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Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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führen würde. Ich befand mich im falschen Gebäude. So
einfach war das. Pi hatte gut reden gehabt mit seinem »Nur du kannst es« und »Nur du bist in der Lage«. Wie ich so mutterseelenallein mitten in diesem erlesenen Flur stand, hätte ich am liebsten gebrüllt: Du kannst Scheiße nun mal nicht in Gold verwandeln, auch wenn du alchemistisch denkst, Pi! Es war zum Verzweifeln.
    Bis meine Ohren plötzlich doch ein Geräusch vernahmen …
    Es setzte sich zusammen aus aggressivem Tastaturtippen und vernehmlichem Gemurmel. Ich warf den Kopf hin und her und versuchte herauszubekommen, aus welcher Richtung es kam. Wenn mich nicht alles täuschte, von links. Anscheinend wurden selbst beim Staatsapparat Überstunden geschoben. Vorsichtigen Schrittes, in geduckter Haltung und aufs Äußerste gespannt, schlich ich mich über den flauschigen Teppichboden zu der vermuteten Geräuschquelle. Einige der Türen standen offen, und ich hielt immer wieder inne und lugte hinein. Doch die ersten riskierten Blicke in die Räumlichkeiten waren enttäuschend, weil diese leer standen. Es handelte sich stets um sehr weiträumige Büros, die mit dem letzten Schrei an Designermobiliar ausgestattet waren. Es war unverkennbar, dass hier keine 08/15-Beamte mit Ärmelschonern und Kaffeetassensprüchen wie »Samstag Sonntag Scheißtag!« wirkten, sondern höhere Chargen, vielleicht Staatssekretäre.
    Unterdessen ebbte das Geräusch auf und ab, wobei das Gemurmel immer mehr in ein lautes Selbstgespräch überging. Schließlich war ich an der letzten geöffneten Tür angelangt und steckte meine neugierige Nase behutsam um die Ecke.
    »… Ja klar, bin ja nicht so wichtig! Ja klar, mit mir kann man es ja machen! Ja klar, ich darf mich hübsch ums Elterngeld, Kindergeld, um Zusatzzahlungen für Eheberatung und Milchbrei kümmern, während die hohen Herren dort unten wieder mal die Welt retten. Wisst ihr, was ich dazu sage? Hach!, sag ich, Hach! …«
    Die das alles in einem höchst angeschickerten Singsang von sich gab, sah aus wie der wiederauferstandene Peter Ustinov in der weiblichen Variante. Die Dame jenseits der Menopause wog nach meiner Einschätzung so viel wie ein Cola-Automat, trug eine ondulierte, blond gefärbte Haarpracht, die auch einer Mamsell aus einer Wilhelm-Busch-Bildergeschichte gestanden hätte, und war so grell geschminkt wie eine Oma beim Rosenmontagszug. Sie steckte in einem dunklen Business-Anzug, den selbst der Laden für Übergrößen wohl hatte extra anfertigen lassen müssen. Sie saß an einem gewaltigen Schreibtisch, auf dem sich Papiere und Schnellhefter en masse türmten. Er war der Mittelpunkt eines Büros von kolossalem Ausmaß und exquisiter Einrichtung. Schränke, Regale, Tisch und Sessel für Gäste und die abstrakten Gemälde an den Wänden zeugten vom hemmungslosen Austoben eines Innenarchitekten oberster Kategorie und ohne Budgetbeschränkung. Im Hintergrund gaben aufgeschwungene Flügeltüren den Blick frei auf eine riesige Terrasse, die im Mondschein silbrig glänzte. Ich hob vorsichtig den Kopf und schaute zu dem in der Eingangstür eingelassenen Schild auf:
    FAMILIENMINISTERIN
GUNDULA VON DARFT
    Die Ministerin hatte sich so dicht an den Schirm ihres Notebooks gebeugt, als gelte es einen Weitsichtigkeitstest zu absolvieren. Neben ihr standen eine leere Flasche Rotwein und ein leeres Glas. Und gleich daneben noch eine frisch entkorkte Flasche. Sie schüttete sich daraus eine gute Ladung ins Glas, nahm einen Schluck und fuhr mit ihrem Selbstgespräch fort. »Ich weiß, was Sie alle denken, ja, das weiß ich sehr wohl, meine Herren. Familie und so ein Gedöns überlässt man der Doofen, der Alten, der mit den Hitzewallungen! Genau das geht in eurem Kopf vor. Das ist der Dank dafür, dass ich für die Partei zehn Landtagswahlen überlebt habe. Ja, mit mir kann man es ja machen …«
    Mit einem Mal, gerade so, als besäße sie übersinnliche Kräfte oder könnte selbst tote Winkel wahrnehmen, fuhr sie zu mir herum und starrte mir geradewegs in die Augen. Ich war paralysiert. Aber nicht deswegen, weil ich ertappt worden war, nein, es wäre für mich ein Leichtes gewesen, vor diesen Kartoffelstampferbeinen Reißaus zu nehmen, sondern ob der unglaublichen Güte in diesem Gesicht. Gewiss, Frau Ministerin stellte die Karikatur einer durch die Mühlen des Politikbetriebs zerriebenen alten Matrone dar, die alle Bitternis im wahrsten Sinne des Wortes in sich hineingefressen hatte. Und doch glühte in ihren Augen solch

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