Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Felipolis - Ein Felidae-Roman

Felipolis - Ein Felidae-Roman

Titel: Felipolis - Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
ohne diesen schwachsinnigen Moralapostel wäre ich nie in die prekäre Situation geraten!
    Mit einem Stoßseufzer richtete ich den Blick nach oben, also zu Gott. Er sollte mich gefälligst wieder aus dem Schlamassel herausholen. Und was soll ich sagen, er tat’s auf der Stelle! Das heißt, bevor ich den Blick himmelwärts lenkte, streifte er en passant die antike Bibliotheksleiter, deren oberste Stufe sich knapp einen Meter unter der Decke befand. Und genau dort entdeckte ich eine kleine quadratische Öffnung. Ich nahm an, dass sie zu einem Belüftungsschacht führte. Der Rost war irgendwann, warum auch immer, entfernt
worden oder einfach abgefallen. Ich traute mir zu, in diese Luke hoch- und hineinzuhechten und mich dann krabbelnd und kratzend in einen horizontalen Schacht zu retten.
    Als sei ich von einer Elektroschockpistole angeschossen worden, schmetterten mich meine Hinterbeine aus dem Stand auf die Bibliotheksleiter und dann flugs die Stufen empor. Auf der obersten Stufe angekommen, wiederholte ich den Katapult-Trick mit den Hinterbeinen und wand mich in die Öffnung hinein. Mit einem fahrigen Seitenblick registrierte ich noch, wie just in diesem Moment der Glatzenmann mit einem Kaffeebecher in der Hand das Büro betrat. Optimales Timing! , wie wir Investigativen bei derlei Situationen auszurufen pflegen.
    Drinnen in der Röhre lief es ebenfalls optimal, denn nachdem ich von der engen Finsternis umschlossen worden war und eine kleine Weile notgedrungen die Krallen wie ein Bergsteiger seine Spikes in die Seitenwände gegraben hatte, entdeckte ich rechter Pfote den Zugang zu einem waagrecht verlaufenden Nebenschacht. Nach ein paar Metern ging es durch eine erneute Verzweigung wieder aufwärts. Als ich mich daraus emporgearbeitet hatte, wurde mir klar, dass ich mit der ganzen Aktion sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen hatte: Ich war dieser undurchsichtigen Type entkommen und befand mich endlich auf dem Dachstuhl, meinem eigentlichen Ziel.

4
    Die Kulisse besaß die Ausmaße einer Bahnhofswartehalle und den ungeschlachten Charme eines Edgar-Wallace-Filmes. Über mir in mindestens zehn Metern Höhe der steinalte rostbraune Balkenchor des Mansardendaches, welches einer Kathedrale gut zu Gesicht gestanden hätte. Vor mir ein unendlich scheinender Raum, vollgestopft mit Kisten, Plunder, vor allem jedoch aus Messing hergestelltem Instrumentarium, von dem ich annahm, dass es sich um ausrangierte Produkte des Unternehmens handelte. Ausgesuchte Einzelstücke daraus mochten vielleicht in einem internen Museum von Kantsky ausgestellt sein. Hier und dort befanden sich an den Flanken noch weitere Durchlässe zum Belüftungssystem, deren Klappen jedoch lose herunterbaumelten oder schlicht und einfach nicht mehr vorhanden waren. Unten hui, oben pfui, hätte man bei diesem Anblick sagen mögen. Tauben, die offenkundig irgendwo eine Lücke im Gebälk gefunden hatten, flatterten umher. Die durch die Gaubenfenster flutenden, glühenden Strahlen der Abendsonne ließen sie wie eine Engelsschar wirken. Von den Dielenbrettern stieg hauchfeiner Dunst auf und verlieh dem Bild die pastellene Diffusion eines Aquarells.
    Sollte ich laut nach Domino rufen, der Gewinnerin und zugleich Verliererin der ganzen Geldposse? Woher wusste
Blaubart überhaupt, wo sich das arme Mädchen genau aufhielt? Und wenn ich sie gefunden hätte, in welcher Weise würde ich ihr Hilfe angedeihen lassen können? Zuletzt die Frage aller Fragen: Welche kaputte Sicherung in meinem Hirn hatte mich innerhalb einer Stunde von meiner gemütlichen Sonnenliege auf einen muffelnden Dachstuhl geschleudert?
    Sachten Ganges schritt ich das Gerümpel durch den Dunstschleier ab, begleitet vom hallenden Geflatter der Tauben. Undefinierbarer Krempel, eine Batterie von abgedankten Triumph-Adler-Schreibmaschinen und bauchige Fernschreiber kreuzten meinen Weg, vor allem jedoch Berge von Akten und Papieren. Heutzutage befanden sich selbst brisante Informationen in den elektronischen Nervenbahnen irgendwelcher Speichermedien. Allmählich verflüchtigte sich das Dämmerlicht und machte einem matten Schimmer Platz, der das Holzgewölbe noch unübersichtlicher machte, als es eh schon war. Meine Wunderaugen schalteten auf Nachtmodus um, der insbesondere flinke Bewegungen registriert.
    Und da war sie auch schon - die Bewegung! Etwas huschte in etwa fünf Metern Entfernung zwischen zwei Kisten vorbei. Das Herz rutschte mir nicht gerade in die imaginäre Hose, konnte ich mir

Weitere Kostenlose Bücher