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Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Titel: Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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anbeten. Am besten ging das in einer Kirche.
    Obwohl mir noch ziemlich schwummerig zumute war –
wahrscheinlich kämpfte ich noch mit den Nachwirkungen meines Sterbens –, gelang
es mir dennoch, mich aufzurappeln. Nach alter Sitte reckte und streckte ich
mich erst einmal und leckte dann einen Pfotenrücken naß, um ihn übers Gesicht
und hinter die Ohren zu reiben. Dabei stellte ich überrascht fest, daß die
guten alten Trichter noch an ihrem Platz saßen. Die echten befanden sich
natürlich im Reich der Lebenden und waren von Umberto längst zu
Navigationskreiseln umfunktioniert worden, doch in diesem Scheinleben hatte man
mir wenigstens die Illusion von ihnen gelassen. So hing ich in aller Gemütsruhe
noch eine gute Weile solch schrulligen Gedanken nach, bis in mir so langsam der
Verdacht aufkam, daß sie vielleicht Nachwehen der Narkose sein könnten – und
bis ich in weiter Ferne Antonio sah!
    Augenblicklich fühlte ich mich wie von einem
Starkstromkabel geküßt, und selbst die letzten  Reste der Betäubung fielen
auf der Stelle von mir ab. Ich ließ den Kopf hin- und herkreisen und schaute
mich fahrig um, um Näheres über meinen Aufenthaltsort zu erfahren. Und dann sah
ich es: Ich befand mich in der Tat in einer Kirche. Doch es handelte sich nicht
um eine Himmelskirche, sondern um eine recht irdische und eine recht große
dazu: Ich war auf wundersame Weise in den Petersdom gekommen!
    Die 15000 Quadratmeter messende Stätte lag im
trüben Zwielicht einiger weniger Leuchter und Mammutkerzen.
    Draußen war es immer noch dunkel, und man hörte den
Regen rauschen, lediglich dann und wann unterbrochen vom Gebrüll des Donners.
Zuckende Blitze, deren greller Schein durch die hausgroßen Fenster drang,
erhellten ein Reich von unvorstellbarer Dimension und Kunstfülle, aber auch von
päpstlicher Eitelkeit. Es war die Pracht und Herrlichkeit der katholischen
Kirche, eine barocke Landschaft voll kühner Kurven und grandioser Faltenwürfe,
Showroom und Manifestation des Glaubens in vollendeter Form.
    Ich stand im Mittelschiff des unendlich scheinenden
Raumes, unmittelbar vor dem Papstaltar mit dem knapp dreißig Meter hohen
Bronzebaldachin, an dem der Papst gelegentlich Priester weihte. Dieses
Meisterwerk des Barock, flankiert von zwei in Bronze gegossenen Säulen,
erzeugte Ehrfurcht und Triumphgefühle zugleich. 95 vergoldete brennende
Öllampen zogen sich um die Confessio, den tiefer liegenden Raum am Hochalter, in
dem die Marmorstatue des knieenden Papstes Pius VI. stand.
    Über meinem Kopf und in 123 Meter Höhe wölbte sich
die von Michelangelo geschaffene Kuppel. Vier riesengroße fünfeckige Pfeiler
von gewaltigem Durchmesser und Umfang bildeten das Fundament.
    Darüber erhob sich ein zylindrischer Aufsatz, der
von zahllosen Fenstern durchbrochen wurde. Das Licht der Blitze brach sich in
den Scheiben und es entstanden voluminöse Helligkeitsquader in der Dunkelheit.
Der Donner hallte in diesem kolossalen Resonanzraum wie das Hämmern eines
Riesen lange nach. Von hier unten konnte man mit bloßem Auge die innere
Raumschale und die äußere Schutzkuppel sehen. In dieser Doppel-Halbkugel befand
sich der sogenannte Laternengang, der einem erlaubte, die Kuppel zu umrunden.
    Wie gern hätte ich nun, von keinem einzigen
Fotoblitz eines Touristen gestört, eine Besichtigungstour unternommen. Selbst
von dieser Stelle aus gab es ja schon einiges zu sehen. Ganz hinten die
Cathedra Petri, eine triumphale Phantasie in vergoldeter Bronze und so übergroß
wie ein hochkant aufgestellter Tanklastzug.
    Rechts der prächtige Altar der Heiligen Simon und
Judas, links der der Heiligen Processus und Martinian. Man hätte zwischen all
diesen Altären, Marmorstatuen, Denkmälern, Grabmälern, Reiterstandbildern,
Tauf- und Sakramentskapellen ganze Tage verbringen können, bis man, zum Engel
verwandelt, zur Kuppel geschwebt und dann durch sie hindurch geradewegs in den
katholischen Himmel gefahren wäre.
    Doch leider hatte ich gegenwärtig ganz andere
Sorgen.
    Der Haupteingang mit seiner gigantischen Bronzetür
des Filarete war verschlossen. Offenkundig hatte man alle Wächter und Aufpasser
nach Hause geschickt und Vorsorge getroffen, daß man in dieser Nacht ungestört
blieb. Am Ende des Mittelschiffs hockte Antonio auf seinen Hinterbeinen und
beobachtete mich mit seinen türkisgrünen Smaragd-Augen. Er war nur ein kleiner
Schatten in der Ferne, doch ich erkannte ihn sofort. Der schwarze Orientale
wirkte irgendwie geknickt. Neben ihm

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