Felipolis - Ein Felidae-Roman
Becken selbst bordeten über vor meisterhaften Mosaikarbeiten in den Farben Gold, Silber und Kupfer, welche fantasievoll Neptuns Reich darstellten. Da gossen diadembehäuptete Meerjungfrauen aus Füllhörnen Seesterne, Muscheln, Perlen und ähnliche maritime Schätze in rauschende Fluten, dort leuchteten Fischschwärme gleich Spiralgalaxien. Jedes einzelne Fischlein war detailliert herausgearbeitet und blinkte wie ein Stern. Das Prachtstück dieser Zierkunst war natürlich der Meeresgott mit seiner strahlenden Krone, dem güldenen Rauschebart und dem Ehrfurcht gebietenden Dreizack in der prankengleichen Hand auf dem Beckenboden. Wasserreflexionen spiegelten sich überall wie psychedelische Dias, weshalb der Raum beständig zu schwanken schien. Es gab nur einen einzigen Ausgang, der zunächst zu den Duschen und Umkleidekabinen führte und danach über eine Treppe nach oben ins Gebäude.
»Nicht die Fische fressen! Nicht die Fische fressen! Nicht die Fische fressen!«, hörte ich meine Pappenheimer immer noch vom Beckenrand aus rufen. Derweil vollführte ich im Wasser Schwimmbewegungen wie ein Huhn, das man im Eistadium versehentlich unter die Fittiche einer Ente gesteckt hat und das nun beim ersten Ausflug der Entenfamilie ins Nass mit seiner Identität hadert. Hatte ich übrigens schon erwähnt, dass ich gar nicht schwimmen kann?
»Kleine Bitte«, röchelte ich. »Könnt ihr den Kollegen mit den Kiemen sagen, dass sie auch nicht den Ersoffenen auffressen sollen, nachdem ich hier den letzten Schluck getan habe? Nun helft mir verdammt noch mal raus!«
Herzl und Josef liefen schnell zum Beckenrand und quetschten sich mit den Vorderpfoten die ersten zwei Sprossen der kleinen Poolleiter hinunter. Ich hatte mich mittels hilfloser Paddelbewegungen, die einen Schwimmenden höchstens persiflierten, bereits in Richtung der Leiter treiben lassen. Und so schlugen die beiden Retter schließlich in einem günstigen Moment ihre Hauer in mein Nackenfell und zerrten mich mit vereinten Kräften ins Trockene. Als ich einigermaßen zu Atem gekommen war, schüttelte ich mir das Wasser aus dem Fell, pflanzte mich auf die Hinterpfoten und sah mir die ganze versammelte Truppe erst einmal an. Schon eigenartig, dass alle hier in dieser Fünf-Sterne-Katakombe Zuflucht gefunden hatten, während ich mich oben im Dachstuhl mit der Hauptperson des Spektakels auseinandergesetzt hatte. Apropos: Was war nach meinem Abgang mit Domino geschehen? Hatte sie sich doch noch vor Marc Forster in den anderen Lüftungsschacht retten können? Oder …? Die Sorge um meine Angeschmachtete kroch in mir hoch wie eine heimtückische Schlange, die mich mit ihrem Gift an den Rand einer Lähmung versetzte.
Die vielen Fellgesichter starrten mich alle so missmutig an, als hätte ich sie gerade bei einer Orgie gestört. Vor mir der alte Herzl, der einem tiefgrauen und ziemlich zerrupften Kissen glich, wobei die goldgelben Augen als Zierknöpfe dienen mochten. Neben ihm der speckige, fast zahnlose Josef, der mit seinem narbenübersäten braunroten Fell, den halb verklebten saphirblauen Glubschern und dem geknickten Schwanz wie eine Hartz-IV-Ausgabe der Felidae aussah. Hinter ihm die Mitglieder seiner nicht minder demolierten Proletarischen Union, die verschlagen, dümmlich und grundlos
aggressiv dreinschauten und zwischendurch immer wieder wie zwanghaft an ihren offenen Pusteln und Entzündungen leckten. Unweit von den kaputten Brüdern das Grauenstrio Clint und Smith & Wesson. Die hyperschmalen, langbeinigen pechschwarzen Orientalen mit den keilförmigen Köpfen, phosphorgrünen Augen und nicht zu vergessen den gemeingefährlichen XXL-Krallen zogen echt enttäuschte Mienen, gerade so, als bedauerten sie zutiefst, dass ich mich den Kois nicht als Futter zur Verfügung gestellt hatte.
Willkommen im Club also. Doch was war mit diesen Gestalten an der Stirnseite des Beckens? Sie waren mir völlig unbekannt. Was meine Befürchtung bestätigte, dass das Gerücht um die Giga-Kohle geradezu halbstündlich neue Interessenten mit immer neuen Begehrlichkeiten anlockte. Schon möglich, dass sich bei Morgengrauen sämtliche Artgenossen der Stadt in diesem Kasten einfinden würden. Durch ein gewichtiges Detail unterschieden sich die Neuankömmlinge allerdings von den anderen. Das knappe Dutzend trug ausnahmslos Halsbänder. Und zwar nicht die üblichen gegen Flöhe oder solche mit einem Namensschildchen dran. Nein, es handelte sich um edelstein-, wenn nicht sogar
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