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Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Titel: Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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damit gerechnet, daß der Alte noch einen so starken
Verbündeten an Land zieht. Daß er einen Auserwählten findet. Und würden wir
deinen glorreichen Lebenslauf nicht kennen und den freien Willen nicht so sehr
respektieren, hätten wir gleich kurzen Prozeß mit dir gemacht. Wie dem auch
sei, den Schlamassel, den du angerichtet hast, mußt du ganz allein wieder
bereinigen, mein Freund. Denn wenn du es nicht tust, wird er dir irgendwann auf
den Kopf fallen. Du wirst dafür bezahlen müssen, mit deinem eigen Fleisch und
Blut!«
    Ich sah den Silbermond auf der Wasseroberfläche allmählich
größer und größer werden. Er leuchtete in seiner ganzen Pracht und strahlte wie
eh und je Hoffnung auf bessere Tage aus. Und doch dämmerte es mir allmählich,
daß dieser Mond nun nicht mehr der gewohnten, alten Welt angehörte, sondern
einer vollends veränderten.

11
     
    Die fünf Abessinier Haniel, Jafkiel, Camael, Andon und ihr
Anführer oder Sprecher Metathron wiesen Blaubart und mir den Weg. Hoch oben auf
den aneinandergereihten Dächern mit Vogelperspektiven-Blick auf die
zugeschneiten Gärten war dies kein schlechter Dienst. Der Sturm dachte nicht
daran, Feierabend zu machen, und deckte uns mit seinem
Schneeflockenbombardement immer noch ordentlich ein. Von der unerträglichen
Kälte ganz zu schweigen. Da kam es wirklich nicht ungelegen, daß diese zwar
ziemlich blasiert wirkenden, aber offenkundig hilfsbereiten Typen die
nächstgelegene Feuertreppe kannten.
    In vielerlei Hinsicht hatten mich die sonderbaren fünf zum
Nachdenken gebracht, um nicht zu sagen, in Verwirrung gestürzt. Zum einen lag
es an ihrer Rasse, der ältesten unserer Art, wie es heißt. Gewiß, Abessinier
sah man nicht alle Tage, und deshalb ging unweigerlich etwas Geheimnisvolles
von ihnen aus. Sie waren mit ihrem eher dem Wildkaninchen ähnelnden,
sandfarbenen Fell, ihren zwischen Zinkgelb und Blaßgrün changierenden Augen, vor
allem jedoch ihren dornengleich aufragenden Härchen an den Ohrspitzen, den
sogenannten Ohrpinseln, quasi die Howard Hughes' unter uns Normalsterblichen.
Doch das erklärte nicht wirklich mein Befremden. Es war das Auftreten der fünf.
Sie schienen irgendwie nicht von dieser Welt zu sein. Ihr nachsichtiges und
philosophisches Gehabe erinnerte mich an Gestalten, denen ich vor Urzeiten
schon einmal begegnet war. Man wollte kein Freund von ihnen sein, und doch
faszinierten sie einen.
    Dann waren da Metathrons Andeutungen um den vermeintlich
unrettbar verlorenen Junior. Er wollte sich nicht darauf festlegen, daß der
Junge tot war. Aber was war dann mit ihm geschehen? Und woher wollte dieser
aufgeblasene, wie aus dem Nichts aufgetauchte Typ überhaupt wissen, was in der
Nacht mit Junior geschehen war, wenn er doch selber zugab, kein Hellseher zu
sein? Und schließlich war da die wirklich knifflige Angelegenheit mit diesem
blöden Kontrakt, den ich vor langer Zeit unterschrieben haben sollte. Metathron
hatte darauf angespielt, daß Juniors Verschwinden irgendwie damit
zusammenhinge. Ohne genau zu wissen, wovon er überhaupt sprach, hatten mich
seine sibyllinischen Worte getroffen wie ein Keulenschlag. Es war, als wäre
nach siebzehn Jahren herausgekommen, daß ich als jugendlicher Adonis in einem
Spitzohr-Porno mitgewirkt hatte, der nun im Internet kursierte. Aber es
handelte sich nicht um einen Porno, sondern um ... ja, langsam begann ich mich
an diesen albernen Vertrag zu erinnern. Und an alles, was er beinhaltete. Auch
entsann ich mich mit einem Mal an die Narben an meinem Hintern, über die längst
dichtes Fell gewachsen war. Doch es war wie verflixt, die längst vergilbten
Bilder in meinem Hirnarchiv fanden nur quälend langsam Zugang in mein
Bewußtsein. Und als der unerbittliche Zensor sie endlich zur Betrachtung
freigab, wollten sie keinen rechten Sinn ergeben.
    Nach einem nicht ungefährlichen Abstieg auf den vereisten
Stufen der Feuertreppe stapfte unser Konvoi über die Mauern zum besagten
Garten, in dessen Mitte der Brunnen stand. Es war der falsche Zeitpunkt für
melancholische Rückerinnerungen an die vielen verstrichenen Jahre, seitdem ich
diesen Ort zum ersten Mal betreten hatte. Dennoch löste der Anblick des
Brunnens genau dieses Gefühl in mir aus, und für einen Moment hatte ich einen
Kloß im Hals. Natürlich hatte sich die Kulisse mittlerweile komplett verändert.
Waren die alten Gründerzeitgebäude damals halbe Ruinen gewesen, die nicht
einmal die raffgierige Brut hätte erben wollen, so sahen sie nach

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