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Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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Glück. Wenn man bei einem Fünfzig-Meter-Sturz überhaupt von Glück sprechen konnte. Sie hatte mich weiterhin fest im Griff, und als sie mit ihrem traktorreifengroßen Hintern und wie eine Feuerwehrsirene heulend unten auf das Glasdach krachte, befand ich mich günstigerweise oben, also auf ihrer Vorderseite, sodass mich der Aufprall nur indirekt betraf. Das hörte sich nach einem komfortablen Flug und einer sanften Landung an, doch brannten sich diese Sekunden gleich einer Höllenfahrt in mein Hirn ein.
    Als das menschliche Geschoss auf eines der Glaselemente traf, zerbrach dieses unter explosionsartigem Scheppern in tausend Stücke. Die Geschwindigkeit und die Wucht des Sturzes wurden durch diesen Widerstand jedoch nur geringfügig abgemildert, und Gundula und ich flogen weiter erdwärts. Schließlich schlugen wir im Zentrum des in einem seltsamen Dämmerlicht gehaltenen Konferenzsaales auf dem Holzdielenboden auf. Das heißt, Gundula schlug dort auf, wogegen ich durch die plötzliche Vollbremsung einen gewaltigen Hopser von ihrem Bauch machte und dann gleich
darauf neben ihrem Kopf auf vier Pfoten landete. Als ich mich von dem Schreck einigermaßen erholt hatte und mir die Verunfallte besah, erkannte ich auf der Stelle, dass ihre Politkarriere wohl endgültig beendet war und sie es kaum mehr zur Kanzlerin bringen würde. Sie hatte die Augen geschlossen wie zum tiefen Schlaf, und aus ihrem Mund sickerte ein Blutrinnsal. Sie lag da wie ein gestrandeter Wal. Gute Nacht, Madam, Sie werden mir mit absoluter Sicherheit in lebhafter Erinnerung bleiben. Und Gott segne Sie!
    Ich schaute mich zaghaft um. Von dem tribünenhaften Sitzmobiliar mit Lederbezug glotzten mich mit entsetzter Miene sämtliche bekannten Staatsoberhäupter dieser Welt an, und zwar live anstatt wie gewohnt via TV. Zuvorderst die wichtigsten Länder: USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Russland, China und so fort. Mist, hatte ich doch glatt meinen Redebeitrag zu Hause vergessen, haha! Alle diese Gesichter waren etwas aufgeschwemmt und wirkten durch die ständigen Galadiners irgendwie wächsern. Und samt und sonders besaßen sie im Gegensatz zu der Mehrheit der normalsterblichen Menschen eine markante physiognomische Abweichung, einen besonders eindrucksvollen Zinken, ein unmögliches Hasengebiss oder eine absonderliche Frisur. Bis auf die deutsche Delegation natürlich, die ziemlich bieder und farblos daherkam. Sie steckten in Maßanzügen oder Business-Kostümen, und ihre Schuhe schienen wie mit Autolack besprüht. Gleich einem ausgeblichenen Schleier legte sich ein fahler Schein aus Art-déco-Wandlüstern auf sie.
    Der Security war bestimmt kein Vorwurf zu machen.
Wer hätte denn auch auf den Gedanken kommen können, dass sich die Familienministerin von Darft vor lauter Zurücksetzungsfrust von ihrer Büroterrasse stürzen und mitten vor die Füße der Teilnehmer einer politischen Jahrhundertkonferenz plumpsen würde? Die Regierungschefs waren zu Salzsäulen erstarrt, sämtliche Münder standen sperrangelweit offen. Die Reaktion war nicht überraschend, und die nächste Reaktion darauf, dass plötzlich ein bedröppelter Vierbeiner neben der eigentlichen »Überraschung« stand, nicht minder. Mir war inzwischen alles einerlei, wusste ich doch selbst nicht mehr, wo mir der Kopf stand. Deshalb wollte ich die Schrecksekunde ausnutzen, um zu erfahren, wohin die inflationären Staatsoberhäupter vor meinem Eintreffen die ganze Zeit gestarrt hatten. Ergo schwenkte ich den Kopf in aller Seelenruhe nach links und richtete meine Aufmerksamkeit auf den im Halbschatten liegenden Teil des Saals gegenüber der Tribüne.
    Unmöglich! Eine Sinnestäuschung, ausgelöst durch den Sturz! Oder meine Tassen im Schrank waren tatsächlich nicht mehr alle vorhanden. Was ich dort erblickte, spottete jedweder Realität, so wie ich sie bisher gekannt hatte. Und dass diese Realität mit den wichtigsten Entscheidungsträgern des Planeten besetzt war, machte die Sache nicht besser. Gegenüber den Staatenlenkern aus aller Herren Länder saßen keine Power-Point-Vortragskünstler oder irgendwelche hochrangigen Militärs, die eine aktuelle Krise erläuterten, sondern – Gott stehe mir bei! – die düsteren Gestalten aus der stillgelegten Fabrik, also die Bruderschaft der Schwarzen ! Nicht das niedere Volk, das meiner Beinahe-Hinrichtung mittels des Morfs beigewohnt hatte, sondern
die feisten Richter und ihre Beisitzer und ein paar dergleichen mehr. Summa summarum mussten es so

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