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Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Titel: Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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unter
unseren Pfoten eine gesprenkelte Blutspur auf. Sie war inzwischen gefroren und
sah schon bräunlich aus. Sofort fing mein Herz an zu rasen und zu hämmern, als
hätte ich soeben einen Marathonlauf absolviert. Meine schlimmsten Befürchtungen
drohten Wirklichkeit zu werden. Dennoch nahm ich allen Mut zusammen und folgte
den Blutstropfen. Der ebenfalls vollkommen aufgelöste Blaubart und die
Abessinier blieben dicht hinter mir.
    Die Spur schien zunächst überall hinzuführen, da sie sich
verzweigte, verwirrende neue Richtungen einschlug oder sich großflächig an
einer Stelle konzentrierte. Dennoch gab es so etwas wie eine Hauptlinie, die
unerbittlich zu einer aufgetürmten Ansammlung von Elektronikschrott führte. Als
wir dort ankamen, machte die Spur einen Schlenker um die Ecke. Ich atmete tief
ein, bog ebenfalls um die Ecke und -
     
    Drei völlig unterschiedliche
und sich widersprechende Gefühlsregungen nahmen gleichzeitig von mir Besitz:
Entsetzen, Erleichterung und Wiedererkennen. Hinter dem Elektroschrotturm stand
eine Kommode mit stilvollen Intarsien und aufgerissenen Schubladen. Davor
standen zwei Kerzenständer, die sehr lang und jeweils mit einem Spieß zum
Aufstecken der Kerze ausgestattet waren. Einer dieser Spieße hatte ... Eloi vom
Bauch aus durchbohrt und war aus dem Rücken wieder herausgetreten.
    Trotz der vielen vergangenen Jahre und der ihn
entstellenden Pose erkannte ich ihn sofort. Dem Siamesen, der bäuchlings wie
eine erschlaffte Riesenwurst an dem Ding hing, war aus der Stichwunde, aber
auch aus Nase und Maul jede Menge Blut geflossen, das inzwischen schon geronnen
war und sich schwarz gefärbt hatte.
    Gewiß war ich erleichtert, weil ich nicht Junior vor mir
hatte. Trotzdem sagte mir eine innere Stimme, daß er mit dieser Sache etwas zu
tun haben mußte. Und natürlich wußte ich auch, daß es sich bei dem
Aufgespießten in Wahrheit nicht um Eloi handelte, sondern, na ja, vielleicht um
einen Doppelgänger, um seinen Bruder oder gar um seinen Sohn. Etwas Furchtbares
mußte sich hier abgespielt haben. Doch wieso zog ein Blutbad, das sich vor
siebzehn Jahren ereignet hatte, immer noch einen Blutstrom nach sich?
    Um meine Gedanken zu ordnen, legte ich den anderen kurz
den Sachverhalt dar. Unterdessen sprang Blaubart in die aufgezogenen Schubladen
und inspizierte schnüffelnd eine nach der anderen. Als ich zu Ende gesprochen
hatte, steckte er bereits in der untersten Schublade und versuchte mit der
Schnauze, etwas Schweres hochzustemmen. Schließlich gelang es ihm, das Ding mit
einem Kopfstoß über die Vorderwand der Schublade zu kicken. Es schlug auf dem
Boden auf und zersplitterte.
    »Schau mal, Francis, der Kerl hier auf dem Bild sieht wie
eine Kopie von der Blutwurst da aus.«
    Wir alle blickten auf eine gerahmte Schwarzweißfotografie
hinter zersprungenem Glas, das fast bis zur Unkenntlichkeit verschmutzt war. Es
handelte sich um einen alten Zeitungsausschnitt, der Refizul und Eloi zeigte.
Allerdings einen recht aufgeräumten Refizul im schicken Tweedanzug, wie ich ihn
noch nie zuvor gesehen hatte, und einen Eloi, der zu seinem einstigen Dude-Look
solcherweise in Kontrast stand wie eine Glitterhose mit Pailletten zu einer
abgetragenen, löchrigen Jeans. Der Alte hatte seine linke Hand auf meinen
einstigen Mentor gelegt. Die beiden schienen ein richtiges Paar zu sein, mehr
noch gute Geschäftspartner, die einander die Bälle zuspielen. In der
Bildunterschrift darunter wurde die Anstalt Morgenrot erwähnt und die
darin praktizierte, ausgefallene Therapie mit unseresgleichen, die sich in der
Pilotphase befände. Und daß Refizul der Direktor der Anstalt sei!
    »Hast du nicht erzählt, daß man diesen Typen damals als
armen Irren in der Klapse eingekerkert hat?« wollte Blaubart wissen.
    »Ähm ... ja.«
    »Und hast du nicht gesagt, daß dieser Siam so was wie der
Häuptling der Brunnenhippies war, der sich den lieben langen Tag einen
Minzestengel nach dem anderen reingezogen hat?«
    Ich öffnete den Mund, um erneutes Gestammel von mir zu
geben, als Metathron zwischen uns trat und mich mit seinem grünäugigen
Hypnoseblick gefangennahm. Seine zwischen Kupferrot und Sandfarben schwankenden
Fellhaare hatten sich alle einzeln aufgerichtet, und so desolat, wie ich mich
nun fühlte, vermeinte ich sogar eine goldene Aura um ihn zu sehen.
    »Ich glaube, Francis ist momentan ziemlich geschockt und
hat deshalb mit gewissen Erinnerungslücken zu kämp fen«, sagte er und
präsentierte abermals

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