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Felidae

Felidae

Titel: Felidae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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steigerte. Dann lächelte er wieder gütig.
    »Was damals auch immer vorgefallen ist, liebe Schwestern und Brüder, heute und mit unserem dürftigen Wissen um die Dinge können wir diese ominösen Geschichten nicht mehr bis ins letzte Detail zurückverfolgen. Wenn Claudandus der Hölle tatsächlich mit heiler Haut entronnen ist, so mu ß nicht zwangsläufig davon ausgegangen werden, da ß er danach seine Zelte wieder in diesem Distrikt aufgeschlagen hat. Es widerstrebt mir ebenfalls zu glauben, da ß von den erwachsenen Tieren ausgerechnet er das Drama überlebt haben soll. Diese Vorstellung ist einfach absurd! Und dann wäre da noch die Sache mit dem Mordmotiv. Wie kann sich ein Lebewesen, das so grauenhafte Verbrechen an seiner Art mitansehen musste, quasi über Nacht selbst in einen Verbrecher verwandeln und kaltblütig seine Artgenossen töten? Nein, nein, das alles ergibt für mich keinen Sinn. Aus diesem Grund weigere ich mich strikt, zu akzeptieren, da ß der mysteriöse Claudandus derjenige ist, vor dem wir uns fürchten müssen. Für mich stellt sich der Fall weiterhin so dar, da ß jemand dies verfluchte Geheimniskuddelmuddel der Vergangenheit ganz geschickt für seine Zwecke ausnützt. Jemand hat die Identität des Propheten angenommen, um seine Spuren im undurchdringlichen Nebel der Mystik und der Leichtgläubigkeit leichter verwischen zu können. Und dieser satanische Jemand ist meiner Meinung nach kein anderer als unser hochgeschätzter Vater Joker! Er hat euch jahrelang zum Narren gehalten, hat sich zum Führer einer Religion gekürt, die er in Wahrheit selbst erfunden hatte. Vermutlich war er von seiner Sache so krankhaft besessen, da ß ihm das bloße Animieren seiner Gläubigerschar zu Schmerzensriten nicht mehr ausreichte. Sein vom religiösen Wahn verseuchtes Hirn arbeitete zielstrebig auf das hin, auf was letzten Endes jeglicher religiöser Wahn hinausläuft: nämlich auf Blutexzesse! Da seine Gemeinde jedoch für solcher Art Spaß noch nicht reif genug war, fing er selbst schon einmal an. Um dem blutigen Hokuspokus noch einen Schu ß Exzentrik zu verpassen, tötete er ausschließlich Rollige und Schwangere. Ihr solltet den Braten ganz allmählich riechen, stilles Einverständnis zeigen und zum Schlu ß der widerlichen Sache eure Zustimmung geben, sie gar mittragen. Dank Bruder Francis aber wurden seine finsteren Pläne durchkreuzt!«
    Niemand wagte zu widersprechen. Ich war keine Ausnahme. Pascals plausibler und gedanklich so glatt nachvollziehbarer Auslegung der Fakten folgte eine atemlose Stille, die lediglich durch das Rauschen des Windes hinter den demolierten Fensterläden gestört wurde. Alle waren von Pascals Scharfsinn beeindruckt und ließen sich nur allzu bereitwillig von ihm belehren. So schien es jedenfalls.
    Peu à peu nahm das Geraune im Publikum wieder überhand, doch im Grunde waren sich alle Beteiligten darüber einig, da ß das letzte Wort über den Stand der Dinge gesprochen worden war und die Sitzung somit ihren krönenden Abschluss gefunden hatte.
    Irgendetwas aber war diesmal anders. Zwar hatte ich überhaupt keine Gegenargumente auf Lager, gleichzeitig jedoch hätte ich eher die Scheibenförmigkeit der Erde akzeptiert als Pascals aus dem Stand gehauene Auflösung. Obendrein verspürte ich auch nicht das Bedürfnis, ihm mein Unbehagen mitzuteilen. Es war inzwischen zuviel gesprochen, diskutiert, argumentiert, gestritten und viel zuviel logisch gedacht worden. Ich mu ß te die Dinge wieder selbst in die Hand nehmen. Schließlich war ich mit dieser primitiven Methode bis jetzt erstaunlich weit gekommen.
    Die Versammlung löste sich nun langsam auf. Immer noch aufgeregt miteinander palavernd verließen die Revierbewohner das Haus. Pascal strahlte zufrieden, und auch Blaubart machte einen erleichterten Eindruck. Und ich? Nun ja, ich hatte plötzlich einen Verdacht, und der Teufel sollte mich holen, wenn ich ihm nicht noch in dieser Nacht nachging ...
    »Wie haben dir meine Schlu ß folgerungen gefallen, mein Freund?« fragte Pascal.
    »Nicht schlecht«, entgegnete ich zurückhaltend.
    »Haha, du kannst mir nichts vormachen, Francis. Ich sehe es dir an der Nasenspitze an, da ß es in deinem Grübelkasten wieder enorm rumort. Das ist auch richtig so, denn um ehrlich zu sein, glaube ich selbst nicht so recht an den Mist, den ich da allwissend von mir gegeben habe. Ich gestehe, es war eine Verlegenheitslösung, um die Anwesenden zu beruhigen.«
    »Klang aber verdammt ernst und

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