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Felipolis - Ein Felidae-Roman

Felipolis - Ein Felidae-Roman

Titel: Felipolis - Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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manche Mischwesen männlichen Geschlechts sogen an dicken Zigarren. Sie kamen immer näher und bildeten schließlich einen Halbkreis um Domino auf dem Antik-Stuhl. Es war ein recht gruseliger Anblick, diese makabren Kreaturen vor ihr versammelt zu sehen.
    Ich wusste nicht so recht, was ich von der surrealen Szenerie halten sollte. Wohl hätte ich den altertümlichen Rauschebart neben mir nach des Rätsels Lösung fragen können. Offenkundig stammte er selbst aus dem Traumreich und musste in Sachen Traumdeutung bestens bewandert sein. Doch ich traute mich nicht. Ich hatte furchtbare Angst, dass er sich zwischenzeitlich auch in solch eine Halb-und-halb-Kreatur verwandelt haben könnte. Dann aber tat ich es doch und drehte den Kopf zurück zu ihm.
    Nein, bei dem Herrn aus der Vergangenheit hatte keinerlei Veränderung stattgefunden. Er war derselbe altmodische, aber geballte Herzenswärme ausstrahlende Rauschebartträger geblieben, der er von Anfang an gewesen war. Allmählich registrierte er meinen verstörten Blick, lächelte wieder milde und zuckte mit den Schultern.
    »Wos schauste mech asu komisch an, Francis?«, sagte er, und das milde Lächeln wurde maliziös. » Ech ben für ejnen andernen Staat zuständig!«

    … Schmerzen, Schmerzen, Schmerzen … Dann plötzlich noch mehr und intensivere Schmerzen, dafür jedoch bei vollem Bewusstsein.
    »Was schaust du mich so komisch an, Paps?«, sagte Junior und blickte mir freudig erregt in die halb geöffneten Glubscher. »Es ist doch bestimmt nicht das erste Mal, dass du wieder von den Toten auferstehst!«

7
    Durch die zum Garten gewandte, offen stehende Terrassentür drang der Schein des Halbmondes in solcher Intensität ins Schlafzimmer, dass meine angegriffenen Netzhäute wie verätzt schmerzten. Auch das beständige Zirpen der Grillen verursachte in meinem Schädel weniger eine romantische Sommernachtsstimmung denn ein unerträgliches Raunen. Obwohl mein Hintern vermutlich schon einige schmerzlindernde Spritzen hatte über sich ergehen lassen, pochte jedes Molekül meines Körpers immer noch im Rhythmus der perversen Komposition eines Sadisten. Ich konnte mich kaum bewegen, und wenn ich es doch versuchte, wurde ich von neuerlichen grausamen Qualen traktiert, sodass ich es unter schrillen Winselarien gleich wieder sein ließ. Jetzt wusste ich, wie es einem ergehen kann, wenn man seine vorwitzige Nase in ein dreißig Milliarden Euro schweres Mysterium hineinsteckt.
    Mit Rücksicht auf den Patienten hatte man im Zimmer, in dem ich normalerweise im Bett des Dicken schlief, das Licht ausgeschaltet. Es musste tiefste Nacht sein. Ich lag in diesem lächerlichen, mit alten Frottee-Handtüchern gepolsterten Körbchen, in dem ich wohl seit einem Äon nicht mehr gelegen hatte, und blickte halb betäubt auf vier Unterbeine. Zwei davon waren Gustavs, der vor Sorge um seinen Liebling
sichtlich selbst dringend einen Urlaub in der Intensivstation benötigte. Er redete in einer Tour mit flüsternder und zwischen Heulen und Hysterie pendelnder Stimme, zitterte am ganzen Leib und vollführte mit seinen baumstammdrallen Armen ständig hilflose Bewegungen. Für einen Moment ertappte ich mich dabei, wie mir der getreue Dosenöffner mehr leidtat als ich mir selbst. Das andere Paar Beine gehörte dem Tierarzt, der wegen des Notfalls eigens ins Haus beordert worden war und nun ebenfalls im Flüsterton bezüglich der Medikation und der richtigen Weiterbehandlung des Patienten letzte Instruktionen gab. Dann verließen beide den Raum.
    Zum Glück sah ich aus meiner vernebelten Froschperspektive nicht nur zu menschlichen, sondern auch zu artspezifischen Beinen auf, im Ganzen zwölf. Junior, Blaubart und Sancta standen rings um mich wie drei zum Gesundbeten angetretene Schutzheilige und musterten mich teils nervös, teils frohgemut. Allmählich merkte ich, dass ich am Kopf und um den Bauch herum bandagiert war.
    »Glaub bloß nicht, dass ich zum Pfötchenhalten hier rumstehe«, sagte Blaubart in seinem unvergleichlichen Brummbass. Der alte Maine-Coon-Kämpe gab sich demonstrativ unberührt. Etwas anderes hätte auch seine über Jahre mühsam aufgebaute Eher-gebe-ich-einem-Bernhardiner-einen-Zungenkuss-als-mich-sentimental-anzustellen-Fassade ins Wanken gebracht. Doch wenn ich mich nicht stark irrte, sah sein eines, heil gebliebenes Auge ziemlich verheult aus, und sein in allen Schmutztönen des Schmutzfarbspektrums schillerndes verfilztes Fell wirkte durch die übermäßige Anspannung jetzt

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