Felidae 4 - Das Duell
schon irgendwo hinterlegt hatte, bis es auf die kriminalistische Spürnase Francis stieß!
Max, der kranke verlorene Sohn, hatte wohl kaum vorhergesehen, wieviel Schaden er mit seiner Flucht und seinem buchstäblich mörderischen Klamauk bei Animalfarm anrichten, wie nah er diesen satanischen Konzern an den Rand des Bankrotts treiben würde. Um ihn einzufangen, war das Nervenzentrum des Unternehmens in unser Revier verlegt, waren in biologischen Dingen fachkundige Jäger engagiert worden. Diese sollten ihn vor dem Termin der Präsentation einfangen, denn ohne den Prototyp ...
Mit einem Male fiel mir eine Ungereimtheit auf. Adrian hatte mir erzählt, daß er und seine Leidensgenossen für Animalfarm deshalb von Interesse wären, weil die Forschung an ihnen weiterbetrieben werden sollte. Doch so, wie die Dinge jetzt standen, steckte hinter den Blasrohrattacken etwas viel Grausameres. Der Konzern hatte in Wahrheit die Experimente mit hypoallergenischen Rassen schon längst ad acta gelegt – nämlich in dem Moment, als Agatha und Gromyko Maximilian auf die Idee mit dem absolut perfekten Haustier brachten. Die Glashausbewohner waren nur die bemitleidenswerten Invaliden eines Vorläuferprojekts, wertlos gewordene Entwicklungsstufen auf dem Weg zum höheren Haustiersein. Schlimmer noch: Sie waren die lebenden und lästigen Beweise einer schmutzigen Vergangenheit, die Animalfarm unter allen Umständen beseitigen mußte. Offensichtlich traute man sich nicht, die Tiere direkt im Glashaus zu erschießen oder sonstwie zu pulverisieren. Es hätte zu viel Staub aufgewirbelt, man hätte lediglich ein paar der Kandidaten erwischt und die anderen in die Flucht getrieben, und überdies wären Agatha und Gromyko gewarnt gewesen. Nein, viel klüger erschien es, sie nach und nach mit Betäubungspfeilen einzufangen und dann in aller Ruhe verschwinden zu lassen. Für diesen letzten Akt war die Abgeschiedenheit der Manufaktur vorzüglich geeignet. Aber was, wenn Animalfarm angesichts der Zuspitzung der Ereignisse nun eine andere, härtere Gangart einschlug?
Ich sprang mit einem lauten Poltern auf die Pfoten. Archie drehte den Kopf überrascht in meine Richtung, doch noch ehe er mich erkennen konnte, war ich schon wie der Wind aus der Balkontür hinaus. Ich mußte Adrian warnen. Er und die anderen schwebten in Lebensgefahr. Denn mein unfehlbarer Instinkt sagte mir, daß die letzte Schlacht unmittelbar bevorstand. So grimmig, so kaltblütig, wie ich die Skimaskenmänner heute erlebt hatte, schien es nicht gerade, als wollten sie auch in Zukunft nächtelang hinter Pyramidenbäumen kauern und sich dabei die Zehen abfrieren, um irgendwann ein Tierchen von der Terrasse zu holen. Die Zeit drängte, sie waren nervös geworden. Deshalb würde Animalfarm jetzt zum Großangriff übergehen.
Den Abstieg von der Feuertreppe schaffte ich nur bis zur Hälfte. Auf halber Höhe ließ ich mich, alle viere von mi r gestreckt, wie eine Fledermaus herunterfallen und landete zu meinem Glück auf einer Schneewehe. Dann flitzte ich los, als wäre unter meinem Hintern eine Bombe hochgegangen. Ich hatte das Gefühl, als würde mein Körper von einem Verbund tausender Kraftwerke versorgt. In schwindelerregendem Tempo raste ich über die Zickzackpisten der Mauern, bis nach einer Weile endlich das Wäldchen vor mir auftauchte.
Ich sprang von der Mauer, durchquerte das Unterholz und betrat den zugeschneiten Park. Aus der Feme betrachtet, schien alles in Ordnung zu sein. Das Glashaus glimmte mit seinen dämmrig leuchtenden Lampen in der Finsternis wie ein Meer aus Kerzen. Alles war ruhig, und von irgendwelchen Angreifern keine Spur. Vielleicht hatte mich mein Instinkt getrogen, und ich war grundlos in Panik geraten. Wenn nur nicht diese eine Kleinigkeit gewesen wäre ...
Gern hätte ich mir selber weisgemacht, daß es sich bei dem Ding mitten im Park lediglich um einen weiteren Pyramidenbaum handelte, der sich im Gegenlicht als düsterer Schattenriß abzeichnete. Das Problem war nur: Trotz massivster Selbstsuggestion wollte er sich nicht in einen Pyramidenbaum verwandeln. Also näherte ich mich ihm vorsichtig, wobei meine Pfoten im tiefen Schnee einsanken wie Zahnstocher im Kartoffelpüree. Ganz allmählich wurden klare Konturen sichtbar, die zu einem Rollstuhl zu gehören schienen. Ich ahnte bereits, wer darauf saß, und doch war es ein schlimmer Schock, als sich die Ahnung bestätigte. Auf dem Rollstuhl ruhte niemand anderes als Agatha. Sie steckte noch im
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