache wie der Weltfriede kaum
herbeizuführen ist, indem man zu Ostern das Urbi et orbi von der
Benediktionsloggia runterseiert.«
    Plötzlich spürte ich einen eisernen Griff am
Nacken!
    Eine Hand hatte mich gepackt und ließ mich nun
bewegungsunfähig werden. Dann wurde ich langsam hochgehoben und in der Luft um
hundertachtzig Grad zurückgedreht. Ich blickte einem alten Bekannten ins
makellose Antlitz. Es war jener junge Gottesmann, in dessen Tasche ich in
meiner Not im Flughafen hereingeschlüpft war, als ich die Reise nach Rom
angetreten hatte. Obwohl mir wirklich nicht der Sinn danach stand, kam ich
wieder nicht umhin, das blendende Aussehen des Todesengels im langen Ordensrock
zu bewundern. Die elegant nach hinten gekämmten Haare mit den glänzenden dünnen
Strähnen, die wie von einem Meister gezeichneten klaren Gesichtskonturen, die
feingliedrigen Hände, alles an dem Kerl gereichte zur himmlischen Perfektion.
Er beobachtete mich aufmerksam durch die goldgefaßte Brille, und der
Widerschein des silbernen Kruzifixes um seinen Hals blendete mich so stark, daß
er zu mir wie durch eine Glorie hindurchschien.
    Das Kruzifix war mir bestens bekannt, denn es wurde
auch stets von dem römischen Macho in meinen Träumen getragen. Diese von
Antonios bewegender Lebensbeichte inspirierte Figur hatte indes nie existiert. Il
mio amico hatte mich angelogen, er war nie obdachlos gewesen. Im Gegenteil,
Herrchen und Tier hatten sich so gut verstanden, daß daraus sogar eine
mörderische, äußerst geheimnisvolle Symbiose entstanden war. Und auch die
anderen Figuren hatte es nie gegeben. Der Kapuzenmann in den Katakomben war
Umberto im Theaterkostüm, der mit seiner Show regelmäßig Spenden von den
Theosophen für seine Forschungen eintrieb. Der humpelnde Priester, der vor
Miracolo und mir in die Kapelle hineingegangen war, um das Weihritual
vorzubereiten, war Umberto, der sich uns stets von hinten gezeigt und im
Augenblick des vermeintlichen Wunders mit beiden Händen das Becken festgehalten
hatte; aus der Schußwunde an seinem rechten Arm war durch das Ärmelinnere Blut
ins Wasser gelaufen.
    Aber es war auch Umberto, dessen Familie bei dem
Höllenattentat am 11. September 2001 in New York umgekommen war und der
daraufhin Rache geschworen hatte.
    Wie diese Rache konkret aussah und was für
Kunststücke dieser Flugkörper auf dem Tisch letztendlich vollführen konnte,
hatte ich leider nicht mehr in Erfahrung bringen können. Und es hatte den Anschein,
daß mir das wohl auch nicht mehr gelingen würde. Adieu, du schöne Welt, adieu
ihr schönen Ohren! rief ich mir im Geiste selber zu und hätte beinahe
gleichzeitig gelacht und geweint. Umberto verabschiedete sich auf seine Weise.
    »Danke, Antonio!« sagte er mit einer Stimme, deren
Wohlklang seiner Anmut ebenbürtig war. Dann drückte er mir mit der freien Hand
die über einen Schlauch verbundene und speziell für meine Art konstruierte
kleine Narkosemaske auf die Schnauze.

15.
     
    Als ich das Bewußtsein wieder erlangte, befand ich
mich im Himmel. Und der Himmel sah aus wie eine Kirche!
    Aber irgendwie hatte ich ja schon immer geahnt, daß
die Wunschträume von einem himmlischen Disneyland, wo einem die gebratenen
Tauben nur so ins Maul fliegen und die Mercedes-Sportcoupés auf Bäumen wachsen,
nichts als Wunschträume sind. Nein, wenn man endgültig zu Gott heimgekehrt war,
mußte man ihn eben den ganzen Tag

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