Felipolis - Ein Felidae-Roman
diamantenbestückte Halsbänder. Und Diamanten schienen auch die Artgenossen selbst zu sein, denn samt und sonders gehörten sie Rassen an, für deren Anschaffung ihre Besitzer eine hübsche Stange Geld hingelegt haben mussten. Um es plastisch auszudrücken: Solche wie ich waren in etwa mit Mittelklassewagen zu vergleichen. »Kompaktklasse« hieß für dieses Segment das Zauberwort der Werbeleute, mit dem sie eine gewisse Robustheit bei einem ausgeglichenen Preis-Leistungs-Verhältnis meinten. Die automobile Oberklasse dagegen
brauchte nicht viel Werbung. Warum sollte man auch noch großartig für ein Auto Werbung machen, dessen Extras allein schon den Wert mehrerer Mittelklassewagen überstiegen? Um derartige Luxusschlitten in Felis -Gestalt handelte es sich bei den Neuen.
Vornehmlich waren es Perser. Selbstverständlich keine Nullachtfünfzehn-Perser, sondern, ja genau, das Oberklassen-Segment. Also Smoke-Perser, welche mit ihrer Schnauzer-Physiognomie, erzeugt durch die aufgeblähte Schnurrhaarkissen-Partie, und den aus den Ohren wachsenden Haarbüscheln Walrössern in Kleinformat ähnelten. Des Weiteren rote Perser, die am schwersten zu züchten sind, weil diese Rasse normalerweise kein Orange-Gen kennt. Und schneeweiße Silver-Shaded-Perser. Jedenfalls lauter eitle Zieraffen, die mindestens achtzehn Mal am Tag gekämmt werden müssen, wenn die Halter verhindern wollen, dass ihre Lieblinge sich in einen einzigen verknoteten Haarballen verwandeln. Aber auch Japanese Bobtails hockten da, die mit der extrem zierlichen Figur und dem kaninchengleichen Pompon-Schwanz. Devon-Rex-Abkömmlinge, deren Ohren fast größer waren als ihre Köpfe und die ein wie geriffelt aussehendes, dichtes Fell besaßen, befanden sich auch unter ihnen. Kurzum, dort am Beckenrand hatte sich ein kleines Vermögen versammelt. Natürlich waren auch sie wie wir Normalsterblichen allein zum Zwecke der Unterhaltung, als Kompensation für die menschliche Einsamkeit und als Augenweide angeschafft worden. Doch die luxuriösen Bänder um ihre Hälse ließen vermuten, dass nicht nur ihre Besitzer sie für etwas ganz Besonderes hielten, sondern auch und vor allem sie sich selbst. Der blasierte Ausdruck in den Gesichtern zeugte davon.
»Warum sollte ich die Kois nicht fressen?« Eine gescheite Frage wollte mir gerade nicht einfallen, und die stumm auf mir ruhenden Blicke gingen mir langsam auf den Zeiger. Außerdem musste ich in meinem völlig durchnässten Zustand das Bild einer gerade der Kanalisation entfleuchten Ratte abgeben. Nicht, dass man da auf gewisse Gedanken kam.
»Nu, mir sennen Gäste hier, mej Bester«, sagte Herzl. Der Kartäuser mit dem müden Professorengesicht lächelte unbeholfen. »Do solltn mer uns auch als wie a solchene benejmen.« Alle schauten so ernst drein, als wären sie von diesem Schwachsinn zutiefst überzeugt.
»Schön, dass wir uns wieder begegnen, Herzl. Findet hier wieder eine von deinen philosophischen Konferenzen statt, um derentwillen du um die halbe Welt reist? Oder habe ich euch beim Ringelpiez mit Anfassen gestört?«
»Wieso müssen wir andauernd Rechenschaft vor dir ablegen, du Knülch?«, mischte sich Clint ein und trat hervor. Sein aalförmiger, vom pechschwarzen Kurzhaar überzogener Körper wirkte wie mit Rohöl übergossen. Seine zwei keilköpfigen Kumpane folgten ihm in gebührendem Abstand. So aufgeladen, wie sie aussahen, hätte es sie ein müdes Arschgrinsen gekostet, mich in null Komma nichts in Stücke zu reißen. »Ich habe dir gleich gesagt, dass du dich zum Teufel scheren kannst, wenn dir hier was nicht in den Kram passt. Jedenfalls brauchst du nicht alle naslang aufkreuzen und den moralischen Chefkontrolleur markieren. Ersaufen ist nur eine Art, wie man ganz flott ins Jenseits wandern kann, weißt du?«
»Danke für die klare Ansage, Clint«, entgegnete ich. »Aber bilde ich mir das nur ein, oder quatscht hier tatsächlich ein
derart asozialer Typ wie du plötzlich von wir ? Und kommt es nur mir so vor, als ob ich in diesem inflationären wir lediglich als ein Fremdkörper auftauche, obwohl ich ebenso wie ihr ein paar Härchen unter der Nase trage?«
»Ein paar Härchen hast du wohl unter der Nase. Aber immer wenn ich deine blöde Fresse sehe, habe ich das blöde Gefühl, dass du für die andere Seite arbeitest.«
»Für die andere Seite?«
»Ja, für die Menschen. Mir scheint, du sorgst dich so richtig um ihr beschissenes Geld und hast Panik, dass wir es zwischen die Krallen bekommen.
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