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Felipolis - Ein Felidae-Roman

Felipolis - Ein Felidae-Roman

Titel: Felipolis - Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Koi im Wasser eine Pirouette drehte oder sich auf die Seite legte, sodass einer der roten Flecke besonders scharf zu erkennen war, gefror das Bild für einige Sekunden. Ein optisches Erfassungsprogramm grenzte daraufhin dieses eine Muster mit einer grell leuchtenden Schraffur vom restlichen Bild ab, vergrößerte es, ordnete es in Form einer Buchstaben-Zahlen-Kombination einer langen Liste an der rechten Seite des Schirms zu und ließ den Code zum Abschluss noch einmal hell pulsieren. Ich verstand gar nichts mehr. Hatten die heutigen Milliardäre, die gewiss um einige Zacken durchgeknallter waren als die an
jeder Ecke anzutreffenden armen Millionäre , sich neuerdings das Archivieren von Koi-Flecken zum Hobby gemacht? Jedenfalls stellte sich die Aufnahme des Beckens nach diesen Unterbrechungen sofort wieder ein, und man blickte wie zuvor auf das öde Herumgeschwimme der Edelfische.
    Mein Blick wanderte weiter und verharrte auf dem die ganze Wand einnehmenden Bücherregal, in dem altehrwürdige Lederbände standen, mit einer fast bis an die Decke reichenden, stilgerecht antiken Bibliotheksleiter davor. Bei den Werken handelte es sich wohl um das Minengold des Unternehmens aus seinen Anfangsjahren, sprich um das kartografische Material, mit dem man seinerzeit die ganze Welt beliefert hatte. Heute war das alles hoffnungslos veraltet, wie man sich anhand der gestochen scharfen Satellitenbilder auf den Bildschirmen überzeugen konnte. Etwas abseits stand ein gigantischer Globus, dessen Farben wie ausgeblichen wirkten und der die Erde um die Zeit der Entdeckung Amerikas darstellte. Und dann … ja, dann sah ich etwas, das mich vollkommen elektrisierte: einen Loewe-Flachbildschirm auf einer Metallsäule, auf dem für mich gegenwärtig der spannendste Film ablief.
    Das Gesamtbild sah aus wie ein Mosaik; jedes einzelne Mosaikstück zeigte aus verschiedenen Blickwinkeln jeden der unzähligen Räume des Gebäudes. Sicherlich waren diese von den überall installierten Überwachungskameras geschossenen Aufnahmen vornehmlich für die Security-Leute interessant, die gerade wer weiß in welchem geheimen Winkel irgendwo im Gebäude hockten. Doch wer hier schaltete und waltete, hatte es sich offenkundig nicht nehmen lassen, höchstpersönlich darauf zu achten, was im Hause vor sich
ging, und sich deshalb eine private Fernsehleitung ins Zimmer legen lassen. Es gab für mich nicht den geringsten Zweifel, dass ich mich im Büro der verstorbenen Adelheid Kant befand, anscheinend einer sehr misstrauischen Neunundneunzigjährigen, die stets auf der Hut gewesen war. Doch warum? Und vor wem?
    Die neue Entdeckung war mehr als erfreulich. Denn wenn die Überwachungskameras alles akkurat aufzeichneten, dann wurden die Bänder bestimmt auch für eine gewisse Zeit gespeichert. Wie zur Bestätigung nahm ich in diesem Moment ein schwarz glänzendes Board unter dem Bildschirm wahr, das auf seinem Display Nummern der einzelnen Kameras auflistete und für das Vor- und Rückspulen der jeweiligen Aufzeichnung ein kleines Menü enthielt. Zudem bemerkte ich zu meiner Zufriedenheit, dass das Treppenpodest, von dem aus das Opfer in den Tod geschubst worden war, gleich aus zwei Blickwinkeln unter Beobachtung stand. Einmal aus der Perspektive des Flures, der zur abwärts führenden Treppe ging. Und einmal von oberhalb des zerstörten Fensters. Was für ein Glücksfall! Die Polizei brauchte nichts weiter zu tun, als diese Aufzeichnungen unter die Lupe zu nehmen, um den Mörder dingfest zu machen. So wie sich die Sachlage darstellte, müsste dieser bei seiner Freveltat sowohl frontal als auch von hinten aufgenommen worden sein. Am liebsten wäre ich gleich selbst zu dem Kasten hingerannt und hätte mir den Enthüllungsfilm zu Gemüte geführt.
    Warum ich es nicht tat, hatte einen gewichtigen Grund. Und dieser saß auf einem chromglänzenden Designer-Schreibtischstuhl vor den Computermonitoren. Er schien so um Anfang dreißig zu sein und war eine wahre Glühbirne
von einem Mann. Mit Glühbirne war seine Glatze gemeint, die im Schein der Dämmerung speckig und rötlich schimmerte. Das Gesicht hatte etwas von der überschminkten Miene eines Theaterschauspielers; alles daraus Herausragende - Nase, Mund, Wangenknochen, ja selbst kleinste Falten - war kontrastscharf wie mit einem Kohlestift akzentuiert. Seine großen blauen Augen strahlten, und zwar vor Ehrgeiz und teuflischer Intelligenz. Er trug einen altmodischen lehmbraunen Cordanzug, inklusive Weste, und eine

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