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Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Titel: Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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gerobbt war? Falls ein Mensch da überhaupt hineingepaßt hätte.
Eine abenteuerliche Vorstellung. Oder indem er sich in den Brunnenschacht
abgeseilt hatte? Dann hätte er bequemlichkeitshalber doch lieber gleich eine
Handgranate hineinschmeißen können. Von der noch krasseren Monster-Theorie ganz
zu schweigen.
    Von wegen also, der Kannibale vor der Haustür habe
zugeschlagen! Doch was war damals wirklich hier geschehen?
    Ich hatte einen Verdacht. Paps' Angaben zufolge hatten an dem
fraglichen Abend sämtliche Dudes geschlafen, und nach dem letzten Gespräch und
nach dem Abgang seines Meisterschülers war wohl auch Eloi im süßen Minzetraum
versunken. Ab diesem Zeitpunkt gab es nur zwei vorstellbare Möglichkeiten für
den weiteren Hergang. Version 1: Ein Tier von etwa unserer Statur war von außen
durch den Tunnel in die Brunnenhöhle eingedrungen und hatte einen Dude nach dem
anderen gemeuchelt. Keine schlechte Erklärung – allerdings mit einem großen
Haken. Gesetzt den Fall, es handelte sich um ein Wildtier aus dem benachbarten
Naherholungsgebiet (wie Paps anfangs spekuliert hatte), so hatte es ein bißchen
zu viel Umsicht gezeigt. Wildtiere waren dafür bekannt, daß sie wild waren. Sie
schlichen sich nicht zu ihrem schlafenden Opfer, brachten es still und leise um
und gingen dann auf Zehenspitzen zum nächsten. Nein, der Fuchs mochte
vielleicht, was das Anschleichen an den Hühnerstall angeht, wirklich eine
Kanone seines Fachs sein. Aber einmal im Hühnerstall, ließ er die Sau raus. Und
in all dem Tohuwabohu sollte kein einziges Huhn Reißaus genommen haben?
    Version 2: Ich gebe zu, diese Version würde Paps
sicherlich nicht gefallen, weil sie nicht nur sein Weltbild zerstört, sondern
auch häßliche Risse im schönen Lack seiner Biographie erzeugt hätte. Der Feind
kam von innen, was bedeutete, der Killer war schon die ganze Zeit im Brunnen
gewesen. Einer der Dudes kannte sich mit den Drogen- und Schlafgepflogenheiten
der anderen bestens aus. Er wußte, wann die Minze die anderen in den Tiefschlaf
hinabriß und sie in halbe Bewußtlose verwandelte. Deshalb konnte er sich mit
jedem einzelnen von ihnen Zeit lassen. Er ging leise von Dude zu Dude und biß
ihnen in den Nacken. Sie bluteten alle aus. Durch einen Zufall wurde der rote
Alte wach und konnte sich trotz der ihm zugefügten Wunden bis zum Ausgangsrohr
retten und -
    »Spät, aber doch kommst du, Dude. Ich habe schon so lange
auf dich gewartet.«
    Ich erschrak so sehr, daß ich wie von Knallkörpern an
jeder Pfote drangsaliert hochschoß, um mich wirbelte und mich – ja, ich gestehe
es – eines kleinen, umweltfreundlichen Strahls entledigte. Schließlich kippte
ich nach hinten und stürzte in ein Gerippe, das in tausend Einzelstücke
zerbrach. Die Stimme, männlich, warm und zugleich weich, hallte im Gewölbe
immer noch nach wie eine akustische Halluzination.
    Dann sah ich die brillantblauen Augen in der Dunkelheit,
die bisher durch zugeklappte Lider verborgen gewesen waren.

6
     
    Wo war Junior? Diese Frage beschäftigte mich schon seit
einer geraumen Weile. Dabei hatte alles ganz harmlos angefangen, um nicht zu
sagen in bester Stimmung. Genauso wie Gustav waren Sancta, Blaubart und meine
Wenigkeit am Morgen etwas später aufgestanden. Es war ja auch eine lange Nacht
gewesen. Bevor Gustav sich in seinem zerschlissenen Morgenmantel mit den
niedlichen Elefantenmotiven in der Küche ein Frühstück vom Ausmaß des Angebots
der VW-Werkskantine zubereitete, machte er erst einmal unsere Näpfe voll. Noch
ziemlich schlaftrunken schleppten wir uns zum Trog und begannen mit dem
Freßvorgang.
    »Wo ist der Kleine?« fragte ich nach einiger Zeit mit
vollem Mund.
    Blaubart sah nach dem Aufstehen stets aus wie jemand, der
einen schweren Autounfall hinter sich hatte, aus dem Wrack herausgekrochen war
und, im Bemühen, andere Autofahrer auf der Straße auf seine Katastrophe
aufmerksam zu machen, vom nächsten Auto überfahren wurde. Er war ein paar
Jährchen älter als ich. Außerdem war der schwarz-rot-braune Maine-Coon
seinerzeit von Menschen arg mißhandelt worden. In seinem ergrauten Gesicht
klaffte eine verschrumpelte Augenhöhle, er war seines Schwanzes verlustig
gegangen und wirkte überhaupt wie verkehrt herum angezogen. Die vielen
Deformationen hatten auch auf seine Ausdrucksweise abgefärbt.
    »Scheiße ja, das habe ich mich auch gerade gefragt«,
brummte er. »Normalerweise ist er der erste, der den Napf leerräumt, und wir
haben das Nachsehen. Aber

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