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Felipolis - Ein Felidae-Roman

Felipolis - Ein Felidae-Roman

Titel: Felipolis - Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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weinrote Fliege um den Hals, was ihn jedoch seltsamerweise überhaupt nicht betagt, sondern im Gegenteil recht schneidig erscheinen ließ. Der Kerl war mir vom ersten Augenblick an unsympathisch, zumal ich ahnte, dass es sich bei ihm nicht um einen x-beliebigen Angestellten handelte, sondern um ein Bürschchen höheren Ranges. Schließlich hatte man ihm den Schlüssel zum Allerheiligsten des Ladens anvertraut. Dass er dazu ausgerechnet und mit frecher Selbstverständlichkeit auf dem Stuhl der dahingeschiedenen Konzernchefin saß, machte ihn nicht sympathischer.
    Aber es gab noch einen weiteren Grund, weshalb ich diesen überaus agil wirkenden Glatzkopf undurchsichtiger Machenschaften verdächtigte. Er war offensichtlich der Einzige im Haus, der gegenwärtig nicht das heruntergeflatterte Opfer unten im Hof beklagte. Fairnesshalber könnte man annehmen, dass er das Spektakel vielleicht gar nicht mitgekriegt hatte. Aber das hielt ich für abwegig. Nein, ich hatte eine düstere Gestalt vor mir, eine Messerklinge, an der das warme Blut abtropft, während sie stets eisig bleibt. Es hätte mich nicht gewundert, wenn der Kerl selbst der unheimliche Schubser gewesen wäre. Doch weshalb betrachtete er dann
jetzt in aller Seelenruhe irgendwelche hübschen Landschaftsbilder und langweilige Kois, anstatt mit den übrigen Versammelten zumindest den Entsetzten zu mimen? Und weshalb manipulierte er nicht die gespeicherten Aufnahmen in der Überwachungsbox? Oder hatte er diese Übung etwa schon hinter sich gebracht?
    Plötzlich erhob er sich vom Stuhl. Er hielt inne, massierte sich mit Zeigefinger und Daumen den Nasenrücken und schaute sich dabei leeren Blickes um, gerade so, als sinniere er über ein ernstes Problem. Dann ging er gemächlich in meine Richtung zur offen stehenden Tür. Ich presste mich ruckzuck seitlich an den Türrahmen, machte mich ganz klein, und er schritt an mir vorbei in den Flur. Anscheinend hatte er mich nicht bemerkt. Eine Weile sah ich ihm noch nach, wie er sich immer weiter entfernte und irgendwann schließlich in einen anderen Flur abbog. Das war meine Chance, und ich ergriff sie, ohne lange zu überlegen, obwohl ich mir darüber im Klaren war, dass der Glatzkopf jeden Augenblick wieder zurückkehren und mit mir dann wer weiß was anstellen konnte. Doch meine krankhafte Neugier ließ mir keine Wahl.
    Flugs spurtete ich ins Büro und machte mich über das schwarze Kontrollboard her. Die einzelnen Funktionen ließen sich auf dem Display bequem über den Touchscreen bedienen. Die Deckenkamera in jenem Flur, welche den Abstieg zu dem fraglichen Treppenpodest anvisierte, war im Display unter der Nummer vierunddreißig registriert. Also berührte ich dieses Nummernfeld. Das entsprechende Bildkästchen auf dem Schirm vergrößerte sich in Sekundenschnelle, bedeckte die restlichen Bildkästchen und nahm die
gesamte Mattscheibe ein. Wunderbar! Nun sah ich den gesamten Flur in bester Bildqualität. Ich überlegte, wie viel Zeit wohl seit dem Sturz vergangen sein mochte. Dann spulte ich die Aufnahme um zwanzig Minuten zurück. Das Ganze erfolgte in null Komma nichts, weil bei der modernen Technik offenbar alles auf Festplatte gespeichert war. Erst passierte nichts, der Flur blieb gähnend leer. Während ich mir den Kopf zerbrach, ob ich mich wohl in der Zeit verschätzt hatte, und gerade schon die Pfote hob, um den Film weiter zurückzuspulen, erschien mein Kandidat wieder auf der Bildfläche.
    Es stand außer Zweifel, dass es sich bei der plötzlich aufgetauchten Gestalt um die aus dem Fenster gefallene Person handelte. Die gleiche gedrungene Statur, die gleichen grau melierten Haare und der gleiche schwarze Anzug. Natürlich sah ich den Mann nur von hinten, wie er sich in Richtung der Treppe bewegte, und doch kam eine Verwechslung nicht infrage. Trotz der einseitigen Ansicht las ich aus seiner Körpersprache, dass er ziemlich geladen war. Er fuchtelte mit den Armen in der Luft herum, hatte einen hurtigen, um nicht zu sagen aggressiven Gang, vielleicht sprach er sogar mit sich selbst oder fluchte. Zu meiner Überraschung oder besser gesagt Enttäuschung folgte ihm niemand. Nur der Flur und dieser aufgeregte Wüterich. Ansonsten war nicht einmal der Schatten einer Motte zu sehen.
    Dann aber - was war das? Als er sich der abwärts führenden Treppe näherte, schwenkte die Kamera nach oben. Nicht viel, vermutlich nur um ein paar Millimeter, aber das reichte, dass ihm just in dem Moment, als er endlich die Treppe

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