Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman
leiser wurde der Schrei, bis er irgendwann gänzlich erstarb.
»Was seid ihr für seelenlose Barbaren!«, rief ich aus und löste mich von der Menge. Es war mir vollkommen gleichgültig, dass ich mit dieser Aktion mein eigenes Todesurteil unterschrieb. So wie ich diese Ungeheuer einschätzte, stand
mein Schicksal vermutlich sowieso schon fest. »Wer seid ihr überhaupt? Eine Heimsuchung, die uns ein bestialischer Gott geschickt hat, weil ihm langweilig war? Meuchelmörder, die von Revier zu Revier weiterziehen, um ihren Blutdurst zu stillen? Wer gibt euch das Recht, einfach so ein junges Leben zu vernichten? Verschwindet endlich und kehrt dorthin zurück, wo ihr hergekommen seid, und zwar geradewegs in die Hölle!« Ich gebe zu, ich hatte so ziemlich die Nerven verloren.
Die sieben auf dem Podest warfen einander derart konsternierte Blicke zu, als hätte ich sie beim Poker mit gezinkten Karten erwischt. Dann legten sie ihre Spitzohren tief an und kräuselten die Schnurrhaare nach hinten, ein sicheres Zeichen dafür, dass sie auf Kampfmodus geschaltet hatten. Aus der Menge hinter meinem Rücken kam kein Mucks. Alle warteten gespannt ab, wie der ungleiche Kampf ausgehen würde. Er war schnell entschieden.
»Okay, Morf!«, sagte der schwarze Oberdicke nach den verstrichenen Schrecksekunden völlig kalt. Offenbar hielten sie es angesichts der ungeheuerlichen Provokation nicht einmal mehr für nötig, das Schmierentheater eines Prozesses aufrechtzuerhalten.
»Haha, sehen Sie, Euer Ehren, wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass mein Mandant jegliche Kontrolle über seinen Verstand verloren hat, so hat er ihn mit diesen konfusen Worten selbst geliefert. Ich plädiere auf Unzurechnungsfähigkeit!« Max war mir sowohl rhetorisch als auch leibhaftig zur Seite gesprungen und präsentierte dem »Hohen Gericht« ein cleveres Lächeln. Was allerdings so echt wirkte wie eine Münze aus rundgeformter Schokolade in Goldpapier.
Er warf mir kurz einen bitterbösen Bist-du-noch-ganz-dicht? -Seitenblick zu.
»Das hörte sich aber gar nicht nach geistiger Umnachtung an, Anwalt«, sagte der Dickwanst mit kaum unterdrückter Schadenfreude in der Stimme. »Im Gegenteil, seine Anklage klingt mir nachvollziehbar und rational. Aus seiner Sicht, wohlgemerkt.«
»Aber nein, aber nein.« Max wand sich, wobei er sein falsches Gegrinse aufrechterhielt. »Mein Mandant leidet schon seit Längerem an unterschiedlichen seelischen Defekten. Deshalb suchte er ja auch einen Psychologen namens Sigmund auf. Der Grund, weshalb dieser bedauernswerte Bruder das Geheimnis an Nicht-Eingeweihte preisgegeben hat, hängt mit seinen diversen geistigen Störungen zusammen. Deshalb gehört er nicht in den Morf, sondern in heilende Pfoten.«
»Ihr kommt mir alle vor wie Verklemmte, die am laufenden Band schlüpfrige Andeutungen machen, um nur nicht das Wort Sex ins Maul nehmen zu müssen«, sagte ich. Inzwischen hatte ich mich wieder einigermaßen abgeregt, obwohl der Groll und die Trauer um den kleinen Weißen immer noch in mir rumorten. »Kann mir vielleicht jemand verraten, worum es hier überhaupt geht? Halt, antwortet mir nicht! Eigentlich bin ich schon selbst draufgekommen. Also, aus irgendeinem total bekloppten Grund läuft die Zeit rückwärts, ohne dass es jemand merkt. Und es soll auch niemand merken. Blöderweise gibt es aber solche Ausnahmen wie mich und ein paar andere, die es dennoch tun. Um uns zum Schweigen zu bringen, tretet ihr auf den Plan, wer immer ihr auch seid. Vielleicht seid ihr die total geheime,
absolut anonyme und nirgendwo vermerkte Superduper-Geheimorganisation, vor der alle Verschwörungstheoretiker und Paranoiker der Welt aus lauter Ehrfurcht auf die Knie fallen würden. Ist aber auch egal. Ich kann euch jedenfalls eines verraten: Euer Plan wird nicht aufgehen. Die Wahrheit kommt immer ans Licht. Wenn nicht heute, dann morgen. Und ob ihr mich und noch Tausend andere in dieses Loch da reinschmeißt, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Am Ende werdet ihr verlieren.«
Der erboste Gesichtsausdruck der sieben Möchtegern-Richter auf dem Podest hatte sich während meiner Rede zu einem geschockten gewandelt, und sie starrten mich nun nur noch baff an. Ich schien da wohl einen entzündeten Nerv getroffen zu haben. Nur mühsam löste sich der Oberdicke in der Mitte schließlich aus seiner Lähmung, doch anstatt den Wütenden und Erbarmungslosen zu markieren, gab er den Nachdenklichen, um nicht zu sagen den Philosophen. »Du denkst, du
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