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Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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Viehtreiber im wörtlichen Sinn, die mich in mein Verderben trieben, legten wie befohlen einen Zahn zu und drängten mich schließlich bis an den Rand des Morfs. Als ich so unverwandt in ihn hinabschaute, wurde ich trotz meiner prekären Lage von dem Anblick geradezu überwältigt. Es pulsierte nicht nur rot darin, sondern es kochte. Goldpulverig funkelnde Dunstschwaden durchwehten das sich in die Tiefe schlängelnde, wie von Millionen grobschlächtigen Ringen umfasste Gedärm. Das Echo eines melodischen Röchelns schien diesem Schlund zu entsteigen. Das Ganze hatte etwas Hypnotisches, obwohl ich ja von dem Hypnose-Quatsch inzwischen die Nase voll hatte.
    Ich wurde geradezu geblendet. Aber nicht, was mein Denkvermögen betraf. Denn ich war mir nun sicher, dass die physikalischen Vorgänge im Morf direkt mit den Aktivitäten der »Mechaniker« beziehungsweise mit der Stromversorgung zusammenhingen. Das Pulsieren darin ging nämlich allmählich und immer öfter in ein unregelmäßiges Stottern über. Das rote Glühen setzte aus, sodass im Schacht für eine Weile tiefste Finsternis herrschte, dann
glühte es wieder, setzte wieder aus, diesmal länger als das letzte Mal, zeigte sich erneut, allerdings nur noch als schwach rotes Glimmen, und so weiter und so fort. Jedenfalls schien das Zauberloch durch das Versagen der Elektrik schweren Schaden genommen zu haben. Es war mir unverständlich, weshalb man solchen Aufwand betrieb, um unliebsame Artgenossen hinzurichten. Ein sauberer Genickbiss, wie es meine Art bei der Tötung des Wildes bevorzugte, hätte es auch getan. Wie dem auch sei, zumindest wurde mir nun klar, weshalb der ganze Hinrichtungszirkus ausgerechnet hier stattfinden musste: Für eine derart energiefressende Installation wie den Morf benötigte man offenkundig eine Anlage, welche über eine elektrische Infrastruktur industriellen Ausmaßes verfügte.
    Der Schaden weitete sich aus. Doch diesmal war mein Kopf davon betroffen. Das heißt, ich wusste es nicht, weil ich plötzlich zwischen Realität und Trugbild nicht mehr unterscheiden konnte. Alles um mich her schien auseinanderzukrachen wie bemaltes Glas, das in tausend Scherben zerspringt. Der Morf unter meinen Pfoten, er löste sich vom Ganzen in Form eines rot glühenden Splitters und schwebte davon. Die sieben Richter auf ihrem Podest mit in Panik weit aufgerissenen Augen, sie waren ein weiteres Puzzleteil, das vom Gesamtbild abbrach und wegflog. Das schwarze Fellgewimmel in der Halle zerstob in tausend Teile. Gleißendes Licht schmerzte meine Netzhäute, während mein Jüngstes Gericht Stück für Stück sich selbst zersetzte, so vollständig, dass am Ende sogar sämtliche Geräusche wie von einem kosmischen Geräuschstaubsauger aufgesogen verschwanden. Ich schloss die Augen …
    Dann kehrten die Geräusche mit einem Mal wieder zurück. Aber es waren andere Töne: Vogelgezwitscher, der Wind in den Bäumen und das kaum hörbare Schnattern des Radios aus der Küche. Ich öffnete die Augen. Und war ehrlich gesagt kaum überrascht, als ich merkte, wo ich mich unversehens wiederfand. Richtig geraten: in unserem Garten.

7
    Nun, das hatten wir ja schon mal. Das mit dem Gemütlich-im-Garten-Hocken nach einem Beinahetod schien sich inzwischen zu einem echten Running Gag zu entwickeln. Entweder hatte mein Hirn bei dem Unfall – ich glaubte insgeheim immer noch daran, dass mir einer widerfahren war – einen solch schweren Schaden genommen, dass nichts mehr zu retten war, oder aber das alles passierte wirklich, und ich befand mich inmitten der schlimmsten Katastrophe meines Lebens. Wenn das Letztere zutraf, dann sah es auch für den Rest der Welt nicht besonders gut aus.
    Das Szenario war sattsam bekannt: behagliches Gartenidyll inklusive strahlender Sonne am wolkenlosen stahlblauen Himmel und wuchernder Pflanzenpracht, so weit das Auge reicht. Und auch das Personal, das von diesem Idyll kaum zu trennen war, kam prompt herbeigeeilt: Sancta und Junior betraten durch die geöffnete Küchentür den Garten. Sie wirkten nicht so, als hätten sie soeben beobachtet, wie ich hier plötzlich hergebeamt worden war, sondern benahmen sich der angenehm sommerlichen Stimmung entsprechend völlig leger.
    Jetzt war eine Grundsatzentscheidung zu fällen. Ich konnte ihnen wieder erzählen, welch unglaubliches Abenteuer hinter mir lag. Allerdings hatte es auch nicht unbedingt den Anschein, als brannten die beiden darauf zu erfahren, wie die erste Sitzung bei Sigmund abgelaufen

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