Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman
UNO-Kläffer nun auch als Verdächtige aus dem Rennen waren, mein Instinkt warnte mich davor, die Denkarbeit in diese Richtung als definitiv fruchtlos zu betrachten. Nicht daß ich Hektor verdächtigte, mir immer noch ein paar brisante Details vorzuenthalten. Aber da hatte es irgend etwas in dieser Vergangenheit gegeben, dessen bestialische Existenz bis heute und bis zu unserem einst friedlichen Revier fortwirkte. Ohne daß Hektor und seine Kameraden es selber wußten, hatten sie ES zu uns gebracht!
»Ich kann mir nicht helfen, Hektor, irgend etwas weigert sich in mir, diese Spur endgültig aufzugeben«, platzte ich schließlich heraus, nachdem eine kleine Weile der Ratlosigkeit verstrichen war.
»Du verdächtigst uns weiterhin dieser Greueltaten?«
Ein zerzauster Ballen Entrüstung starrte mich mit aufgerissener Schnauze an, so daß ich in aller Ruhe das Trümmerfeld von einem gelbbraunen Kläffergebiß studieren konnte.
»Mitnichten tue ich das, Partner. Nun, es fällt mir schwer, es dir begreiflich zu machen, aber eigentlich handelt es sich um ein Gefühl, um ein irrationales, versteht sich. Ich glaube, du und deine Freunde habt aus der Hölle ein Stück Hölle mit eingeschleppt.«
Hektor runzelte zweifelnd die Stirn und blinzelte.
»Was meinst du mit eingeschleppt ? Vor allem was ?«
Ich schüttelte resigniert den Kopf.
»Keine Ahnung. Wenn ich das wüßte, würde ich nicht solche kryptischen Kassandrasprüche absondern. Einen Geist vielleicht. Ja, ein Geist ist mit euch zu uns gekommen, der Geist des Krieges. Was hältst du von dieser brillanten Theorie?«
Die Zweifel in seinem Gesicht wichen einem scharfen Argwohn gegenüber einem anderen Geist, nämlich meinem eigenen, was kaum verwunderlich war, konnte ich dessen Zustand doch auch selbst nicht guten Gewissens als Güteklasse A deklarieren. Schnell legte aber Hektor diesen Argwohn wieder ab und faltete sein Gesicht in eine nachdenkliche Miene, als ließe er sich allen Ernstes den hanebüchenen Schwachsinn durch den Kopf gehen.
»Ein Geist, sagst du?« sprach er wie zu sich selbst.
»Nun, ich hielt dich bis jetzt für einen Rationalisten und keinen Freund von Geisterbeschwörungen. Man lernt halt nie aus. Zwar bin ich mir nicht bewußt, irgendwas eingeschleppt zu haben, auch bin ich während meines Dienstes keinem Geist persönlich begegnet. Aber sei's drum. Das trifft sich sehr gut ...«
Ehe ich wiederum auf seine mysteriöse Antwort richtig reagieren konnte, beugte er sich abrupt nieder und begann wie von Sinnen mit den Vorderpfoten am Fuße der Zaunbretter zu scharren. Die Erde flog nur so durch die Luft, und innerhalb von Sekunden hatte er eine ansehnliche Mulde gegraben. Ich betrachtete das sonderbare Verhalten eine Weile, bis ich es zuletzt nicht mehr aushielt.
»Hektor, was, um Himmels willen, machst du da eigentlich? Glaubst du, dort unten liegt der böse Geist aus dem Balkan vergraben?«
»Nein, aber ein saftiger Knochen!« hechelte er listig.
Aha, darum ging es also. Das alte Lied! Ich muß gestehen, daß ich diesen Kläffertick schlicht und einfach widerlich finde. Und völlig überflüssig, weil der ursprüngliche Zweck für einen heutigen Zeckenteppich, der regelmäßig sein Futter bekommt, längst seinen Sinn verloren hat. Seine vermeintlichen Ahnen, Wölfe in kleinen Rudeln, vergraben, nachdem der Hunger gestillt ist, gelegentlich größere Fleischbrocken ihrer Beute, um sie vor Nahrungskonkurrenten - Krähen, Raben oder Geiern - in Sicherheit zu bringen. In heißen Sommermonaten sind die vergrabenen Beutereste auf diese Weise außerdem noch vor lästigen Fliegen und Maden geschützt. Es scheint so, daß unsere »Wölfe light« diese unappetitliche Sitte ehern pflegen anstatt wie wir stets Frisches zu bevorzugen. Warum Hektor jedoch ausgerechnet jetzt von einer Heißhungerattacke überfallen wurde, blieb mir schleierhaft.
»Entschuldige, Hektor«, meldete ich mich nach einem Anstandsräuspern zu Wort. »Aber man sagt, daß Depressionen den Appetit zügeln. Wenn ich mich nicht täusche, haben wir erst vor einer Stunde vorzüglich gespeist. Heißt das nun, daß du dich von deinem Kummer wieder erholt hast?«
»Der Knochen ist nicht für mich, Francis. Er soll eine milde Gabe für die Geisterbeschwörerin sein.«
Er hatte inzwischen so tief gebuddelt, daß der Gelenkhöcker eines augenscheinlichen Rindsknochens aus der Erde hervorlugte. Er klemmte das Teil zwischen die Zähne, zog es mit einem Ruck aus dem Loch heraus und
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